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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 20.12.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 82 von 137

 

stoppt hat. Das sind ja lauter Schicksale! Da gibt‘s eine unheimliche Feinstaubbelastung! Wir wissen es ja, wenn die S1, dieser Lückenschluss, nicht gemacht wird samt Lobau-Tunnel, dann gibt‘s eine CO2-Mehrbelastung pro Tag in Wien von 75.000 t. Und das ist grüne Politik? Das ist klimaaktiv? Das ist umweltfreundlich? Das ist die Politik im Sinne unserer Kinder? Ich sage: Pfui Teufel, das ist rein ideologisch motivierte Parteipolitik! Noch einmal: Geniert euch!

 

Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich GR Dipl.-Ing. Dr. Gara. Bitte Sie sind am Wort.

 

18.23.45

GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

 

Ich glaube, in einer so hitzigen Debatte ist es auch ganz gut, sich vielleicht Bilder von gestern wieder ins Auge, in den Kopf zu rufen, nämlich, ich glaube, viele von Ihnen waren gestern mit vielen anderen Tausenden von Menschen am Ring beim Lichtermeer und bei mir wirkt das noch nach dieses „Yes, we care“. Ich glaube, dass das auch ein sehr starkes Zeichen für ein friedvolles Miteinander war. An dieser Stelle auch noch vielen Dank an Daniel Landauer für diese grandiose Initiative!

 

Warum kommt mir das in den Kopf? Ich glaube, dass wir auch in der Diskussion bei diesen großen Fragen der Klimapolitik, der Klimakrise, des Klimaschutzes nicht nur auf Konfrontation setzen dürfen. Wir werden da nicht weiterkommen. Wir kommen nicht weiter mit dem Klein-Klein. Wir müssen schon beginnen, auch an den größeren Schrauben zu drehen und die sind sehr, sehr viel größer, als es auch nur die Diskussion um eine Stadtstraße ist. Die Grundfeste und die höchsten Güter einer Demokratie sind für mich schon die Meinungsfreiheit und die Rechtsstaatlichkeit, und ich sage das ganz klar: Natürlich muss es immer diese Meinungsfreiheit geben, für jeden. Natürlich muss es diese Meinungsfreiheit auch für die Wissenschaftler geben, vollkommen klar. Ich glaube auch nicht, dass wir hier diese Meinungsfreiheit einschränken, ganz ehrlich. Ich sehe hier keine Einschränkung, weil jeder kann auch zu dem Thema Stadtstraße, egal, wo er ist, alles sagen, auf den sozialen Medien, überall. Es ist schon auch eine Frage, wie man gewisse Dinge interpretiert. Man kann es in die eine oder in die andere Richtung interpretieren, keine Frage. Es ist immer das, wie es beim Empfänger ankommt. Aber ich glaube, es ist wichtig, dass wir absolut auch als Stadtregierung hier zur Meinungsfreiheit stehen.

 

Die zweite Frage ist die Rechtsstaatlichkeit und mir ist das heute gekommen, nämlich bei der Gelöbnisformel. In dieser Gelöbnisformel steht auch ganz klar, dass jedes Mitglied des Gemeinderates nebst der unverbrüchlichen Treue auch die stete und volle Beachtung des Gesetzes sowie die gewissenhafte Erfüllung seiner Pflichten gelobt. Das ist schon wichtig, weil auch im Kontext der Stadtstraße, und ich möchte das wirklich runterbrechen, sind wir durch alle höchstinstanzlichen Entscheidungen durchgegangen, alle UVPs, alles. Es wurde alles mitdiskutiert über einen langen Prozess und das ist auch gut so. Ich halte das für total wichtig, das ist Fakt. Hier ist wirklich die Basis gelegt für die Rechtsstaatlichkeit.

 

Nur ein Gedanke, nur ein Gedanke: Stellen Sie sich vor, es gibt einen großen Windpark. Der ist rechtlich genehmigt durch alle Instanzen. Aber es gibt Proteste, die sagen, ich will diesen Windpark nicht. Klimapolitisch würde ich sagen, na, das ist ja ein Witz, ich will eigentlich diesen Windpark, wir brauchen den erneuerbaren Strom. Stellen Sie sich eine Photovoltaikanlage vor, die durch alle Instanzen genehmigt ist, und da gibt es viele Anrainerrechte und Beschwerden, und so weiter, und so fort. Auch die ist über alle Instanzen hinweg genehmigt. Auch dort würde man sagen: Dort gehe ich nicht weg, das besetze ich jetzt. Stellen Sie sich eine Hochspannungsleitung vor, die vielleicht auch notwendig ist, um die vielen verschiedenen Energiequellen zu vernetzen und wir brauchen auch das für die Energiewende. Und auch dort haben wir die Diskussion, das heißt, wir haben sie vielfältig in unserer Gesellschaft.

 

Das gilt für die Projekte, wo die einen sagen, das ist gut, und die anderen sagen, das ist schlecht, und die anderen meinen, das Projekt ist gut und das andere ist schlecht. Daher gibt es auch diese Basis der Rechtsstaatlichkeit. Ich glaube, es ist sehr wichtig, uns von diesem Punkt zu nähern auch in Richtung einer Lösung. Wir haben immer gesagt, und dafür stehen wir auch hier, es ist die Dialogbereitschaft wichtig. Wir wollen diesen Dialog mit allen hier führen. Ich glaube, die Stimmung ist tatsächlich sehr, sehr aufgeheizt. Aber es ist auch wichtig, gewisse Dinge auch anzuerkennen im Sinne der Rechtsstaatlichkeit, weil das, was wir hier nicht wollen, ist, dass jeder willkürlich sagt, da habe ich recht, ich besetze das jetzt. Und der andere sagt, nein, das geht nicht. Und dann werden Anwaltsbriefe hin- und hergeschrieben. Ich glaube nicht, dass das gut ist auch für unsere Gesellschaft. Und eines ist klar: Wir befinden uns, und das hat der Antonio Gramsci und der geschätzte StR Czernohorszky hat das auch einmal verwendet, aber ich halte das für gut: „Eine Krise besteht eben darin, dass das Alte stirbt und das Neue noch nicht geboren werden kann.“ Das ist ein sehr guter Spruch aus den 20er, 30er Jahren. Aber das passt auch sehr, sehr gut zu uns, zu der Gesellschaft, in der wir derzeit leben, und auch in diese Transformationsphase, in der wir leben. Das ist wirklich schwierig. Das ist wirklich auch ein Ausprobieren, Ausloten, in welche Richtung bewegen wir uns hier? Ganz ehrlich, diese Veränderungsdynamik ist die Politik nicht wirklich gewohnt. Also sie ist nicht gewohnt, mit so komplexen Systemen auch umzugehen. Wir erleben das ja jetzt in der Corona-Pandemie und genauso erleben wir das auch in der Klimakrise. Ich verstehe auch, und ich halte das auch für wichtig, ich verstehe diese quälende Ohnmacht der jungen Menschen. Ich versteh‘ das.

 

Der „Standard“ hat das in einem Artikel sehr gut betitelt, diese quälende Ohnmacht der Jungen, wo sie sagen, wir fühlen uns ohnmächtig und hilflos. Wir sind wütend, traurig und verzweifelt, verspüren Zukunftsangst. Und dies trifft auch generell unfassbar stark in

 

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