Gemeinderat, 12. Sitzung vom 28.06.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 6 von 106
die die Bundesregierung hinterlässt, denn das Covid-Zuschussgesetz, welches die Kostentragung regelt, wurde vom Gesundheitsministerium nur bis zum 30. September dieses Jahres verlängert. Da brauchen wir mit der Bundesregierung eine ehrliche Debatte darüber, wie mit diesem Trend umgegangen wird und wie wir die Testinfrastruktur Österreich-weit auch finanziell absichern können. Denn jeder vermiedene Lockdown-Tag, das haben wir in diesen letzten 14 Monaten gelernt, ist ein absolut gewonnener Tag für die BürgerInnen und die Wirtschaft.
Viele Menschen gerieten in den letzten Monaten auch in eine Situation, in der sie die Stärke der Gemeinschaft brauchten, weil sie in die Kurzarbeit gehen mussten oder sogar ihren Arbeitsplatz verloren haben. Die Stadtregierung wird deswegen auch in Zukunft nicht verlegen sein, das soziale Netz Wiens zu stärken. Nur eine Stadt, die den sozialen Ausgleich sucht, kann weiterhin Ort des Wachstums sein und kann ein friedliches Zusammenleben in einer Millionenstadt ermöglichen.
Wir stützen deshalb die tragenden Pfeiler des Sozial- und Pflegesystems und stellten, wie Sie wissen, rund 2,2 Milliarden EUR zur Verfügung - ein Plus von 5 Prozent im abgelaufenen Jahr. Insgesamt werden alleine für die Bereiche Bildung, Gesundheit, Soziales über 7,3 Milliarden EUR, die Hälfte unseres Gesamtbudgets, bereitgestellt. Dafür sind wir bekannt, dazu stehen wir, darauf sind wir in unserem Wien stolz.
Aber, sehr geehrte Damen und Herren, wir müssen natürlich Sorge tragen, dass diese Investitionstätigkeit weiter auf stabilem Niveau gehalten wird und auch gleichzeitig der Erholungspfad der Konjunktur Hand in Hand mit der Entwicklung der Wiener Wirtschaft geht, wobei wir als Stadt, als Kommune, unterstützend einwirken dürfen und einwirken müssen. Damit gilt es auch im gesamten europäischen Wirtschaftsraum, den Balanceakt zwischen Konjunkturimpulsen auf der einen Seite und Überhitzung von Geld und Realwirtschaft auf der anderen Seite im Auge zu behalten. Auch darüber konnten wir letzte Woche hier diskutieren, auch das ist unendlich wichtig, auch da haben wir sorgsam mit dem Geld umzugehen, aber dennoch die richtige Geschwindigkeit zu finden - kein leichtes Unterfangen.
Im Jahr 2020 wurden fast 10 Prozent des Gesamtbudgets investiert, gemeinsam mit den ausgelagerten Unternehmen bedeutet das sogar 2,2 Milliarden EUR an Investitionen in einem einzigen Jahr. So flossen zum Beispiel 287 Millionen EUR in die Infrastruktur der Wiener Linien und 80,2 Millionen EUR in den Straßen- und Brückenbau. Insgesamt lag unsere wirtschaftliche Aktivität im Bau- und Baunebengewerbe bei unglaublichen 1,5 Milliarden EUR. Die Fortschrittskoalition hat sich ein Gesamtinvestitionsvolumen über den gesamten Bereich von rund 11 Milliarden EUR bis zum Ende der Periode vorgenommen. All diese öffentlichen Investitionen bewirken, dass wir gleichzeitig viele neue Projekte privater Natur und Investitionen anstoßen können.
Den eingesetzten Euro der Stadt mehrfach wirtschaftlich zu hebeln, muss weiterhin unser Ziel sein. Gleichzeitig stellen 4,6 Milliarden EUR an Gesamtausgaben nachfragewirksame Ausgaben der Stadt dar und stärken damit den Binnenkonsum und die regionale Wirtschaft.
Erlauben Sie mir einen kurzen Blick auf die politischen Erfolge und Ableitungen zu treffen, die in den letzten zwölf Monaten für mich auch wichtig waren. Die Wiener Stadtregierung hat auch die politische Agenda in diesem Jahr 2020 stark mitbestimmt, weil wir strukturelle Probleme bereits frühzeitig adressiert haben, die mit der Krise Hand in Hand gegangen sind. So bewirkten der Einbruch der Kommunalsteuer bei uns wegen erhöhter Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit einen Mittelausfall für kommunale Investitionen. Michael Ludwig, als Präsident des Städtebundes, forderte den Bund kurz nach Ausbruch der Krise auf, ein kommunales Investitionspaket zu schnüren, um die Liquidität der schon bestehenden Projekte zu gewährleisten und abzusichern, damit es da zu keinen Lücken kommt. Resultat war das Kommunale Investitionsgesetz, das rund 2.000 Gemeinden Österreichs jetzt eine Chance gibt, die Krise gut zu bewältigen.
Im April 2020 habe ich mich für die Verlängerung des Finanzausgleichs um zwei weitere Jahre eingesetzt, da es bei solch volatilen wirtschaftlichen und finanziellen Prognosen keinen Sinn macht, an Verhandlungstischen zu sitzen, während die Krise gemanagt werden muss. Die acht Landes-FinanzreferentInnen schlossen sich dieser Wiener Position an. Die Bundesregierung konnte mit dem Gewicht der Länder ebenfalls davon überzeugt werden, das hat mich sehr gefreut.
Und eines noch: Die gemeinsame Initiative der Stadt Wien zusammen mit Lhptm Schützenhöfer, die Einbindung der Länder und die rechtzeitige Abgabe der österreichischen Projekte für den Recovery Fund der EU von Seiten der Bundesregierung mit Nachdruck einzufordern: Die rechtzeitige Abgabe konnte erreicht, ein Etappenerfolg erzielt werden. Detailinformationen, wie das 100-prozentig genau aussieht, ist man uns bis dato noch schuldig. Es ist ein schönes Projekt, über das ich mich auch sehr freue, dass das in der Form realisiert werden kann. Ich kann jetzt schon sagen, dass es gilt, noch einige Punkte mit dem Bund abzuklären und ich hoffe, dass Sie, meine Damen und Herren hier als Abgeordnete und Vertreter der Wiener Bevölkerung, die Wiener Stadtregierung dabei unterstützen, mit Ihren persönlichen Kontakten beitragen, dass uns diese Aufgabe für unser Wien gelingen möge.
Schon am Anfang der Krise wurde ersichtlich, dass die eigentlichen Stabilisatoren in zwei Institutionen zu finden waren, in den Spitälern und in den Pflegeheimen. Also zwei Einrichtungen, die in Kompetenz der Länder sind und von diesen auch finanziert werden. Aus diesem Grund wird es auch in der Spitals- und Pflegefinanzierung klare Aussagen der Bundesregierung geben müssen, um diese Belastungsprobe für diesen Bereich wirtschaftlich, finanziell gesund auf Augenhöhe zu verlassen. Auch auf dem internationalen Parkett machen sich viele politische Akteure jetzt Gedanken, wie denn die Welt nach Corona aussehen wird und suchen nach der Antwort auf die brennende Frage, wer die Krise bezahlen wird.
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