Gemeinderat, 60. Sitzung vom 25.11.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 43 von 100
Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Das waren genau 6 Minuten. Damit ist die Restredezeit der GRÜNEN 17 Minuten. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Stark. Selbstgewählte Redezeit 6 Minuten.
GR Rudolf Stark (FPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Bei der Studie des Voranschlags für 2020 haben mich besonders die Beachtung und die Unterstützung der Klein- und Mittelbetriebe interessiert. In Ihrem Vorwort, sehr geehrter Herr Stadtrat, sind Sie auf viele Bereiche eingegangen, wie zum Beispiel die Investitionen, dass Wien die lebenswerteste Stadt der Welt ist, und so weiter. Sie sind weiters auf die neue Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung eingegangen, auf das Wiener Klimabudget, auf das Wachstum Wiens, und haben besonders den historischen Jobrekord mit einem Zuwachs von 49.000 Arbeitsplätzen betont.
Sehr geehrter Herr Stadtrat, eine provokante Frage: Wo wurden diese 49.000 Arbeitsplätze - sollte diese Zahl stimmen - geschaffen? Bei der Gemeinde Wien? Ich würde eher auf die Wiener Betriebe tippen. Vermutlich überwiegend durch die KMUs, dem Motor der Wiener Wirtschaft. Aber diesen haben Sie in Ihrem Vorwort leider nicht einmal erwähnt. (Beifall bei der FPÖ.) - (Erheitert fortsetzend): Das ist ja traurig und nicht zu applaudieren!
Dass es diesen Betrieben gar nicht gut geht, zeigt die Insolvenzstatistik. Die Insolvenzstatistik für das 1. bis 3. Quartal, das sind jetzt aber Zahlen für ganz Österreich, zeigt, dass die Gesamtinsolvenzen im Jahr 2018 12.730 betrugen und im Jahr 2019 12.161, also eine Verminderung von 571. Bei den Unternehmensinsolvenzen sieht es leider nicht so gut aus. Sie sind von 3.949 auf 3.954, also minimal, gestiegen.
Besonders interessant ist diese Statistik, wenn sie nach der Rechtsform der Unternehmen sortiert wird. Da zeigt sich nämlich, dass die meisten Insolvenzen Gewerbebetriebe in Form von nicht protokollierten Einzelunternehmen sind, das sind 1.793, gefolgt von GmbHs, 1.419. Diese hohe Zahl von GmbHs hat mich überrascht, aber dafür gibt es eine einfache Erklärung: Bei der Sortierung nach Branchen hat sich nämlich gezeigt, dass es sich überwiegend um Klein- und Mittelbetriebe in der Rechtsform einer GmbH handelt. Das bedeutet, dass von 3.954 Unternehmensinsolvenzen in ganz Österreich 3.212 die Gruppe der Klein- und Mittelbetriebe betrifft. Das sind 81.Prozent. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich wiederhole, von den 3.954 Unternehmensinsolvenzen sind 81 Prozent KMUs! Man sieht, den KMUs geht es schlecht.
Ich habe mir dann auch die Insolvenzstatistik in absoluten Zahlen nach Bundesländern angesehen. Da führt leider Wien mit 1.324 Insolvenzen, gefolgt von Niederösterreich als zweitschlechtestes Bundesland mit 714, also nur der Hälfte. Mir ist schon klar, dass solche absoluten Zahlen sehr wenig aussagen, und deshalb habe ich mir auch noch die Statistik Insolvenzen je 1.000 Unternehmen angesehen. Auch da ist Wien aber leider führend. Von 1.000 Unternehmen gehen in Wien 16 pleite. In Niederösterreich, dem zweitschlechtesten Bundesland, sind es lediglich 10,8 und der Durchschnitt für ganz Österreich beträgt 10,7 Unternehmensinsolvenzen auf 1.000 Unternehmen. Das bedeutet immerhin, dass in Wien pro Tag vier Unternehmen insolvent werden. In den zwei Tagen der Debatte über den Voranschlag 2020 gehen acht Unternehmen pleite, und das ist doch entsetzlich, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)
Bei diesen unerfreulichen Zahlen muss ich auf die Wirtschaftsförderung eingehen. Die Wirtschaftsförderung betrug 2010 noch 117 Millionen EUR, 2015 waren es nur noch 72 Millionen EUR, 2018 66 und 2019 59 Millionen EUR. Auf Seite 412 des Voranschlages habe ich unter Ansatz 7822 die Wirtschaftsförderung gefunden. Durch Um- und Neugliederungen war es mir aber dann nicht möglich, eine Vergleichszahl 2020 gegenüber 2019 zu ermitteln. Auch wenn Kollege Strobl erwähnt hat, dass die Wirtschaftsförderung gestiegen ist, bin ich mit der Vergleichszahl leider nicht zusammengekommen. Deshalb kann ich auch keinen Vergleich der Wirtschaftsförderung des Jahres 2010 mit 2020 anstellen, aber ein Vergleich des Jahres 2010 mit 2019 ist alarmierend. Die Wirtschaftsförderung vermindert sich vom Jahr 2010 mit 117 Millionen EUR auf 59 Millionen im Jahr 2019. Das ist ein Minus von 58 Millionen EUR, also eine Halbierung.
Bei den aufgelisteten Förderungen habe ich eine Vielzahl von Projekten mit genderspezifischen Zielen gefunden, wie zum Beispiel Steigerung des Anteils qualifizierter Frauen, welche Projekte leiten, oder Erhöhung des Anteils an Frauen in der betrieblichen Forschung und Entwicklung, und noch vieles mehr. Was ich leider überhaupt nicht gefunden habe, sehr geehrter Herr Stadtrat, ist die KMU-Förderung, also eine Förderung zur Unterstützung der Klein- und Mittelbetriebe. Betrug diese Förderung in den letzten Jahren immerhin noch 30 Millionen EUR, habe ich sie im Voranschlag nicht mehr gefunden. Vielleicht ist sie irgendwo anders eingegliedert, aber das konnte ich nicht feststellen.
Diese genderspezifischen Projekte sind sicher vernünftig und lobenswert, nur werden dazu Unternehmen benötigt, mit denen diese Projekte dann auch umgesetzt werden können, und das sind überwiegend die KMUs. Um die Wirtschaftskraft der KMUs zu unterstreichen, möchte ich einige statistische Zahlen erwähnen - das sind jetzt aber österreichweite Zahlen: 99,7 Prozent der marktorientierten Wirtschaft Österreichs sind KMUs - nur 0,3 Prozent sind Großbetriebe -, in Zahlen sind es fast 330.000 Betriebe. In diesen 330.000 Betrieben sind 1,9 Millionen Personen beschäftigt. Das bedeutet, dass fast 70 Prozent aller Beschäftigten in KMUs tätig sind. Die Umsatzerlöse dieser KMUs betragen etwa 470 Milliarden EUR, das sind 63 Prozent des Umsatzes in ganz Österreich. Von den KMUs werden 51 Prozent der Bruttoinvestitionen Österreichs getätigt. 96,7 Prozent aller Betriebe Österreichs, die Mitarbeiter ausbilden, sind KMUs, und 7 von 10 Lehrlingen werden in KMUs ausgebildet. Und genau aus diesen Gründen sollte die Wirtschaftsförderung für KMUs weiterentwickelt werden, um eine ziel
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