Gemeinderat, 26. Sitzung vom 21.09.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 80 von 133
Was heißt das aber jetzt, 30.000 neue Kunden für Wien Energie? Rechnen wir einen durchschnittlichen Haushaltsverbrauch von 4.000 Kilowattstunden, reden wir in Summe von 120.000 Megawattstunden, also 30.000 mal 4.000 Kilowattstunden sind 120.000 Megawattstunden. Ich kann das gerne vorrechnen. In alten Zeiten, und auch heute, schließt Wien Energie natürlich mit den Kunden einen Vertrag ab, aber nicht für einen Monat oder für eine Woche, sondern für ein Jahr oder für zwei Jahre. Das kann Wien Energie aber nur machen, wenn dieser Strom und die Fernwärme und das Gas auch vorhanden sind und ich weiß, dass ich auch liefern kann. Das heißt daher, ich muss einmal schauen: Habe ich das Gas, habe ich den Strom, habe ich die Fernwärme? Wenn ich es nicht habe und wenn ich es nicht produzieren kann und wenn ich es nicht vorrätig habe, was muss ich machen? - Ich muss es mir kaufen. Und wo kaufe ich es mir? Da hat halt die Wien Energie die Geschäftspolitik, an der Strombörse, an der Gasbörse, an der Fernwärmebörse in Leipzig kaufe ich mir diesen Strom für das nächste Jahr (Ruf bei den GRÜNEN: Gas!), also Gas im Winter, Strom im Sommer. (StR Dominik Nepp, MA: Gas kaufen, verkaufen, das ist ja dilettantisch!)
Zu alten Preisen hätte mich der Einkauf bei 20 EUR die Megawattstunde 2,4 Millionen EUR gekostet. Bei 100 EUR reden wir schon über 12 Millionen, bei 500 EUR reden wir im Einkauf schon über 60 Millionen EUR, und ich habe jetzt nur 750 EUR für die Megawattstunde gerechnet, da reden wir von 90 Millionen EUR im Einkauf.
Also man sieht, diese Preisentwicklung führt, innerhalb von einem Jahr, 30.000 Haushalte, von 2,4 Millionen EUR Einkauf auf 90 Millionen EUR. Jetzt stellen wir uns vor, jetzt kommt ein großes Unternehmen, das in Wien angesiedelt ist und vielleicht 150 Filialen hat und die brauchen auch Strom, Gas, Fernwärme. Dort ist es genau dasselbe. Das ist das Geschäftsmodell von Wien Energie, und dieses Modell wird auch gelebt.
Was machen Private, was haben die jetzt mit den 30.000 Kunden gemacht? Die haben zum Beispiel vor einem Jahr, als der Strompreis und der Gaspreis und die Fernwärmepreise noch sehr günstig waren, um 20 EUR die Megawattstunde eingekauft. Die haben 2,4 Millionen EUR Einkaufspreis für die Energie gezahlt. Jetzt schaut der in seine Bücher und sieht: Ui, ich könnte ja jetzt diese Energie um 750 EUR die Megawattstunde an der Börse verkaufen. Ich habe aber nur ein Problem, ich habe 30.000 Kunden. So, was macht der Private? Er kündigt und löst die Verträge auf. Natürlich muss er das sauber machen. (StR Dominik Nepp, MA: Na, na, na! So leicht ist das auch nicht!) - Na nicht, na, na, na! Dann erklärt ihr mir bitte: Warum haben wir vor einem Jahr 114 private Energieanbieter in Wien gehabt, und jetzt haben wir 14? Dann erklärt ihr mir das bitte. (StR Dominik Nepp, MA: Weil dort die Stadt Wien nicht einspringt!) Erklärt mir das bitte. Ihr könnt es mir nicht erklären, weil eben diese Strategie so passiert ist. (StR Dominik Nepp, MA: Oida, du bist ja in der Nationalbank! Das ist ja ein Wahnsinn!)
Ich sage auch Folgendes: Wer meint, wir sind jetzt am Ende der Fahnenstange mit der ganzen Diskussion, sollte einmal zuhören, was heute in der Früh der russische Präsident gesagt hat, was eine Teilmobilmachung in Russland bedeutet, was die Bedrohung mit der schlimmsten aller Waffen bedeutet. Glaubt irgendjemand, dass dieser Herr dann davor zurückschreckt, das Gas einfach abzudrehen? Wir stehen am Anfang einer großen Diskussion, und daher appelliere ich an alle, bei aller Kritik, die man auch haben kann und die auch ausgesprochen werden kann: Bitte, wir müssen hier wirklich einen gesamteuropäischen, aber vor allem auch einen österreichischen Schulterschluss haben.
Was die Täter-Opfer-Umkehr von meinem grünen Vorredner Margulies, den ich ja sehr schätze, wie er weiß, betrifft, könnte ich aber auch sagen: Na ja, möglicherweise hat es auch schuldhafte Unterlassung von der Regierung gegeben, denn wenn schon ganz Europa an Rettungsschirmen für die Energiewirtschaft bastelt, und wir sagen in Österreich: Na ja, ist eh alles leiwand und es ist nichts passiert. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Ihr wolltet Gewinne noch abschöpfen bis vor Kurzem! - GR Ing. Christan Meidlinger: Gott sei Dank!) - Das ist ja ein Gewinn, und Gewinn und Preisentwicklung sind zwei unterschiedliche Sachen. (Zwischenruf von GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM.) Nein, aber zum Beispiel die OMV: 6 Milliarden Gewinn im 1. Halbjahr. Aber komisch, gell, wie die Gewinnveröffentlichung war und wie dann die Managementboni veröffentlich worden sind, ist auf einmal sofort der Benzinpreis um 40 Cent pro Liter gesunken. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: ... Managerbonus von der Wien Energie!) - Warum? Erkläre mir den Zusammenhang. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Ich würde gerne einmal die Boni der Wien Energie wissen!)
Man könnte also auch durchaus sagen, die Bundesregierung hat vielleicht ein bisschen gepokert (GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Nein, das kann man nicht sagen! Das wäre nicht wahr!), denn der Herr Finanzminister kennt ja den Strommarkt sehr gut. Er kommt ja aus diesem Geschäft, hat gewartet und hat sich vielleicht schon ausrechnen können, wer da der Erste ist, der da vielleicht ein Problem hat. Ich sage das jetzt genau so, wie du das erzählt hast, halt nur jetzt aus der anderen Perspektive. (Anhaltende Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) Ich unterstelle ihm eh nicht, dass er es gemacht hat, ich erzähle halt nur eine Geschichte.
Dass man dann aus einer vertraulichen Sitzung rausgeht, in die „ZIB 2“ geht und dann noch sagt: „Da ist spekuliert worden! Die sind pleite, und wir müssen jetzt helfen.“ - Also Entschuldigung, das war auch nicht ganz in Ordnung, das müsst ihr auch zugeben. (Zwischenrufe bei ÖVP und GRÜNEN.)
Was diese zwei Stunden betrifft, möchte ich auch darauf hinweisen: Am Sonntag am Abend sind die Probleme aufgepoppt, und in der Pressekonferenz am 31.8., 72 Stunden später, hat der Herr Bundeskanzler mit dem Herrn Finanzminister - ich weiß nicht, wer sonst noch da war - groß verkündet, dass es jetzt die 2 Milliarden gibt. Die gibt es innerhalb von 2 Stunden, wenn wir sagen,
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