Gemeinderat, 12. Sitzung vom 28.06.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 106
So kamen die wichtigsten Industriestaaten der Welt beim G7-Gpifel überein, eine minimale Unternehmenssteuer von 15 Prozent weltweit durchzusetzen und Steueroasen auszutrocknen. Das wollen wir auch, damit multinationale Unternehmen künftig nicht mehr dort ihre Steuern bezahlen, wo sie ihren Sitz haben, sondern dort, wo die Umsätze erwirtschaftet werden. Im Oktober wird der G20-Gpifel in Rom stattfinden, um diesen Beschluss noch breiter aufzustellen. Ich hoffe, dieses Vorhaben wird gelingen.
Ich bin davon überzeugt, dass wir das Thema der Steuergerechtigkeit und der Solidarität ebenfalls in unserem nationalen und europäischen Rahmen zu diskutieren haben, um neue Antworten zu finden. So wird es notwendig sein, in der Frage der strikten, aus der Zeit gefallenen Fiskalregeln auf eine Reform zu drängen, denn auf Grund der Pandemie wurde die im europäischen Stabilitäts- und Wirtschaftspakt enthaltene generelle Ausweichklausel aktiviert, wodurch die Fiskalregeln de facto außer Kraft getreten sind.
Weiters kündigte die Europäische Kommission an, dass diese Ausweichklausel auch für das Jahr 2021 gelten soll. Doch was passiert danach? - Diese Frage müssen wir auch in unserem europäischen Städtenetzwerk stellen und Verbündete suchen, wenn es dringend benötigt wird, Investitionen der Zukunft in wachsende Städte im Zusammenspiel mit dem Stabilitätspakt zu adressieren. Ein einfaches Beispiel, das Sie alle kennen: Wir alle wissen, wenn wir heute ganz herkömmlich, ohne PPP-Modell, eine Schule bauen, fallen die Gesamtkosten der Schule sofort in den gesamten Schuldenstand. Dabei ist der sogenannte Bagger noch nicht einmal das erste Mal aufgefahren. Angesichts dieser strengen Fiskalregeln sind die Investitionen in eine stetig wachsende Stadt nicht machbar.
Wir brauchen den leistbaren Wohnraum für die Menschen, wir brauchen die Verkehrsmittel, die sie zu ihrer Arbeit bringen und wir brauchen die leistbaren Kindergärten, die wir in dieser Stadt so schätzen, um unseren Kindern die bestmögliche Umgebung zu bieten. Aus diesem Grund muss es uns gelingen, die Investitionen in die Daseinsvorsorge der wachsenden Städte Europas aus dem Stabilitätspakt herauszunehmen. Das ist aber bitte keine Einladung zum Schuldenmachen, es ist schlicht und einfach seriöserweise nicht anders machbar. Wir stehen vor Herausforderungen, auch inhaltlicher Natur, hinsichtlich Klimawandel - wo viele Milliarden zu investieren sein werden - und Digitalisierung, wenn es da nicht europaweit eine vernünftige, gemeinsame Vorgangsweise gibt. Ich biete der Bundesregierung unsere tatkräftige Unterstützung in diesem Bereich an, um eben dogmatische und veraltete Positionen zu verlassen und einen neuen, einen zukunftsweisenden Weg zu entwickeln.
Die Corona-Maßnahmen der Stadt sind ein Kapitel, das uns alle doch so beschäftigt hat und auf das ich natürlich noch gerne zur Sprache kommen möchte. Wir haben in diesen letzten 14 Monaten 5 Corona-Pakete beschlossen, über 50 Maßnahmen haben rund 600 Millionen EUR an Mehrbedarf bedeutet. Kein einziges Bundesland hat in der Krise mehr aufgewendet als wir hier in Wien, und jeder Euro war, wie ich meine, gut investiert und gut angelegt. Im Zusammenspiel mit den 8 Milliarden EUR - wir reden nur mehr über Milliarden, weil diese Krise eben eine so unglaubliche Intensität hatte - aus den Bundestöpfen, die im weitesten Sinne nach Wien flossen und die größtenteils auf die Kurzarbeit entfielen, konnten viele Arbeitsplätze erhalten werden.
Dass diese Summe nach Wien floss, stellt im Übrigen kein Geschenk dar, sondern ist der Tatsache geschuldet, dass unsere Stadt mit einem Viertelanteil am BIP der Wirtschaftsmotor unseres Landes und auch Nettozahler im Finanzausgleich ist. Allein die Wirtschaftsagentur Wien betreute während der Krise über 25.000 Unternehmen und schüttete über 50 Millionen EUR an Corona-Fördereuros aus. Knapp 70 Prozent der hier beschlossenen Gelder sind mittlerweile bei den Betroffenen angekommen. 4.700 Unternehmensprojekte konnten gestartet werden, 70 Millionen an Investitionen wurden durch unsere Förderpolitik ausgelöst, 7.000 Arbeitsplätze wurden digitalisiert.
Maßnahmen wie der Gastro-Gutschein, der Taxi-Gutschein, die überbetriebliche Lehre, die Joboffensive 50plus, die Erhöhung des Arbeitsmarktbudgets auf insgesamt 120 Millionen EUR haben zur Stützung der Konsumnachfrage und Integration in den Arbeitsmarkt gezielt geholfen. Auf der anderen Seite konnte mit städtischen Hilfspaketen wie der Förderung der EPUs, Bürgschaften, dem Stopp von Gebühren oder der Unternehmensbeteiligung „Stolz auf Wien“ den Unternehmen unter die Arme gegriffen werden. Mittelfristig geht es nun darum, eine Entwicklung hin zu einer Krise ähnlich der Finanzkrise von 2008/2009 zu verhindern und Arbeitslosigkeit in einem ersten Schritt wieder auf das Vorkrisenniveau von 2019 zu reduzieren.
Ich bin davon überzeugt, dass wir uns bei all unseren Maßnahmen nicht damit begnügen können, Löcher zu stopfen, sondern dass wir jede einzelne Maßnahme mit der Perspektive in die Zukunft zu konzipieren haben. Wir dürfen nicht nach der Überwindung der Gesundheits- und Wirtschaftskrise bei den selben strukturellen Problemen stehen, wie wir sie schon vor der Krise vorfanden, sondern müssen die Krise für Verbesserungen und Beschleunigungen nutzen. Dafür haben wir beispielweise die EPU-Förderung der Wirtschaftsagentur der Stadt Wien kreiert, um die zehntausenden EPUs durch die Krise zu unterstützen, die an ihrem Geschäftsmodell arbeiten, Änderungen vornehmen wollen, jenen stehen wir zur Seite. Oder auch das Ausbildungsgeld, 400 EUR pro Person pro Monat zusätzlich zu einem AMS-Geld: Damit sichern wir als erstes Bundesland die Wienerinnen und Wiener ab, damit sie eine gute Ausbildung im Pflegebereich, im pädagogischen Bereich machen dürfen. All diese Maßnahmen verfolgen das Ziel, auch nach der Krise ihre Wirkung zu entfalten und der Sackgasse der bislang geführten Fachkräftedebatte zu entkommen. Unser Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds leistete in den letzten 14 Monaten Großartiges im Bereich der Krisenbekämpfung. Wir steigerten die Frauenförderungsmaßnahmen, liebe Kathi, stockten die Jobof
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