Gemeinderat, 17. Sitzung vom 20.12.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 137
Denkmal passiert ist. Es muss mehr geschehen, aber es geht nicht um eine Extremposition der Abschaffung, die ich wirklich für historisch falsch halte, weil es eine vergebene Chance der kontinuierlichen Auseinandersetzung ist. Es war ein großes Unterfangen, sie alle in diesen schwierigen Zeiten in einem Raum zu versammeln, aber das ist gelungen und hat mich ermutigt, dann in Rücksprache mit dem Bürgermeister die nächsten Schritte zu planen.
Wir haben auch bei der Rothschild-Stiftung ähnlich agiert und haben auch dabei Experten und Expertinnen eingesetzt. Ich glaube, das ist ganz, ganz wichtig. Was hätte ich oder der Peter Hacker zu der Geschichte der Stiftung sagen können, wenn nicht über die Spiegelung von und mit Experten? Ich glaube, das ist ganz wichtig.
Weitere Schritte werden sein, dass wir jetzt eine gute, profunde Vorbereitung einer Ausschreibung machen. Die profunde Vorbereitung fußt auf zwei großen Säulen. Das eine ist wirklich einmal technisch, mit dem Denkmalamt, damit wir überhaupt einmal wissen, in welchem Rahmen wir agieren können. Was ist technisch, statisch die weitest mögliche denkbare Auslegung bei bestehendem Denkmalschutz? All das ist Voraussetzung, und dann soll eine Gruppe von Historikern und Historikerinnen, die wir einladen, die bereits vielfach vorhandenen Wissensstände zu Lueger einfach zusammenfassen, aus zeitgenössischer Sicht auf den Jetztstand bringen. Das ist einmal wichtig, dann haben wir die Basis für eine gute Ausschreibung, die dann im nächsten Herbst erfolgen sollte.
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 3. Zusatzfrage kommt von der FPÖ. Herr GR Berger, bitte.
GR Stefan Berger (FPÖ): Guten Morgen, Frau Stadträtin!
Stein des Anstoßes der Diskussion, die wir ja auch heute hier führen, war schlichtweg derjenige, dass es Personen gegeben hat, sogenannte politische Aktivisten, die in Form einer Sachbeschädigung einen Denkmalsturm vollzogen haben. Jetzt stellt sich mir schon die Frage - und da würde mich auch Ihre Meinung dazu interessieren. Sie haben ja bereits andere Personen wie beispielsweise Maria Theresia genannt. Auch von ihr gibt es die eine oder andere Statue in Wien: Werden Sie nicht eine Getriebene politischer Aktivisten, die offenbar auch vor Sachbeschädigungen, also vor Straftaten, nicht zurückschrecken - man könnte diese Aktivisten auch anders bezeichnen -, und glauben Sie nicht, dabei die Büchse der Pandora zu öffnen, indem man einschlägig angesiedelten politischen Aktivisten nachgibt und das dadurch zu einer ziemlich endlosen Geschichte wird?
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Frau Stadträtin, bitte.
Amtsf. StRin Mag. Veronica Kaup-Hasler: Ja, danke. Die Gefahr ist immer gegeben, dass man nur reaktiv ist, in dem Fall aber nicht. Der Punkt ist, ich bin mir sehr sicher, genau zu wissen, wie ich in diesem sehr schwierigen Prozess agiere. Zugegeben, das ist nicht einfach, denn ich habe es nicht beschmiert, ich habe es mir nicht ausgesucht. Das ist so, ich muss damit umgehen.
Ich muss aber auch feststellen, dass mittlerweile jede Renovierung immer teurer wird. Mittlerweile kostet sie 50.000 EUR, weil schon die Substanz des Sockels beschädigt ist. Das muss man auch einmal sehen. Deswegen wird es diesen Winter auf jeden Fall so belassen werden, aber ich reagiere nicht als Getriebene, sondern ich agiere auf Grund eines notwendigen und offensichtlich nicht vollzogenen gesellschaftlichen Austauschs über diese Zeit, über diese Figur speziell, um die sich halt das öffentliche Interesse im Moment rankt.
Deswegen muss man einfach mit der jüdischen Hochschülerschaft reden - die haben große Angst. Und wenn man mit der Vorsitzenden der jüdischen Hochschülerschaft gesprochen hat - das ist keine Riesengruppe, gar keine Frage -, dann gibt es den Wunsch: Sie wollen das am liebsten ganz weghaben. Ich versuche, dauernd zu erklären, warum ich das falsch finde, weil ich glaube, dass sich Geschichte in die Stadt einschreibt, dass wir damit umgehen müssen und dass wir sie aus einem zeitgenössischen Blick immer neu bewerten.
Und solche Bewertungen sind heutzutage anders. Ich weiß nicht, wenn vor 40 Jahren jemand Postkolonialismus gesagt hätte, hätte jeder gefragt: Ist das eine neue Zweigstelle der Post, oder was ist das? Das war also überhaupt nicht in unserem Denken, diese Sensibilität haben wir gar nicht gehabt. Das heißt, wir müssen damit jetzt umgehen.
Das Beispiel, das ich vorhin genannt habe, war ja von Danielle Spera. Das war gar nicht von mir, sondern das kam von anderer Seite, wobei ich sage, je weiter wir in der Geschichte rücken, umso entfernter werden natürlich die Dinge. Das ist schon richtig, aber es ist ja bis heute wirkmächtig. In der Tat werden wahrscheinlich zukünftige Biographen von Maria Theresia andere Aspekte hervorheben, die in huldigenden Biographien aus den 60er Jahren nicht so gesehen worden wären. Es wäre also eine neue Biographie. Deswegen gibt es auch immer wieder Historiker, die sich mit Geschichte immer wieder neu beschäftigen, weil sie auch neue Daten, neue Fakten, neue Erkenntnisse haben. Das wird immer so weitergehen, das ist der Umgang mit Geschichte, der letztendlich etwas über uns im Jetzt und in unserer Gesellschaft heute erzählt. Das, finde ich, ist das Spannende daran, und deswegen ist es bei aller Mühsal oft eine extrem schöne und herausfordernde Aufgabe. Ich habe sie nicht gebucht, aber ich gehe, glaube ich, damit im Wissen um, dass es ein guter Weg ist, den wir beschreiten.
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 4. Zusatzfrage kommt von den GRÜNEN. Frau GRin Mag. Berner, bitte.
GRin Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE): Sie haben schon einiges ausgeführt - danke dafür. Sie haben auch darauf hingewiesen, dass es einige problematische Figuren im öffentlichen Raum gibt. Ein Teil der Grundlage der Debatte, die wir heute führen, auch der Kontextualisierung der Straßennamen, beruht auf einer Analyse der Historiker Oliver Rathkolb, Peter Autengruber, Florian Wenninger und Birgit Nemec, die vor allem die Straßen
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