Gemeinderat, 54. Sitzung vom 22.05.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 58 von 109
eingekehrt, und man kann mit dem Bau zumindest von einigen Baufeldern in der Seestadt Nord beginnen.
Aber wenn Sie glauben, das war die Spitze des Eisberges, muss ich sagen, nein, da wird Wien zum Wiederholungstäter. Dieselben Tricks wendet man jetzt beim Oberen Hausfeld an. Das ist wirklich ein tolles Projekt, ich war letzte Woche beim Spatenstich: Zwei U-Bahn-Stationen, eine Straßenbahn, Busse, eigentlich ein autofreier Stadtteil, denn es gibt nur zwei Sammelgaragen am Ende, wirklich ein ganz tolles Stadtentwicklungsgebiet. Und was passiert dort wieder? Derselbe Schmäh, aber noch schlimmer. Der Teil, der nördlich der Stadtstraße liegt - die geht übrigens mitten durch diesen Stadtteil durch -, der darf erst dann besiedelt - und die Betonung liegt auf besiedelt - werden, wenn die S1-Spange, die Lobau-Autobahn und der Lobau-Tunnel, gebaut sind. Können Sie sich das vorstellen? (GR Mag. Manfred Juraczka: Na geh!?) Sagen Sie mir einen Bauträger, der dort ein Gebäude hinstellt und wartet … (Zwischenruf von GR Mag. Josef Taucher) - lesen Sie die UVP, Kollege Taucher - und wartet, bis die UVP so weit ist. Gibt es irgendeinen Bauträger auf der Welt, der so etwas macht? Nein, der müsste verrückt sein, sagen wir einmal so.
Ich möchte jetzt diesen Bauträger sprechen lassen, denn das war der Grund, warum ich mich jetzt zu Wort gemeldet habe: eine Pressekonferenz heute Vormittag im Landtmann. Für mich war das historisch, dass sich Bauträger mit Umweltorganisationen hinsetzen und gemeinsam ein Anliegen vertreten. Was war dieses Anliegen? Man hat gemeinsam gestern einen Antrag eingebracht, um diese unselige Verknüpfung von sozialem Wohnbau mit Autobahnen aufzulösen. Das ist gestern passiert, das wurde heute den Medien präsentiert, und ich habe den Leuten gratuliert, auch für ihren Mut, dass sie das machen, denn ich kann mir vorstellen, dass darüber nicht alle ganz glücklich sind, hier in diesem Saal oder in diversen Magistratsabteilungen.
Das war der Grund, warum ich mich heute zu diesem Geschäftsstück zu Wort gemeldet habe, und ich möchte Ihnen jetzt im Anschluss nur diese drei Zeilen vorlesen, die in der Presseaussendung stehen, wo der Bauträger selbst zu Wort kommt: Unser Projekt, das sich durch zwei U-Bahn-Stationen und eine Busanbindung hervorragend erschlossen hat, hat sich in den letzten zwölf Jahren - so lange geht das schon - zu einem vorbildlichen autofreien Pionier-Städtebauprojekt entwickelt. Es gibt keine Notwendigkeit, diese dritte Bauphase mit den übergeordneten Straßenprojekten zu verknüpfen. Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, gemeinsam mit unseren Partnern - Umweltorganisationen - eine Projektänderung zu erarbeiten, die nun eingereicht wurde. Sämtliche Gutachten - die haben Gutachten machen lassen auf ihre eigenen Kosten - belegen, dass unser Wohnbauvorhaben mit überwiegend leistbarem Mietwohnraum und bestehender Infrastruktur eindeutig umweltverträglich ist.
So etwas hat es noch nicht gegeben in Wien, dass sich die Wohnbauträger, die seit zwölf Jahren dort reinhackeln … Und voriges Jahr kommen Sie plötzlich daher mit einer UVP, die diesen Wohnbau mit drei Autobahnen verknüpft. Leute, das ist unwürdig und deswegen auch meine Wortmeldung heute. Noch einmal, die Widmung, das Geschäftsstück ist super, da stimmen wir zu. Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist GRin Däger-Gregori, und ich erteile es ihr. Bitte, Frau Gemeinderätin.
GRin Luise Däger-Gregori, MSc (SPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren am Livestream!
Ich möchte kurz auf die Einwände unserer Kollegin Sequenz eingehen. Es gibt unterschiedliche Rechtsansichten, da sind wir uns einig. Der Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan und die UVP fußen jeweils auf unterschiedlichen Rechtsmaterien. Das heißt, das sind keine gleichen, sondern unterschiedliche Rechtsmaterien, zwischen denen es keinen unmittelbaren Zusammenhang gibt und die jeweils unabhängig voneinander eingehalten werden müssen. Insofern ist es also völlig unerheblich, ob für ein Städtebauprojekt zuerst ein Flächenwidmungs- und Bebauungsplan erlassen wird oder zuerst eine UVP abgeschlossen wird.
Im konkreten Fall der Seestadt liegt eine genehmigte UVP vor, auf Grund der Auflagen, Verkehrsfreigabe der Anschlussstelle S1-Spange Seestadt Aspern, Stadtstraße Aspern, dürfen einzelne Bereiche der Seestadt derzeit noch nicht bebaut werden. Dies stellt jedoch im Sinne des obigen Grundsatzes für die Gemeinde kein Hindernis dar, für die betreffenden Bereiche Flächenwidmungs- und Bebauungspläne zu erlassen.
Im Übrigen ist bei der Behörde ein Änderungsverfahren anhängig, das auf eine Änderung der ursprünglichen Auflagen des UVP-Bescheides dahin gehend abzielt, dass ein weiterer Teil der Seestadt im Zusammenhang mit der in Umsetzung befindlichen Stadtstraße Aspern umgesetzt werden kann. Derzeit läuft die öffentliche Begutachtung, die 3420 als Antragstellerin rechnet bis zum Sommer mit einer Entscheidung.
Tatsache ist, dass die Kapazität der Stadtstraße in Abhängigkeit vom Bau der Spange ist. Die Stadtstraße ist also so konzipiert, dass sie zunächst den Verkehr für eine Anfangsphase der Seestadt Nord bewältigen kann, die volle Entwicklung des Gebietes ist jedoch an den Bau der Spange geknüpft. Solange die Spange nicht realisiert ist, können nach aktuellen Schätzungen zirka 15 bis 20 Prozent - nageln Sie mich jetzt nicht fest - der geplanten Gebäude errichtet werden. Das Vorantreiben der Stadtstraße soll bessere Voraussetzungen schaffen, doch die vollständige Umsetzung des Stadtteils bleibt abhängig von der Spange.
Die Entwicklungsagentur 3420, das habe ich schon erwähnt, hat ein Ansuchen für diesen Abänderungsbescheid eingereicht, das befindet sich in Prüfung. Im Sommer werden wir diese erwarten. Dies ist ein wichtiger Schritt, um trotz der bestehenden Einschränkungen durch die noch nicht gebaute Spange, die dort vorherrschen, zumindest Teile des Projektes umsetzen zu können. Eine positive Erledigung dieses Ansuchens würde es ermöglichen, einzelne Gebäude im Rahmen der bestehenden Straßeninfrastrukturkapazitäten zu errichten.
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