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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 20.12.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 98 von 137

 

Streit stellen? Das Erste, von dem ich behaupten würde, dass wir es gemeinsam außer Streit stellen können, ist, dass wir mit der Klimakrise einer großen Bedrohung gegenüberstehen und damit eine tatsächlich große Herausforderung zu meistern haben. Wurscht, in welcher Art und Weise, wir müssen da irgendwas machen, und zwar jetzt und nicht irgendwann.

 

Die zweite Sache, die ich selbstverständlich und gerne außer Streit stellen wollen würde - und ich gehe davon aus, dass Sie da mitgehen -, ist, dass wir 2019 gemeinsam mit den Zielen der Smart-City-Strategie beschlossen haben, den motorisierten Individualverkehr im Binnenverkehr in den nächsten 8 Jahren auf 15 Prozent zu senken. Jetzt haben wir einen Stand von 27 Prozent, das heißt, in den nächsten 8 Jahren müssen wir diesen Anteil des motorisierten Individualverkehrs, sprich, Autofahren, um fast 40 Prozent reduzieren. - Auch eine große Herausforderung, das müssen wir irgendwie bewältigen.

 

Das Nächste, was ich außer Streit stellen wollen würde, ist, dass die jungen Menschen, die sich für Klimaschutz engagieren, das deswegen machen, weil sie sich für ihre Zukunft einsetzen, weil sie wissen - nämlich erste Außerstreitstellung, die wir am Anfang hatten -, dass, wenn wir jetzt nichts tun, es für sie ziemlich schlimm ausschauen wird. Das heißt, deren Engagement ist nachvollziehbar und ernsthaft.

 

Was können wir noch außer Streit stellen? Die Donaustadt hat ein massives Verkehrsproblem. Das müssen wir lösen, können wir außer Streit stellen. Das Nächste, was wir außer Streit stellen können: Die Bevölkerung in Wien wächst, am stärksten übrigens in der Donaustadt. Dann (Zwischenruf.) - nur damit die Leute wissen, was es nach 2 Stunden und 40 Minuten für unsinnige Zwischenrufe gibt, dass es nämlich die Zuwanderung wäre. Ich glaube, auch da können die Evidenzen darauf hinweisen, dass die meiste Zuwanderung tatsächlich innerhalb von Österreich stattfindet. Aber lassen wir das. Die nächste Sache, die wir möglicherweise außer Streit stellen können, weil es so ist, aber auch da kommen wir jetzt in den Bereich, wo vielleicht Interpretationen möglich sind, ist nämlich, die Lobau-Autobahn und der Lobau-Tunnel kommen nicht. Damit ist eine vierspurige Verbindung zwischen der Südosttangente und der Lobau-Autobahn vielleicht nicht mehr so dringend - um es genau zu sagen -, nicht in dieser Dimension nötig, wie vielleicht vor zehn Jahren geglaubt. Das heißt, die wesentliche Frage - und auch da können wir fragen, ob wir das außer Streit stellen wollen oder nicht - ist, wie entlasten wir die Donaustadt möglichst klimafreundlich vom Verkehr. Ich denke, dass es dazu sehr, sehr viele Vorschläge gibt, übrigens auch von Ihrem jetzigen und neuen Koalitionspartner, den NEOS. Ich glaube, dass da sehr, sehr vieles machbar ist.

 

Aber was meiner Meinung nach auch noch außer Streit gestellt werden sollte, ist, weil wir das schon vorher außer Streit gestellt haben, dass die Jugendlichen sich mit gutem Grund für ihre Zukunft engagieren, dass es wohl einer Klimamusterstadt Wien nicht würdig ist, diese jungen Menschen, die sich für eine lebenswerte Zukunft einsetzen, mit Drohungen einzuschüchtern. Und selbst wenn der Kollege Al-Rawi es nicht als Drohung empfindet, ist es doch so. Einfach so etwas gesagt zu bekommen, wie: Sofern die Behinderung der Bauführung nicht umgehend beendet wird, ist die Stadt Wien gezwungen, sämtliche ihr zur Verfügung stehenden rechtlichen Schritte einzuleiten, um die entstandenen Schäden einzufordern. (Zwischenruf.) - Natürlich ist es rechtsstaatlich, sage ich auch nicht, aber dass das als Drohung empfunden werden kann, kann man schon auch nachvollziehen.

 

Es gibt ja auch die rechtlichen Möglichkeiten, das Projekt abzuändern. Das Verkehrskonzept zu redimensionieren, wird wahrscheinlich nicht so lange dauern, wie die Kollegin Abrahamczik das befürchtet hat, denn bei einer Umweltverträglichkeitsprüfung geht es ja genau darum, die Auswirkungen von Projekten auf die Umwelt zu prüfen. Und wenn etwas kleiner gemacht wird und daher weniger Auswirkungen haben wird als das größere Projekt davor, glaube ich nicht, dass das so lange dauert.

 

Und dann möchte ich noch einen letzten Aspekt ansprechen, nämlich die Frage, wie man einen Dialog aufbaut beziehungsweise wie man vielleicht aus einer Sackgasse herauskommt. Wir haben Beschlüsse. Es gibt immer wieder Projekte, die natürlich auf Beschlüssen aufbauen. Ich möchte zum Beispiel darauf hinweisen, dass zu Anfang meiner gemeinderätlichen Tätigkeit ein Bauprojekt im Otto-Wagner-Areal natürlich auf Beschlüssen aufgebaut wurde. Es gab aber massiven Protest dagegen. Die Stadt Wien hat sich auf einen Dialog eingelassen und hat gemeinsam mit den Protestierenden eine Redimensionierung erarbeitet, auf die jetzt dieselbe Stadt Wien, die vorher etwas anderes beschlossen hat, stolz ist. Ein anderes Beispiel ist mir jetzt eingefallen, nämlich auch sehr umstritten: Der Heumarkt zum Beispiel, beschlossen, noch nicht gebaut, wird radikal geändert auf Grund von politischen - wie soll ich sagen - Einsichten oder wie auch immer. Jedenfalls wird das geändert und es wird mit hoher Wahrscheinlichkeit in einer anderen Form wieder zur Beschlussfassung kommen und daher geändert gebaut werden.

 

Das heißt, auch beschlossene Projekte können, aus welchen Gründen auch immer, anders kommen, als sie beschlossen worden sind, weil man da aus unterschiedlichen Gründen die Rahmenbedingungen anders einschätzt. Und diese Bereitschaft würde ich mir von Ihnen, sehr geehrter Herr Bürgermeister, und auch von Ihnen, sehr geehrte Frau Stadträtin, wünschen, nämlich die Frage, was können wir außer Streit stellen und - nämlich die wesentliche Frage - wie können wir die Donaustadt möglichst klimafreundlich vom Verkehr entlasten, auf eine Art und Weise zu einer Lösung bringen, die eine Mehrheit von Ihrem Impetus überzeugt, die Klimamusterstadt Wien tatsächlich zu einer Klimamusterstadt zu machen, sie beizubehalten und vor allem die selbstgesteckten Ziele der Smart-City-Rahmenstrategie auch einhalten zu können. Es würde mich freuen, Sie auf diesem Weg zu begleiten.

 

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