Gemeinderat, 17. Sitzung vom 20.12.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 25 von 137
zeigt das die Doppelmoral der SPÖ in Sachen Wohnbau. Einerseits rühmt sich Wien der vorausschauenden Wohnungspolitik, und dann verkauft die SPÖ einen Teil der Wohnungsreserven an einen bekannten Immobilieninvestor.
Die ARWAG ist 1990 mit dem Ziel gegründet worden, den Wienerinnen und Wienern leistbare Wohnungen anzubieten, und heute sind rund 25.000 Wohneinheiten in der Verwaltung dieser Wohnbaugesellschaft. Ziemlich genau zehn Jahre ist es her, dass Bgm Ludwig, damals noch Wohnbaustadtrat, am 28. Mai 2011 im Rahmen des Wiener SPÖ-Landesparteitags gesagt hat: Im Unterschied zu anderen Großstädten haben wir kommunale Wohnungen nicht verkauft. Dies sei eine richtige Entscheidung gewesen, denn der Wohnbau sei ein wichtiges Gestaltungselement, das Verteilungsgerechtigkeit ermögliche. Und nun betreibt genau diese SPÖ politische Kindesweglegung beim kommunalen Wohnbau. Das geht so nicht.
Es ist nämlich der gleiche Michael Ludwig, der fünf Jahre später am 22. März 2016 noch gesagt hat: Wir haben hier eine ganz klare Haltung und sind nicht den Verlockungen des Neoliberalismus erlegen. - Anscheinend sind das alles nur Lippenbekenntnisse der SPÖ.
Sonst spricht sich die Wiener SPÖ immer für Eigentümerschaft an strategischem Wohnraum aus. Das beste Beispiel dafür ist wohl Berlin, wo der Abverkauf der kommunalen Wohnungen zu massiven negativen Auswirkungen auf die Mietpreise der Stadt geführt hat. Eine aktuelle Studie der Arbeiterkammer Wien zum Thema Wohnungspolitik und Wohnversorgung in europäischen Millionenstädten vom Oktober dieses Jahres sagt über Berlin: Im Laufe der 1990er Jahre wurden allerdings eine Reihe wohnungspolitischer Entscheidungen getroffen, die Marktkräften mehr Einfluss gewährten und so zu stärkerer Anspannung am Mietmarkt beigetragen haben. So wurde zum Beispiel ein beträchtlicher Teil an Wohnungen im städtischen Besitz privatisiert.
Hier handelt die Stadt Wien aber anscheinend sogar wider die Empfehlungen der Arbeiterkammer Wien und will den kommunalen Wohnbau privatisieren. Das ist politische Kindesweglegung pur, meine Damen und Herren.
Genauso hat ein Investor bei diesen 25.000 Wohnungen den Fuß in der Tür. Das ist möglicherweise der erste Schritt zur Komplettübernahme der ARWAG, denn dieser Fall erinnert genau an das Wohnungsunternehmen SÜBA, wo genau dieser Immobilieninvestor im Jahr 2016 mit 38 Prozent eingestiegen ist und dann im Juni 2018 die Firma komplett übernommen hat. Er hat ja schließlich damals auch schon für einen Expansionskurs einen weiteren Übernahmekandidaten gesucht.
Auffällig ist auch, dass ausgerechnet der ehemalige SPÖ-Parteimanager und Minister Thomas Drozda, der ja im Frühjahr als neuer ARWAG-Vorstand bestellt wurde, hier den Verkauf anscheinend auch in die Wege geleitet hat. Steckt hier mehr dahinter? Gibt es hier Vorgänge, die im roten Netzwerk aufgeklärt werden müssen? Wir stehen da dahinter und wir von der Volkspartei sorgen dafür, dass hier Aufklärung stattfindet, meine Damen und Herren.
Wir fordern die SPÖ daher dringend auf, den Ausverkauf des Wiener Wohnungsbestandes zu stoppen. Es kann nicht sein, dass scheibchenweise das Familiensilber im Wohnbau verkauft wird, weil der Wohnungsbestand der Stadt Wien muss bewahrt werden und leistbares Wohnen muss gewährleistet sein, meine Damen und Herren. Wir als Volkspartei sprechen uns klar für den Erhalt der Unternehmensanteile am kommunalen Wohnungskonzern ARWAG aus. Danke schön.
Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist der Herr GR Niedermühlbichler. Sie sind am Wort.
GR Georg Niedermühlbichler (SPÖ): Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ein spannendes Thema, wie ich finde, noch spannender, dass es gerade von der FPÖ eingebracht wurde. Offensichtlich, das wurde schon angesprochen, hat man das Thema BUWOG erfolgreich verdrängt. Ob man daraus gelernt hat, wage ich zu bezweifeln, weil da gibt es ja auch viele andere Anhaltspunkte. Der Georg Prack hat gesagt, ich werde das Gleiche sagen wie der Kollege Ornig. Ich werde das nicht tun, weil wir sind als Fortschrittskoalition natürlich abgestimmt und man muss nicht alles wiederholen. Das wäre vielleicht auch für die Bundesregierung ein richtiger Weg, dass man sich koalitionsintern abstimmt, bevor man an die Öffentlichkeit geht. Aber das wissen wir, dass das nicht der Fall ist. Also das, was der Kollege Ornig hier schon gesagt hat, brauche ich nicht wiederholen. Nur zur Verstärkung: Es wird keine einzige Wohnung verkauft. Und dass wir die Mehrheit der Anteile bei der Stadt Wien behalten, hat der Kollege Ornig auch schon erfolgreich ausgeführt.
Zu der ÖVP brauche ich nicht viel sagen, weil was leistbaren Wohnraum betrifft und leistbares Wohnen, hat halt die ÖVP genau null Expertise, damit braucht man sich nicht auseinandersetzen. Ihr hättet die Möglichkeit, ein faires Wohnrecht auf Bundesebene umzusetzen, das täte uns wirklich in Wien auch helfen. Aber dazu seid ihr nicht in der Lage, oder noch schlimmer, nicht willens. Also insofern setze ich mich in dieser Frage mit der ÖVP nicht auseinander. Mit den GRÜNEN aber schon sehr gerne, denn gerade die letzten zehn Jahre haben gezeigt, dass wir durchaus produktiv und vertrauensvoll in einer Koalition zusammengearbeitet gehaben. Das gilt vor allem auch für den Bereich Wohnen und leistbares Wohnen. Da haben wir gemeinsam dafür gesorgt, dass eben dieses leistbare Wohnen weiterverfolgt wird. Jetzt sehe ich allerdings das Problem, dass dieser Weg offensichtlich verlassen wird. Und warum? Der Kollege Prack hat ja schon angeführt, dass er einen Antrag einbringen wird und da steht drinnen, dass mittel- und langfristig die Bereitstellung von leistbarem Wohnraum für die Wiener Bevölkerung in Frage gestellt wird, weil die Stadt Wien beziehungsweise ein Unternehmen der Stadt Wien Anteile einer ARWAG verkauft. Wir haben ja auch viele gemeinnützige Wohnbaugenossenschaften, wo es kei
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