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Gemeinderat, 60. Sitzung vom 26.11.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 41 von 102

 

Sehr geehrte Damen und Herren, auch ich war ja in meiner Zeit als Frauensprecherin mit dabei, wenn wir uns Schutzeinrichtungen für Frauen angesehen haben, und ich kann Ihnen versichern, ich habe diese auch immer unterstützt. Ich bin auch froh über die Botschaft, dass wir nunmehr in Wien ausreichend Raum für von Gewalt betroffene Frauen - zum Teil gemeinsam mit ihren Kindern - haben werden. Was in der Berichterstattung sehr signifikant ist, und was man ja auch weiß, ist - Frau Kollegin Emmerling hat ja schon viele Zahlen vorgelesen, das möchte ich jetzt nicht wiederholen -, dass wir uns aber auf die Datenlage nicht ganz verlassen können, weil es da so eine enorm hohe Dunkelziffer gibt, denn es gibt so eine große Scham, Straftaten und Übergriffe anzuzeigen.

 

Ich weiß das auch aus meiner persönlichen Umgebung, gerade von älteren Frauen, dass sie nicht einmal bereit waren - oder man musste da mit wirklich großem Nachdruck arbeiten -, zur Polizei zu gehen, wenn sie auf der Straße ihrer Geldbörse beraubt worden sind, aus Scham, dass ihnen das als gehbehinderte ältere Dame passiert, die halt von der Bank nach Hause geht.

 

Das heißt natürlich umso mehr Scham bei Gewalttaten, die unter Umständen auch ein sexuelles Motiv haben oder eben bei anderen Gewaltaktionen, die sie entweder durch Partner, aber auch durch unbekannte Menschen in ihrer Wohnung oder im öffentlichen Raum erleben müssen. Ich glaube, da wird man noch daran arbeiten müssen, um die Bewusstseinsbildung noch mehr zu schärfen. Ich habe mir das auch gerade heute, nach Durchsicht aller Artikel und nachdem das Thema so präsent ist, vorgenommen, innerhalb meiner Möglichkeiten, an Seniorinnen heranzukommen - denn das sind Hauptbetroffene dieser Scham -, irgendetwas zu sagen, aber natürlich im gesamten weiblichen Umfeld die Frauen noch wesentlich mehr dazu zu animieren, Übergriffe auch wirklich anzuzeigen.

 

Wir sehen das ja vor allem im Bereich der Gesundheitsversorgung, ob es jetzt Physiotherapie oder Ärzte sind, wenn immer wieder das eine oder andere aufflammt, wenn Personen mit Hämatomen bedeckt sind oder besondere Verhaltensweisen an den Tag legen, wo man dann auf Nachfrage draufkommt. Auch da aber ist es doch sehr schwierig, von den Betroffenen die Wahrheit zu erfahren. Ich glaube, wir müssen auf weiblich, alt, still und Opfer besonderes Augenmerk legen, und vielleicht gelingt es da auch noch, mehr zu sensibilisieren oder bei den betroffenen Personen selbst anzukommen, sich zu überwinden und so einen Übergriff zu melden.

 

Es ist natürlich schwierig, weil auch von den Personen sicher lieber eine weibliche Ansprechperson angenommen wird als eine männliche, und natürlich noch immer nicht an jeder Polizeidienststelle sofort auch eine Beamtin, es sind Gott sei Dank mehrere, zu Verfügung steht, die dann dort … (GRin Martina Ludwig-Faymann: Sie kann angefordert werden!) Sie kann angefordert werden, trotzdem, der Erstkontakt mit einem Mann, Frau Kollegin, ist halt dann schon einmal das Schwierige. Wenn ich sage, ich möchte jetzt unbedingt eine Frau, dann weiß man schon, ich bin ein Opfer, ich habe ein Problem. Es ist also sehr schwierig und gerade eben bei diesen älteren Personen, die im Verborgenen vor sich hin leiden und als Opfer von Gewalt leben müssen, ist es auch insofern schwer, weil dann noch die Datenlage eben nicht die richtige ist, und weil eine Datenlage, die zu wenig zeigt, es noch schwieriger macht, entsprechende rechtliche Maßnahmen zu setzen.

 

Es ist ein Unterschied, ob ich 10 oder 1.000 Opfer habe. Das macht einfach ein anderes Bild oder animiert auch mehr, sich noch mehr Gedanken darüber zu machen, auch die rechtlichen Strafrahmen zu erhöhen, den Zugang zu den entsprechenden Einrichtungen auch flüssiger zu machen und die Einrichtungen auf eine entsprechende Versorgung auszuweiten. (GRin Martina Ludwig-Faymann: Durch Ihre Anzeigepflicht gehen jetzt noch weniger!)

 

Ich glaube, im Zusammenhang mit dem klinischen Bereich haben wir in Wien - soweit ich das auch bei vielen Sitzungen des Frauengesundheitsbeirates mitbekommen habe - mittlerweile auch die Sensibilität aufgerüstet, dass eben Pflegepersonal, Ärztinnen und Ärzte erkennen können: Ich habe da ein Gewaltopfer vor mir. (Zwischenruf von GRin Martina Ludwig-Faymann.) - Die Anzeige zu legen, ist ja grundsätzlich notwendig, denn sonst geschieht ja weiter nichts. (GRin Martina Ludwig-Faymann: Das schreckt aber viele ab hinzugehen!) Frau Kollegin, deswegen meine ich ja, dass man eben genau da die Personen darauf ansetzen muss, dass sie lernen, es ist eine Straftat, ich darf mich wehren. Da gibt es noch einen großen Schritt zu tun. (Ruf bei der SPÖ: Eben!)

 

Bei den Jüngeren kann man das natürlich, und das geschieht ja zum Teil, über den Schulunterricht oder über andere Kontaktstellen machen, dennoch sage ich, es ist überhaupt keine Frage, jede Gewalttat ist um eine zu viel. Ich hoffe, dass sich jetzt doch bald das von Bundesminister Kickl in Auftrag gegebene Screening, das die Spitze der Gewalttaten, nämlich den Mord an Frauen, betrifft, öffentlich wird, in die Diskussion gehen kann und dass man aus der Erfassung auch die entsprechenden Maßnahmen ableiten kann. Es ist ja leider immer noch so, dass Gewalttaten gegen Leib und Leben von der Justiz leider nicht im ausreichenden Maße bestraft werden und, eine meiner Vorrednerinnen hat es ja gesagt, dass viele Täter auch wieder auf freien Fuß gesetzt werden. Das ist skandalös, und das darf nicht sein, und daher sagen wir auch wirklich: Null Toleranz bei Gewalt gegen Schwächere! Das können Frauen sein, das können Kinder sein, das können aber auch Männer sein, daher grundsätzlich null Toleranz bei Gewalt gegen Leib und Leben gegen schwächere Personen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Im Zusammenhang mit Frauen hat mir Frau Kollegin Huemer das Hölzl geworfen, als sie „Mädchenprojekte“ gesagt hat. Ich habe mich immer sehr stark für die Koedukation ausgesprochen, ich halte das für etwas sehr Sinnvolles und Gutes. Wir haben ja vielfach den Fall, dass auf Grund der kulturellen Herkunft oder der oft vorgeschobenen religiösen Einstellung - das ist eben hauptsächlich im muslimischen Bereich -, Buben und Mädchen bei Spiel und Sport sehr früh getrennt erzogen

 

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