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Gemeinderat, 20. Sitzung vom 23.02.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 80 von 128

 

und auch möglich ist, mehrsprachige Information zur Verfügung zu stellen. Das war begrüßenswert. Und im Hinblick darauf stellt man sich natürlich die Frage, warum das in Bezug auf die MA 35 nicht der Fall ist.

 

Jetzt komme ich zum zweiten beziehungsweise zum dritten Antrag. Bei diesen Anträgen handelt es sich um zwei Forderungen des „Black Voices“-Volksbegehrens. Auch aus aktuellem Anlass möchten wir die Schwarze Geschichte sichtbar machen. Sie wissen ja, dass der Feber im Zeichen des Black History Month steht, und daher haben wir uns gedacht, dass das der richtige Zeitpunkt wäre, diese Anträge einzubringen. Und auch das Volksbegehren geht hier ja weiter.

 

Bei dem einen diesbezüglichen Antrag geht es grundsätzlich darum, dass rassistische und auch kolonialistische Straßennamen in Wien einfach der Vergangenheit angehören sollen. Rassistische und kolonialistische Straßennamen normalisieren sich nämlich mit der Zeit, sie verewigen etwas, und damit normalisiert sich auch die rassistische Sprache, die heutzutage wirklich nicht möglich sein sollte, und zwar schon gar nicht mitten in Europa und schon gar nicht im Jahr 2022.

 

Ich weiß nicht, wie es Ihnen oder wie es euch geht, aber immer, wenn ich kolonialistische beziehungsweise rassistische Straßennamen höre wie zum Beispiel Mohrengasse beziehungsweise Columbusgasse, fällt mir sofort ein: Das ist rassistische Sprache und kolonialistisches Gedankengut. (Zwischenrufe.) Die Kollegen von der FPÖ und von der ÖVP schütteln jetzt den Kopf. Ob es Ihnen aber passt oder nicht: Das ist nun einmal rassistische Sprache, und mit der Zeit werden wir es auch in Wien nicht zulassen, dass sich die rassistische Sprache sozusagen normalisiert! Jedes Mal, wenn ich rassistische oder kolonialistische Straßennamen lese, fällt mir sofort auch Ausbeutung und systematische Verfolgung ein, und ich meine, auch Sie müssen einsehen, dass das nicht mehr zeitgemäß ist!

 

Es ist einfach paradox, wenn man auf der einen Seite die Menschenrechtsstadt Wien lobt und gleichzeitig gegen die Umbenennung von rassistischen und kolonialistischen Straßennamen ist. Ich meine, dass Sie irgendwo jetzt einen Strich ziehen und konsequent gegen diese veraltete Praxis vorgehen müssen. - Wir werden auch in formeller Hinsicht die sofortige Abstimmung dieses Antrages fordern.

 

Beim anderen diesbezüglichen Antrag, den wir einbringen, geht es grundsätzlich darum, dass wir meinen, dass es auch Aufgabe der Politik ist, Rassismus und Benachteiligung auf verschiedenen Ebenen und somit auch auf Verwaltungsebene zu bekämpfen. In diesem Zusammenhang bringen wir einen Antrag ein, in dem wir Herrn Bgm Michael Ludwig dazu auffordern, einen Antirassismus-Beauftragten beziehungsweise eine Antirassismus-Beauftragte für die Stadt Wien zu ernennen. Diese Person soll vornehmlich eine schwarze Person oder eine Person of Color sein. - Auch diesfalls beantragen wir in formeller Hinsicht die sofortige Abstimmung dieses Antrags.

 

Ich habe jetzt versucht, die Anträge sozusagen auf die Schnelle durchzubringen. Im Grunde genommen wissen Sie nun, worum es geht, denn das „Black Voices“-Volksbegehren ist ja schon seit Monaten bekannt, und es liegt jetzt an Ihnen, inwiefern Sie dem Kampf gegen Rassismus ohne Wenn und Aber hohe Priorität geben.

 

Ich werde mir jetzt noch den weiteren Antrag der Kollegin anhören, und vielleicht melde ich mich dann noch einmal zu Wort. - Danke für die Aufmerksamkeit.

 

Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau GRin Mag. Hungerländer. Bitte, Sie sind am Wort.

 

17.50.03

GRin Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP)|: Verzeihen Sie, dass wir ein bisschen amüsiert waren bei den Ausführungen im Rahmen dieser letzten Wortmeldung.

 

Frau Kollegin Aslan! Ich weiß nicht, ob es nicht paradox ist, eine Antirassismus-Beauftragte einsetzen zu wollen und zugleich zu sagen, dass sie aber keine weiße Hautfarbe haben darf. Das ist meines Erachtens ein gewisser rassistischer Ausschließungsgrund, aber das sehen Sie offenbar anders.

 

Wir hatten vorher im Klub übrigens eine Diskussion darüber, welche Kolonien Österreich respektive das Kaiserreich hatte. Wir sind auf eine klitzekleine Kolonie gekommen. Ich weiß nicht, ob Sie diese kennen, aber jedenfalls ist die schwarze Liste unserer Kolonialgeschichte relativ kurz. Sie haben vorhin gesagt - das wurde aber leider unterbrochen, als Sie richtig gut in Fahrt waren -, dass wir von der Volkspartei schuld sind an diesem großen Integrationsversagen, weil wir nichts gemacht hätten.

 

Ich habe jetzt ein bisschen ins Geschichtebuch geblickt. Und was habe ich da gefunden? - Dass der Österreichische Integrationsfonds, der inzwischen sehr gut etabliert ist, 2002 in seinem Leistungsprofil ausgeweitet wurde, also einen Schritt weiter zu dem gemacht wurde, was er heute ist. 2002 war bekanntlich Schwarz-Blau an der Regierung, die Regierung Schüssel I. Es war dies die erste von der ÖVP geführte Regierung seit 30 Jahren und die erste Regierung, die gesagt hat: Wir heben Integration mit dem ÖIF auf ein höheres Level.

 

Dann ging es weiter: Den ersten Staatssekretär für Integration gab es unter einer Regierung, an der die ÖVP beteiligt war, und er hat den ÖIF als bundesweiten Player aufgewertet. Dann wurde Integration auf Ministeriumsniveau gehoben. Auch das geschah unter einer ÖVP-Regierung. Auch Integration als eigenes Ressort und mit einer eigenen Ministerin gab es unter einer ÖVP-Regierung.

 

Jetzt können Sie sagen: Aber davor ist nichts passiert. Und das stimmt. Es ist unbestritten, dass alle Parteien beziehungsweise Fraktionen die Integration der Arbeitsmigranten, die in den 1960er Jahren gekommen sind, verschlafen haben. Wenn es aber darum geht, was auf Bundesebene geschehen ist, dann ist festzustellen: Es war die Volkspartei, die die wichtigen Schritte spätestens ab 2002 gesetzt hat. Das können Sie nicht in Abrede stellen.

 

Kommen wir zum Akt, über den Sie zumindest am Rande gesprochen haben: Der Grund, warum wir diesen Akt ablehnen und auch in den letzten Jahren abgelehnt

 

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