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Gemeinderat, 62. Sitzung vom 20.12.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 10 von 25

 

Stadt oder einzelne Bezirke von entscheidender Bedeutung sind. Und um diese Identifikationsmerkmale zu unterstreichen, haben Sie den Blick vom Belvedere, den sogenannten Canaletto-Blick, in dieses Dokument hineingegeben.

 

Haben Sie das eigentlich schon vergessen? Das wäre ja sehr schade. Damals haben Sie sich dazu bekannt, jetzt ist das alles angeblich nicht mehr gültig, und Sie arbeiten an einem neuen Managementplan. Was wollen Sie da neu managen? Solange dieser neue Managementplan nicht verwirklicht ist, muss eigentlich dieses Dokument gelten, und Sie müssen von dem Hochhausprojekt Tojner abrücken. (Beifall bei FPÖ und DAÖ.)

 

Ja, Sie hätten sich eigentlich nur an diese Grundsätze halten müssen und damit hätten Sie die Quadratur des Kreises umgehen können, an der Sie sich, ob von Rot oder Grün, alle abarbeiten. Sie hätten sich das ganze Manöver ersparen können, das einer Quadratur des Kreises gleichkommt, nämlich: Wie baue ich ein Hochhaus, das dem Höhenlimit der UNESCO eindeutig widerspricht und schaffe es trotzdem, den prestigeträchtigen Welterbe-Titel zu behalten?

 

Auch die UNESCO wäre nicht in eine Situation hineingetrieben worden, in der sie ebenfalls einen gesichtswahrenden Ausweg suchen muss, ob es ihr nicht doch irgendwie gelingen könnte, das Hochhausprojekt durchgehen zu lassen, ohne einen Präzedenzfall zu schaffen, der ihre Rolle als Hüterin der Welterbe-Stätten international in Frage stellt.

 

Denn abgesehen davon, dass dieses abenteuerliche Projekt den Grundsätzen des UNESCO-Welterbes widerspricht und einen chirurgischen Eingriff in das historische Stadtbild Wiens bedeutet, kommt es einem Bruch eines internationalen Vertrages gleich, den die Republik Österreich mit der UNESCO abgeschlossen hat. Bei der Welterbe-Konferenz in Krakau vor zwei Jahren habe ich in einer Wortmeldung auf dieses Dilemma der UNESCO hingewiesen, natürlich nicht in meiner Funktion als Stadträtin, sondern in meiner Funktion als Blue-Shield-Präsidentin Österreichs. Ich habe damals gesagt, und ich habe mir dieses Zitat herausgesucht: Be aware that your descision putting Vienna on the red list and in case of construction abolish Vienna from the World Heritage, is a descision of global impact. Not only the world heritage of the city of Vienna is at stake but the credibility of the world heritage commitee.” Sie haben mich damals publizistisch durch Sonne und Mond geschossen und gebrandmarkt, ich hätte als Nestbeschmutzerin fungiert. Das habe ich nicht. Ich habe an die Glaubwürdigkeit der UNESCO appelliert. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Ich habe natürlich die Taktik der damaligen Stadträtin Vassilakou gestört, die über ihren beamteten Vertreter in einer wortreichen Erklärung dem UNESCO-Welterbe-Komitee Sand in die Augen streuen wollten, dass ja sehr wohl alles getan werde, um den UNESCO-Auflagen zu entsprechen. Eine Strategie, die Sie übrigens bis heute verfolgen. In der Zwischenzeit ist allerdings der politische und personelle Kollateralschaden sehr groß. Die Planungsstadträtin Vassilakou ist nicht mehr, der Planungssprecher der GRÜNEN Christoph Chorherr ist nicht mehr Planungssprecher, sondern mit einem lukrativen Beratervertrag eines Bautycoons ausgestattet. Gegen ihn, nämlich Christoph Chorherr, wird staatsanwaltlich ermittelt, nach dem Motto „Sie spenden, wir widmen.“ jeder Verdachtsmoment natürlich ausgeschlossen.

 

Auch die Personalia bei ICOMOS haben sich geändert. Statt dem sehr unbequemen Prof. Lipp ist jetzt die vielleicht etwas bequemere Jäger-Klein für ICOMOS verantwortlich. Auch der Bürgermeister ist ein anderer, die einzige Konstante in dieser nicht enden wollenden Geschichte sind Sie, Herr Präsident Woller. (Beifall bei der FPÖ. - GR Peter Kraus, BSc: Und Sie!)

 

Kurz gesagt, die Strategie ist die gleiche, nur die Taktik und der Ton haben sich geändert. Man hat auf neue internationale Gremien gesetzt und nicht erfunden, sie bestehen schon länger, aber zu einem Konferenzformat genützt, die Organisation von Welterbe-Stätten. Eine Konferenz dieser Art wurde in Wien einberufen, eine neue Wiener Deklaration wurde verabschiedet, in der die Vereinbarkeit von Welterbe-Status und neuen Entwicklungsprojekten, Hochhäusern, und so weiter beschworen wird. Die höchstrangige Vertreterin des UNESCO-Welterbe-Komitees Mechthild Rössler hat Ihnen eine Brücke gebaut, indem sie Wien aufforderte, endlich einen Managementplan zu erarbeiten, als ob es eben nicht schon einen gäbe, nämlich den aus dem Jahr 2006. Die EU-Kommission auf der anderen Seite hat die Auffassung vertreten - und das ist jetzt wieder der Gegenpart, was die Pattsituation erklärt, in der Sie sich befinden -, dass es eine Umweltverträglichkeitsprüfung geben müsse, so wie sie das Verwaltungsgericht für notwendig erachtet hat. Allerdings haben sie festgestellt, das Ganze hat einen Haken. Die EU-Kommission sagt nämlich, die Schwellenwerte, die Wien und Österreich für die UVP angesetzt haben, seien so hoch normiert, dass eigentlich dieses Hochhausprojekt von Tojner und Isay Weinfeld hineinfallen könnte. Also, mit einem Wort, Wien und Österreich haben auch hier geschummelt und versucht, sich an der EU-Richtlinie vorbeizuschwindeln. Zu wessen Gunsten? - Zu Gunsten eines Projektbetreibers, der maximalen Gewinn aus diesem Projekt schlagen möchte.

 

Die nicht mehr im Amt befindliche Bundesregierung, allen voran der damalige Staatssekretär für Kultur Gernot Blümel, offensichtlich auch der kommende Spitzenkandidat der ÖVP in Wien, hat den Dialog Österreich-UNESCO wiederbelebt und neue Gutachten von ICOMOS eingefordert. Die Spitze von ICOMOS hat sich personell ebenfalls verändert.

 

Das alles ändert aber nichts an dem grundlegenden Tatbestand, dass das Tojner-Projekt wegen der Höhen- und Sichtachsenproblematik dem Welterbe nach wie vor widerspricht. Daher bleibt ein schaler Nachgeschmack übrig, dass Nachdenkpausen, Briefwechsel, neue Konferenzplattformen nur dazu dienen, Zeit zu gewinnen, möglichst unbeschadet über die Wahlen im Herbst zu kommen und danach die Baubewilligung zu erteilen.

 

Der Sündenfall, meine Damen und Herren von Rot-Grün, liegt im Grundsätzlichen. Statt dass die Stadt Wien die Bedingungen vorgibt, unter denen Projekte im Welt

 

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