Gemeinderat, 17. Sitzung vom 20.12.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 53 von 137
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Danke für den Antrag und vor allem dann für die Desinfektion. Als Nächster darf ich dann das Wort an die Rechnungshofpräsidentin geben. Ich erteile es Ihnen.
Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich möchte mich jetzt von Seiten des Rechnungshofes einmal sehr herzlich dafür bedanken, dass ich bei Ihnen hier in den Wiener Gemeinderat eingeladen bin, und auch dafür, dass Sie sich das Thema Kontrolle als Schwerpunkt am Beginn einer Tagesordnung nehmen. Ich halte das für sehr wichtig, weil wir in vielen Berichten ganz unterschiedliche Themen ansprechen, und weil es, glaube ich, sich lohnt, sich mit diesen Berichten auseinanderzusetzen.
Es wurde heute schon sehr viel davon gesprochen, dass es darum geht, wie wichtig Kontrolle ist, dass es darum geht, objektive Kritik zu formulieren und, dass wir daraus Empfehlungen formulieren. Diese Empfehlungen müssen natürlich nicht zu 100 Prozent Ihren politischen Überzeugungen entsprechen. Diese Empfehlungen sind aber wohlabgewogen und eben unser Vorschlag für eine entsprechende Verbesserung.
Es liegt an Ihnen, als Mitglieder eines allgemeinen Vertretungskörpers, als Politikerinnen und Politiker, daraus die entsprechenden politischen Schlussfolgerungen zu ziehen. Das ist wichtig, und so gesehen beruhigt es mich fast, wenn eine Gemeinderätin gesagt hat, dass es ein Vergnügen wäre, die Berichte des Rechnungshofes zu lesen. Ja, und es ist auch aufschlussreich, sich mit den Berichten auseinanderzusetzen.
Es sind zwölf Berichte, die der Rechnungshof in diesem Jahr dem Gemeinderat und der Stadt Wien vorgelegt hat. Der Bericht zum Wohnbau in Wien stand bereits im März 2021 auf der Tagesordnung des Gemeinderates, weil er eine Sonderprüfung war, drei weitere Berichte liegen aus dem Vorjahr vor. Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle jetzt kurz einige allgemeine Themen aus der Sicht des Rechnungshofes beleuchten.
Wie gesagt, ich wurde ja vor einem Jahr auch eingeladen, und da haben wir alle gehofft, dass uns die Pandemie zu Weihnachten 2021 nicht mehr oder nicht mehr so beherrschen würde. Damals erfolgten auch schon die ersten Impfungen gegen das Corona-Virus in Österreich. Das war auch einer Impfstoffentwicklung zu verdanken, die in sehr kurzer Zeit durch Forschung und Industrie möglich war. Da gab es eben einen großen wissenschaftlichen Erfolg und in der Folge ist es auch gelungen, den Impfstoff in großem Umfang herzustellen.
Der Rechnungshof selbst hat in Hinblick auf diese große Krise, die gesundheitlich, aber auch wirtschaftlich ist, und die den Staat natürlich sehr stark fordert, ein umfangreiches Prüfprogramm für Prüfungen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie eingeleitet und erste Ergebnisse liegen auch bereits vor. Leider sind aber die Herausforderungen ein Jahr später noch immer sehr, sehr groß und sie werden wohl auch noch länger bleiben.
Wir erleben immer wieder hohe Inzidenzen, eine hohe Spitalsauslastung und ein seit mittlerweile fast zwei Jahren stark belastetes Personal im Gesundheits- und Pflegebereich. Die nicht ausreichende Impfquote und der verzögerte Stufenplan für Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung in diesem Herbst waren auch maßgebliche Gründe für die anhaltend schwierige pandemische Lage in Österreich. Ein Lockdown zur Eindämmung der vierten Welle wurde unausweichlich, und jetzt beschäftigt uns eine weitere Virusmutation aufs Neue.
Die Pandemie führt somit zu einer Unsicherheit, die für uns als Gesellschaft neu ist, und die Ungewissheit verunsichert viele. Die Pandemie ist daher aus meiner Sicht eine Probe für den Staat und auch für den föderal aufgestellten Staat, denn gerade in der Krise muss gehandelt werden und es müssen Entscheidungen getroffen werden. Eines haben wir aber mittlerweile sicherlich gelernt: Es bewährt sich, wenn wir in der Pandemie vorsichtig sind, und da ist die Stadt Wien mit der Strategie der Vorsicht bisher ganz gut gefahren.
Darauf möchte ich auch Wert legen: Wenn wir Covid-19-Prüfungen machen, wissen wir, dass wir nicht eine Beurteilung der Entscheidungen, die in der Krise getroffen wurden, mit dem Wissen von heute treffen können. Wir können aber mit Fug und Recht verlangen, dass man die Lehren aus der Krise ziehen muss und dass man mit der Zeit einen klaren Krisenmechanismus für eine wirkungsvolle Reaktion auf eine verschärfte Gesundheitslage, oder gar eine Krisenlage, entwickelt.
Der Rechnungshof selbst, sehr geehrte Damen und Herren, übernimmt in dieser schwierigen Zeit Verantwortung, nämlich durch seine umfassende Kontrolltätigkeit. Wir kontrollieren die staatlichen Maßnahmen in all ihren Aspekten - systemisch, funktionell und ökonomisch. Wir haben umfangreiche Covid-19-Prüfungen - da geht es, das wurde jetzt auch schon angeführt, um Transparenz und Rechenschaft über den hohen staatlichen Mitteleinsatz -, und gleichzeitig haben wir in unseren Prüfungen immer wieder auch Verbesserungspotenziale angeschlossen und empfehlen deren Umsetzung.
In diesem Sinne möchte ich auch auf unseren Bericht hinweisen, den wir erst letzten Freitag veröffentlicht haben, nämlich „Gesundheitsdaten zur Pandemiebewältigung im ersten Jahr der Covid-19-Pandemie“. So ist dieser Bericht auch zu verstehen. Eine verbesserte Datenlage, etwa zur Auslastung der Krankenanstalten und der regulären medizinischen Versorgung, die systematische Nutzung aller verfügbaren Daten sowie eine einheitliche qualitätsgesicherte Kommunikation könnten nach Auffassung des Rechnungshofes einen sehr wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie leisten.
Wir versuchen, mit unseren Berichten die Grundlage für ein faktenbasiertes Handeln zu schaffen. Ich denke, das ist auch der Grund, dass wir immer wieder auch mit Verlangensprüfungen beauftragt werden, und ich möchte an dieser Stelle auch an die laufende Sonderprüfung zur
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