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Gemeinderat, 25. Sitzung vom 27.06.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 6 von 103

 

muss die Antwort der öffentlichen Hand sein, das Vermögen auszuweiten und nicht unseren Kindern soziale Konflikte zu vererben, weil sonst Kapazitätsengpässe bei Schulen, Spitälern oder öffentlichen Verkehrsmitteln drohen könnten. Nachdem nun auch die Niederlande eine Reform der Maastricht-Regeln einfordern, sind die Befürworter des Weiter-So in der klaren Minderheit. Um die Herausforderungen von Klimawandel, Pandemie und Wirtschaftskrise zu stemmen, brauchen wir moderne, zeitgemäße Instrumente. Wir in Europa dürfen uns keine Fesseln anlegen, und ich hoffe, dass die Österreichische Bundesregierung als eine der letzten Befürworterinnen dieser Retropolitik endlich einlenkt und sich der Mehrheit der Mitgliedstaaten und vor allem auch der großen Staaten wie Deutschland und Frankreich anschließt. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

 

Nun aber zurück zu unserem Rechnungsabschluss. Sehr geehrte Damen und Herren! Wir halten unsere Rücklagen auf hohem Niveau, um für alle Notfälle weiterhin bereit sein zu können. Wir haben unseren Finanzpolster im letzten Jahr um 200 Millionen EUR vergrößert. Dieser beläuft sich derzeit auf 2,1 Milliarden EUR. Die Wiener Wirtschaft hat sich im Jahr 2021 rasch aus der tiefen Rezession des Krisenjahrs 2020 erholt. Nachdem das Bruttoregionalprodukt in Wien im Jahr 2020, wie wir alle wissen, um 5,8 Prozent zurückging, lag das Wiener Wirtschaftsjahrwachstum im Jahr 2021 bei plus 5,0 Prozent. Österreich-weit ging die Wirtschaftsleistung im Krisenjahr 2020 mit minus 6,7 Prozent stärker zurück als in Wien, und es zeigte sich Österreich-weit auch eine weniger starke Erholung im Jahr 2021 mit 4,5 Prozent. In den ersten 5 Monaten dieses Jahres zeigten sich die österreichische und die Wiener Wirtschaft in einer Phase eines mehr als robusten Wirtschaftswachstums. Die Erholung nach dem Corona-Schock erfolgte schneller, als zuvor erwartet.

 

In der neuesten Konjunkturabschätzung der Oesterreichischen Nationalbank von Anfang Juni geht man nun davon aus, dass die Verwerfungen der Ukraine-Krise noch einige Jahre dauern werden. Der deutsche Finanzminister sprach vor einigen Tagen noch von bis zu fünf Jahren der energetischen Knappheit, denn die Kampfhandlungen im Zuge der russischen Aggression gegen die Ukraine werden in den nächsten Monaten keinen eindeutigen Sieger hervorbringen. Somit werden wir wahrscheinlich eine Phase des eingefrorenen Krieges erleben werden. Die Sanktionen gegen Russland werden perspektivisch auch länger dauern als der Krieg selbst, womit die Steigerung der Preise der Rohstoffe auf den Weltmärkten insgesamt graduell nur gering abnehmen kann. Insgesamt geht die OeNB davon aus, dass es leider zu weiteren Preisanstiegen bei energetischen und nichtenergetischen Rohstoffen kommen wird und somit die Haupttreiber der Inflation weiterhin aktuell bleiben. Die Nationalbank geht davon aus, dass wir in den Jahren 2023 und 2024 mit 4,2 Prozent beziehungsweise 3,0 Prozent Inflation zu rechnen haben, und ich hoffe, sie hat damit recht und die Inflation wird nicht höher ausfallen.

 

Die durch den Ukraine-Krieg rasant nach oben gestiegene Inflation dämpft die private Kaufkraft und somit die Konsummöglichkeit, welche gesamtwirtschaftlich betrachtet unsere Wirtschaftsentwicklung, insbesondere in den letzten Jahren, immer wieder stabilisierte. Nach einem starken BIP-Wachstum zu Jahresbeginn erwartet die Nationalbank in der vorliegenden letzten Einschätzung im weiteren Verlauf dieses Jahres eine gedämpfte Wirtschaftsentwicklung. Auch in den Folgejahren wird sich die Konjunktur langsamer beschleunigen, die Aufholeffekte bleiben angesichts der unsicheren Lage gering.

 

Das prognostizierte Wirtschaftswachstum liegt nach beachtlichen 3,8 Prozent im heurigen Jahr bei jeweils 1,9 Prozent in den Jahren 2023 und 2024. Als Stadt Wien müssen wir handlungsfähig bleiben, um den Menschen und auch der Wirtschaft zu signalisieren, dass wir dem harten Wind trotzen. Dass wir ihm trotzen können und trotzen werden, haben wir in diesen letzten beiden Corona-Jahren bewiesen, denn auf der Investitionsseite konnten wir mehrere Großprojekte für die Zukunft präsentieren. Erinnern Sie sich: Neben der U-Bahn-Finanzierung in Höhe von 6 Milliarden EUR, die an diesem Mittwoch im Ministerrat beschlossen wird, konnten wir das neue S-Bahn-Infrastrukturpaket mit den ÖBB hier im Landtag präsentieren. Bis 2034 wird massiv in den nachhaltigen Bahnverkehr der Bundeshauptstadt und der Ostregion investiert. Gemeinsam mit dem Bund werden wir 2,4 Milliarden EUR in die Hand nehmen, um die S-Bahn-Wien-Stammstrecke zu modernisieren und den 4-gleisigen Ausbau zwischen Wien-Meidling und Mödling zu vollenden.

 

Anfang Juni durfte ich gemeinsam mit unserem Gesundheitsstadtrat Peter Hacker das neue ambitionierte Investitionsprogramm des nächsten Jahrzehnts präsentieren, das die gesamte Wiener Spitallandschaft prägen wird. Bis inklusive 2030 sichern wir damit für den WiGev ein Investitionsprogramm von 3,3 Milliarden EUR ab und werden noch heuer eine Erhöhung des Investitionskostenzuschusses von 220 auf 370 Millionen im Doppelbudget beschließen. Bis 2040 rechnen wir mit einem Investitionsvolumen von weit über 6 Milliarden EUR.

 

Investitionen erfolgen auch in die technologische Vernetzung und in die digitalen Werkzeuge, mit denen Wiener Kliniken Richtung moderner Zukunft gehen, sowohl im Zusammenhang mit Prävention als auch der Suche nach dem eigenen Gesundheitsdienstanbieter, aber auch hinsichtlich chronischer Krankheiten oder Pflegebedarf werden Informationen, IT-Unterstützung und Auswertung über Wien Digital zur Verfügung gestellt. Bei Terminambulanzen können sich PatientInnen von zu Hause anmelden, um im Kalender der Ambulanz vorgemerkt zu werden. Und mit dem fahrerlosen Robotersystem werden moderne Wege beschrieben. Außerdem kommt keine Klinik mehr ohne digitale Werkzeuge aus. Insbesondere eine flächendeckende WLAN-Versorgung ist als Basis für Prozessdigitalisierung in allen Häusern erforderlich.

 

Ein modernes Spital braucht nicht nur Investitionen in Gebäude, sondern natürlich auch in Menschen und MitarbeiterInnen. Der Gesundheits- und Pflegebereich wächst, wie Sie wissen, und es werden laufend neue

 

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