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Gemeinderat, 32. Sitzung vom 21.12.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 56 von 115

 

Wenn man sich die Vereinigten Bühnen im Gesamtwerk der Wiener Kulturpolitik anschaut, wäre es halt schön, wenn man eine Kultusstrategie hat, die vor vielen Jahren beschlossen und besprochen und jetzt wieder auf 2030 verschoben wurde. Und da kommt einem sofort das Bild im Kopf, das werdet ihr alle kennen, die meisten von euch kennen vielleicht noch ein Auto ohne Navi: Erinnert euch an die Situation, wenn man irgendwo gefahren ist oder jemand beobachtet hat, der einen Weg sucht, oder er weiß, wohin er möchte, und er kann keinen Plan lesen, oder man versucht, die Karte im Auto irgendwie zu halten, man verfährt sich dauernd und lässt sich vom Beifahrer nichts reinreden. Nur mit viel Glück kommt man vielleicht einmal ans Ziel, aber es braucht viel Zeit, viel Streit, auch im Auto, und vor allem braucht es sehr viel Benzin. Und dann ist man bei der Energieverschwendung, nämlich bei dem, was man alles reinbuttert. Und da sind wir bei der Subvention für die Vereinigten Bühnen. Diese berechtigte, sachliche Kritik an den Vereinigten Bühnen - die Ursula hat es schon angesprochen - ist mittlerweile im Teenageralter angekommen. Seit über zehn Jahren bemängeln nicht nur die Rathauspartien und -parteien, sondern auch der Stadtrechnungshof das Geschehen bei den Vereinigten Bühnen.

 

Rückblick, was bisher geschah: Wiener Gemeinderat, Dezember vor sieben Jahren. - Hier spreche ich jetzt viel mit euch und jetzt auch mit Ihnen, Herr Weber, und die Bettina Emmerling hat heute was sehr Richtiges gesagt, sie hat nämlich das Ibiza-Video angesprochen und gesagt, dass die Politik, wir alle an der Glaubwürdigkeit arbeiten können. Und das ist eine Riesenchance für euch, und ich würde mich sehr freuen, wenn ihr sie ergreift. - Vor sieben Jahren hat hier jemand was gesagt. Ich zitiere: „Es ist nämlich vor allem gerade im Musicalbereich so, dass bei diesem Spielplan sehr viele Tantiemen ins Ausland gehen. Es ist nicht sinnvoll, wenn wir hier unsere Subventionen ins Ausland schicken.“ - Ich erspare uns das Ratespiel, Sie werden wissen, wer es gesagt hat, die Beate Meinl-Reisinger, damalige Kultursprecherin der NEOS. In Sache Glaubwürdigkeit wäre es schön, würdet ihr jetzt einspringen. Wir blicken auf den Spielplan: wieder wenig Eigenproduktionen, wieder 50 Millionen Jahresförderung.

 

Ich erinnere uns alle an einen wichtigen Satz: „In anderen Städten tragen sich solche Bühnen wirtschaftlich von selbst.“ - Sie werden es wieder wissen, wer es gesagt hat, Beate Meinl-Reisinger in einem „Standard“-Interview, die NEOS-Politikerin. Die Kollegin Emmerling hat heute von Glaubwürdigkeit in der Politik gesprochen, es wäre eine Riesenchance für euch, hier einzusetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine geschätzte Kollegin Ingrid Korosec hat heute auch was Richtiges gesagt. Sie sagt überhaupt viel richtige Dinge, aber sie hat bei der Gesundheitspolitik gesagt: „Standort verändert Standpunkt.“ Die Kollegin Emmerling hat heute gesagt: „Bei der Glaubwürdigkeit in der Politik, da gibt es Nachholbedarf.“ - Das wäre auch für euch eine Möglichkeit, hier einzustimmen. Ich bin kein Naivling, ich weiß, wie Politik leider manchmal funktioniert. Man kann sich in einer Koalition nicht immer durchsetzen, das ist mir vollkommen klar. Na, selbstverständlich geht das nicht immer. Aber man kann für etwas einstehen und dann vielleicht auch sachlich begründen, warum das so ist. Vielleicht wollt ihr euren Wählern und Wählerinnen und den Wienern und Wienerinnen gerne auch öffentlich erklären, warum ihr dafür seid, dass die weiter 50 Millionen EUR bekommen?

 

Nächstes Zitat: „Man muss sich schon überlegen, ob in Zukunft dieses Konzept so weitergefahren werden kann, dass wir in diesen Bereich so viel hineinstecken und damit anderen Gruppen,“ - von dir (in Richtung GRin Mag. Ursula Berner, MA) haben wir es gerade gehört - „kleineren Gruppen ganz einfach das Budget wegnehmen.“ - Beate Meinl-Reisinger, die NEOS, Dezember 2015. Die Bettina Emmerling hat heute was von Glaubwürdigkeit in der Politik gesagt. Das wäre eine Möglichkeit, eine Chance für euch, das zu ergreifen, auch als jüngste Bewegung hier im Gemeinderat. Ich finde das eigentlich nicht so lustig, wenn man jetzt darüber lacht. Wer so viel Geld bekommt, steht in der Verantwortung allen Künstlern gegenüber.

 

Liebe Frau Kulturstadträtin, ich höre auch Ihnen sehr aufmerksam zu. Sie haben heute bei der Fragestellung, die zugegebenermaßen sehr kompliziert war und die ich nicht ganz verstanden habe, was vom ethischen Handeln gesagt, wie wichtig Ihnen das ist. Ich glaube, wir gehen d’accord, wenn wir darüber reden, dass ethisches Handeln sowas bedeutet, wie, dass man Menschen gleichbehandelt, dass man ihnen auch ein gleiches Maß an Zuneigung zukommen lässt. Wer so viel Geld wie die Vereinigten Bühnen bekommt, steht in der Verantwortung allen Künstlern gegenüber, die sich grade zur Decke strecken und nicht mehr wissen, wie sie die nächste Miete, den nächsten Einkauf, das nächste Essen bezahlen sollen. Das kann und muss man nun endlich anerkennen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Also frage ich Sie erneut exakt das Gleiche wie im letzten Jahr im Dezember von dieser Stelle: Was bringt die Stadt Wien dazu, einer einzigen Institution 50 Millionen EUR zu überweisen, einer Institution, die erst vor 9 Jahren hier vom Gemeinderat aufgefordert werden musste, ein Zukunftskonzept zu erstellen? Die muss man erst bitten, ein Konzept zu erstellen. Entgegen der Beschlüsse und Versprechen hier in dem Haus, kann jeder nachlesen, eine saftige Erhöhung nach der anderen, innerhalb von 10 Jahren von 36,35 Millionen EUR auf 50 Millionen EUR im Jahr. Natürlich wissen wir alle von der Pandemie, wir wissen alle von der Teuerung und natürlich - wie das die Ursula schon gesagt hat - muss die öffentliche Hand auch hier helfen. Aber warum muss sie das alleine und in diesem Ausmaß tun? Da wir ja nicht zum allerersten Mal darüber sprechen, kenne ich auch viele Ihrer Argumente schon. Ich gehe gerne darauf ein, Frau Kulturstadträtin. Sie sagen, wie wichtig die Vereinigten Bühnen für den Wien-Tourismus sind. „Fair enough“, aber dann nennen wir das Kind beim Namen: Tourismusförderung! Warum muss man auf das ohnehin schon knapp bemessene Kulturbudget zugreifen? Sie sagen im Gespräch immer wieder, es gebe lückenhafte Corona-Hilfen des Bundes.

 

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