Gemeinderat, 17. Sitzung vom 20.12.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 75 von 137
aufhört und seitens der Stadtregierung wieder Arbeit und viel Kraft in Vertrauensaufbau gegenüber den jungen Wienerinnen und Wienern investiert, sehr geehrte Damen und Herren.
Und der dritte Punkt, den es jetzt aus meiner Sicht braucht, ist Beweglichkeit. Ich bleibe dabei, nicht alles, was irgendwann einmal in der Geschichte dieser Stadt oder dieses Landes geplant wurde, hat sich im Nachhinein als eine gute Idee herausgestellt. Hainburg und Zwentendorf sind vielleicht prominente Beispiele dafür. Ich glaube, es ist ja wirklich kein Zufall, dass diese beiden Beispiele jetzt immer wieder als historische Parallelen herangezogen werden, nicht nur von uns GRÜNEN, sondern auch von sehr vielen Menschen in Kommentaren in den Medien.
Es gibt aber natürlich auch abseits davon andere Beispiele in unserer Stadt. Hätte man beispielsweise alle Straßen- und Autobahnprojekte, die in den letzten Jahrzehnten in Wien geplant wurden, auch tatsächlich gebaut, dann würde Wien komplett anders ausschauen. Dann hätten wir heute eine Autobahn bis zum Karlsplatz statt dem Naschmarkt, dann hätten wir eine Stelzenautobahn am Flötzersteig, dann wäre der Donaukanal eine Schnellstraße mit Anschlussstelle Urania, dann würde die A20 die Brigittenau neben dem Augarten durchschneiden, durch das Donaufeld würde die A5 führen, und so weiter, und so fort. All das waren Pläne, die irgendwann einmal irgendwer in dieser Stadt hatte, und heute sind wir froh, dass die alle nicht umgesetzt wurden, sehr geehrte Damen und Herren.
Leider scheint sich die Stadtregierung mit dem bisherigen Vorgehen entschieden zu haben, dass man diese Autobahnen, die S1, die Lobau-Autobahn erzwingen will. Man will den Klagsweg beschreiten und so die Lobau-Autobahn erzwingen. Hier stur zu bleiben und auf Punkt und Beistrich jede Verwirklichung ohne Kompromisse umsetzen zu wollen, sehr geehrte Damen und Herren, ist ein Riesenfehler, wenn Sie das so weiter machen.
Das reißt eine Wunde in das Gefüge unserer Stadt, und damit meine ich jetzt nicht das Verhältnis von politischen Parteien zueinander - ganz ehrlich, das ist in diesem Zusammenhang auch relativ egal. Ich weiß schon, es begann ja heute schon in der Aktuellen Stunde, ich spüre es schon den ganzen Tag, dass hier seitens der SPÖ sehr große Emotionen im Raum sind, dass dann viel von Hass gesprochen wird. Ich kann auch nachvollziehen, dass dabei irgendwie die GRÜNEN vielleicht teilweise Projektionsfläche für etwas sind. (Zwischenruf.) Aber darum geht es nicht, darum geht es nicht. Es geht um etwas ganz anderes. Es geht um ganz, ganz viel mehr als das Verhältnis der SPÖ zu anderen Parteien. Es geht um die Klimabewegung, es geht um die junge Generation, die junge Generation in der Stadt, nicht in Ihrer Partei, es geht um deren Motivation, es geht um deren Hoffnungen. Und da werden wir alle in den kommenden Jahren sehr gut beraten sein, wenn wir deren Motivation und deren Hoffnung nicht zerstören.
Das haben in der SPÖ schon einige Junge erkannt, weil wir die Motivation und das Engagement der jungen Wienerinnen und Wiener dringend brauchen, wenn wir die Klimakrise bewältigen und ihre Auswirkungen auch wirklich bekämpfen wollen, sehr geehrte Damen und Herren.
Darum ist auch mein abschließender Appell: Die Stadtregierung ist wirklich gut beraten, beweglich zu bleiben, sich nicht aus Sturheit in eine Sackgasse zu manövrieren, in die sie bereits mit hoher Geschwindigkeit hineinrast. Jetzt müssen Bgm Ludwig und die Stadtregierung die Bereitschaft an den Tag legen, einige Pläne auch überdenken zu können, um damit nicht eine ganze Klimabewegung, eine ganze Generation mit der eigenen Sturheit vor den Kopf zu stoßen. Danke schön.
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Zur Geschäftsordnung hat sich Herr GR Stark zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm und bemerke, dass die Redezeit maximal fünf Minuten ist.
GR Kilian Stark (GRÜNE): Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte! Sehr geehrte Damen und Herren!
Warum melde ich mich zur Geschäftsordnung? In § 37 der gemeinderätlichen Geschäftsordnung ist die Dringliche Anfrage geregelt. Und was wir hier erlebt haben, ist, dass der Herr Bürgermeister etwas getan hat, was im Parlament nie zulässig wäre. Er hat 55 Fragen in 2 Teile geteilt, hat über irgendetwas geredet, worüber er gerne reden möchte, und ist auf nicht einmal 5 Fragen eingegangen. Das ist eine Missachtung der parlamentarischen Demokratie, das ist eine Aushöhlung des parlamentarischen Interpellationsrechts und das beraubt die Wienerinnen und Wiener Fragen, die ihnen von Gesetzes wegen zustehen.
Was ist dort nämlich geregelt? Nicht umsonst beurteilt der Vorsitzende die Zulässigkeit von gewissen Fragen. Es gibt nämlich solche Fragen, mit denen man manchmal das parlamentarische Interpellationsrecht überspannt - und manchmal nicht. Und der Herr Vorsitzende lässt manche Fragen zu und manche nicht. Und die, die er zulässt, sind zu beantworten. Und wenn sie nicht beantwortet werden, so ist zu begründen, warum diese nicht beantwortet werden. Und Sie haben weder noch getan.
Zur 1. Frage, die lautete: „Ja oder nein: Werden Sie einen Weihnachtsfrieden in der Causa Stadtstraße aussprechen?“ Ich kann nicht ausschließen, dass ich es überhört habe, aber bitte korrigieren Sie mich: Darauf hat es keine Antwort gegeben, nicht im Ansatz.
Zur 2. Frage: „Ist es korrekt, dass diese obengenannten Aufforderungsschreiben de facto Klagsdrohungen sind, im Auftrag der Stadt Wien geschrieben und versendet wurden?“ Auch darauf gab es keine Antwort. Auf die Zusatzfrage: „Haben Sie dieses anwaltliche Einschreiten beauftragt?“ - Keine Antwort. „Wenn nein, wer veranlasste die Beauftragung der Rechtsanwaltskanzlei in dieser Angelegenheit?“ - Keine Antwort, die uns und den BürgerInnen Wiens auf Grund der Stadtverfassung und auf Grund der Geschäftsordnung des Gemeinderates zusteht.
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