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Gemeinderat, 63. Sitzung vom 29.01.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 99

 

parteiübergreifender Konsens in diesem Haus herrscht. Wir alle sind uns einig darüber, dass man in Bezug auf den Arbeitsmarkt etwas tun muss.

 

Konsens herrscht sicher auch darüber, dass wir in Wien natürlich höchstmögliche Beschäftigung und geringe Arbeitslosigkeit haben müssen, aber damit hören sich der Konsens und die Gemeinsamkeiten auch schon wieder auf. Dissens haben wir vor allem in vielen Fragen wie: Wie schaut es schwerpunktmäßig aus? Wie soll die Arbeitsmarktpolitik funktionieren? Wir haben sicher sehr viele unterschiedliche Zugänge, auch was Mittelverwendung betrifft und vor allem, was Ihre Gießkannenmentalität in Bezug auf Subventionspolitik an diverse Vereine und Institutionen in dieser rot-grünen Stadtregierung betrifft, aber auch ganz massiven Dissens, was die Mindestsicherung betrifft.

 

Zum Stichwort Mindestsicherung, die sicher ein eigenes Thema ist, über das wir auch stundenlang reden könnten, möchte ich hier nur so viel sagen: Das im Bund beschlossene Sozialhilfe-Grundsatzgesetz gehört ganz dringend einfach nur repariert und dann in Wien umgesetzt. Es ist einfach Zeit dafür. Es kann also nicht sein, dass Schwarz-Grün die Zumutbarkeitsbestimmungen im Arbeitsrecht verschärft und damit besonders Frauen auf dem Arbeitsmarkt, die zum Beispiel statt 20 Stunden nur 16 Stunden zur Verfügung stehen können, mit Kürzungen und Sperre des Arbeitslosengeldes bestraft, während sich andere in der sozialen Hängematte der Mindestsicherung wähnen.

 

Kommen wir jetzt zum Wiener Arbeitsmarkt zurück: Die Oesterreichische Nationalbank erstellt ja regelmäßig diese Kurzfristprognose im Hinblick auf die zu erwartende Konjunktur. Nun wissen wir, dass die österreichische Wirtschaft natürlich auch an die internationale Konjunkturpolitik gebunden ist und dass sie sich da nicht zur Gänze entziehen kann und es da Abhängigkeiten gibt, und da haben wir die entsprechenden Handlungen zu setzen, und das ganz besonders in Wien, um eben unsere Arbeitsmarktdaten und unseren Arbeitsmarkt stabil zu halten. Es gab in den letzten Jahren natürlich eine gute Wirtschaftsentwicklung, und dadurch bedingt gab es natürlich auch Rückgänge der Arbeitslosenzahlen. Das ist erfreulich, aber wenn man es genauer betrachtet, ist es nicht wirklich so sehr erfreulich. Das Wachstum des BIP lag 2019 bei ungefähr 1,16 Prozent, es ist auch für das 1. Quartal 2020 ein Wachstum von 0,2 Prozent zu erwarten, und man sollte jetzt davon ausgehen können, dass die Arbeitslosenzahlen weiter drastisch hinuntergehen und dass wir durch geschickte arbeitsmarktpolitische Maßnahmen in Wien neue Arbeitsplätze schaffen können beziehungsweise die Arbeitsmarktzahlen stabil halten - das wäre eigentlich die Aufgabe. Das funktioniert aber nur, wenn es echte Maßnahmen gibt - und nicht, so wie es hier in Wien ganz gerne gemacht wird, Scheinmaßnahmen gesetzt werden. Nein, Scheinmaßnahmen lehnen wir ab.

 

Wenn ich mir nun andere Zahlen anschaue, nämlich internationale Zahlen -Eurostat erhebt ja die Arbeitslosenquote auch -, so sind wir da im Oktober des letzten Jahres bei 4,6 Prozent gelegen. Das ist ein Minus von 0,2 Prozent, und das platziert uns in Europa unter den noch 28 Mitgliedstaaten auf den 11. Platz. Das ist wahrlich kein Grund zum Jubeln, denn das bedeutet nämlich, dass es zehn Länder besser machen als wir und dass zehn Länder bessere Maßnahmen in Bezug auf die Arbeitsmarktpolitik setzen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Da müssen wir uns natürlich anschauen, warum das so ist und was wir davon lernen können. Und wenn wir uns noch etwas anschauen, was für mich auch ein ziemlich maßgeblicher Punkt ist, nämlich die Arbeitslosigkeit der Jugendlichen, so sehen wir, dass die Arbeitslosenquote der Jugendlichen bei uns laut internationalen Zahlen bei 8,4 Prozent liegt. Das bedeutet zwar auch einen Rückgang von 0,9 Prozent, ist aber fast doppelt so viel wie die normale Arbeitslosigkeit. Auch da müssen wir also ganz massiv hinschauen und überlegen, woran das liegt und welche Maßnahmen wir setzen können.

 

Das heißt, wenn wir uns die Arbeitslosigkeit als Gesamtes anschauen, dann können wir zwar feststellen, dass sie bei Jugendlichen im Gesamten genauso wie bei Frauen und auch bei Langzeitarbeitslosen zurückgeht, und das schaut auf den ersten Blick gut aus. Wenn wir es aber genauer anschauen, dann sehen wir auf den zweiten Blick, dass im gleichen Zeitraum die Arbeitslosigkeit bei Menschen mit Behinderungen um 3,8 Prozent und die Arbeitslosigkeit bei Menschen mit gesundheitlichen Vermittlungseinschränkungen um 4,9 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr gestiegen ist, und da muss man sagen, das ist gar nicht erfreulich. Ich weiß schon, Sie werden jetzt sagen, na ja, aber die Bundesregierung, und blabla, denn es ist ja immer sehr bequem, nicht auf Wien zu schauen, sondern über die Bundesregierung zu schimpfen. Ich kann Ihnen nur sagen: Solange wir in der Bunderegierung waren, haben wir in diese Richtung sehr wohl Maßnahmen angeregt, als wir das gesehen haben. Wir haben ganz massiv darauf gepocht, dass das AMS vermehrt Schulungen gerade für diese Menschen zur Verfügung stellt, damit sie in dieser Hinsicht gefördert werden.

 

Jetzt frage ich Sie, was Sie in Wien dazu gemacht haben. Sie haben nämlich nichts gemacht. Sie hätten die Möglichkeit, im öffentlichen Dienst Maßnahmen zu ergreifen. Sie hätten die Möglichkeit, in Ihren ausgegliederten Institutionen Arbeitsplätze für Menschen mit besonderen Bedürfnissen zu schaffen. Sie könnten da echt Pionierarbeit leisten, aber das machen Sie nicht. Sie vergessen diese Menschen, Sie lassen sie im Regen stehen, und das ist nicht in Ordnung, das werfe ich Ihnen wirklich vor. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Genauso schaut es auch in Bezug auf die Arbeitslosigkeit, was die Warenproduktion betrifft, aus. Da haben wir nämlich auch 2,3 Prozent zugelegt.

 

Wenn ich mir jetzt im Vergleich dazu die Zahlen für Österreich anschaue - denn wir haben uns heute immer wieder auch um einen Österreich-Vergleich bemüht -, wenn ich mir also Wien im Vergleich mit Österreich anschaue, dann fällt noch etwas auf: Wenn ich die Zahlen der Arbeitslosen jenen der Schulungsteilnehmer gegenüberstelle, so haben wir in Gesamtösterreich 408.000 Arbeitslose, davon 58.000 in Schulungsmaßnahmen.

 

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