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Gemeinderat, 54. Sitzung vom 22.05.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 66 von 109

 

garantierte Freiheit der Kunst und Wissenschaft einschränken, haben allerdings in den Richtlinien zur Fördermittelvergabe nichts verloren.

 

In der gegenwärtigen Zeit ist es umso wichtiger, soziale Räume zur Reflexion von Geschichte und zur Stärkung der Demokratie zu schaffen und diese - wie etwa das Wien Museum - einem breiten Publikum zu erschließen. Dieses bietet Räume, in denen eine Kultur des differenzierten Austausches über unterschiedlichste Haltungen und Perspektiven möglich ist. Selbstverständlich müssen Diskussionen zu den Herausforderungen, vor die uns neue Phänomene des Antisemitismus und des politischen Extremismus stellen, geführt werden. Generell muss mehr gesprochen werden, diese Sensibilisierung muss aber gesamtgesellschaftlich und auf allen Ebenen stattfinden, in den Medien, im Bildungsbereich und in den wissenschaftlichen Einrichtungen.

 

Von daher bin ich überzeugt, dass mehr miteinander zu reden, auch dazu führt, dass wir mehr Demokratie und mehr Frieden haben. - Danke. (Beifall bei SPÖ, NEOS und GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Ich danke dem Herrn Bürgermeister für die Beantwortung.

 

Ich eröffne die Debatte, wobei ich bemerke, dass die Dauer der Diskussion mit maximal 180 Minuten festgelegt ist. Zur Debatte über die Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich Frau GRin Mag. Sachslehner zu Wort gemeldet. Die Redezeit beträgt 20 Minuten. Bitte schön.

 

16.44.38

GRin Mag. Laura Sachslehner, BA (ÖVP)|: Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Sehr geehrte Stadträtin beziehungsweise Stadträtinnen, denn es sind ja beide anwesend! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Dass wir heute in einer Dringlichen Anfrage über das Thema Antisemitismus diskutieren müssen, entbehrt nicht einer gewissen Tragik. Herr Bürgermeister! Ich werde dann ausführlich auf Ihre Antworten eingehen, lassen Sie mich aber eingangs festhalten: Niemand bestreitet, dass es nicht eine Reihe von Förderungen seitens der Stadt Wien für wichtige Institutionen gibt, die sich auch dem Kampf gegen Antisemitismus verschrieben haben. Das trifft absolut zu. Wenn es aber darum geht, aktuelle Herausforderungen in der Stadt zu benennen, wenn es darum geht, das eigene Versagen im Kulturbereich aufzuarbeiten, dann sieht man dennoch leider genau das, was wir schon in vielen anderen Bereichen bei der SPÖ sehen, und zwar: Man will nichts davon hören, man versucht, es wegzudiskutieren, zu ignorieren, man versucht vielleicht sogar, die Schuld anderen zuzuschieben und wartet so lange, bis es dann eskaliert. Und das ist natürlich bei einem so sensiblen Thema und vor allem auch so entscheidenden Thema gerade für eine Stadt wie Wien natürlich mehr als beschämend. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich frage Sie auch gleich eingangs: Man müsste meinen, dass wir eigentlich schon weiter waren. Hatten wir denn nicht schon einen gesellschaftlichen und auch politischen Konsens hier in dieser Stadt, dass wir alles gegen Antisemitismus und Israel-Hass zu tun haben? Hatten wir nicht schon einen Konsens, dass wir jegliche Unterstützer der BDS-Bewegung in unserer Stadt nicht haben wollen, dass diese hier keinen Platz bekommen dürfen? Hatten wir denn nicht schon eine Reihe von Beschlüssen hier in diesem Haus, in welchen wir uns genau dagegen aussprechen? Und waren wir alle uns nicht schon lange einig?

 

Bis vor wenigen Monaten hatte ich zumindest den Eindruck, dass wir Antisemitismus niemals in unserer Stadt Tür und Tor öffnen, auch nicht durch irgendwelche angeblichen künstlerischen Avancen. Wo ist denn dieser gesellschaftliche Konsens auf einmal hingekommen? Plötzlich stehen wir da und müssen das auf diese Art und Weise diskutieren. (Bgm Dr. Michael Ludwig: Sie wollen das diskutieren! - GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Alle Menschen in dieser Stadt wollen das diskutieren.) Herr Bürgermeister! Wir müssen diskutieren, ob es zulässig ist, dass Unterstützer einer antisemitischen Bewegung beziehungsweise einer Bewegung, die vom Nationalrat als antisemitisch eingestuft wird, hier bei den Festwochen eine Bühne bekommen. (GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Erst haben Sie gesagt, dass Sie darüber diskutieren wollen, und jetzt wollen Sie nicht mehr reden!) Herr Bürgermeister! Natürlich müssen wir darüber sprechen, denn Sie sagen hier in einer Beantwortung, dass es zwar Sanktionen geben würde, wenn Vereine oder Projekte antisemitische Umtriebe unterstützen. Dass Sie aber im Fall der Festwochen in diesem Zusammenhang lediglich eine künstlerische Auseinandersetzung sehen, das ist der Skandal, und das ist das Problem, weswegen wir heute hier stehen müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich möchte aber auch ganz kurz Revue passieren lassen, wie sich denn die ganze Situation rund um die Festwochen entwickelt und zugespitzt hat. Ich muss nämlich ganz ehrlich sagen, dass am Ende des Tages in einer Art und Weise mit diesem Thema umgegangen wird, wie es nicht einmal ich für möglich gehalten hätte.

 

Fangen wir an: Wir als Volkspartei haben schon vor einigen Monaten darauf aufmerksam gemacht, dass die Persönlichkeiten Annie Ernaux und Yanis Varoufakis mehr als problematisch sind und dass es mehr als problematisch ist, dass diese bei den Festwochen eine Bühne bekommen sollen. Ja. Beide sind nicht persönlich vor Ort gewesen. Wenn man aber solche Menschen seitenweise in Interviews verteidigt, wenn man ihnen die Mitgliedschaft in einem Gremium zur Verfügung stellt, wenn man sich dazu bemüßigt fühlt, sie in jedem Programmheft und auf jeder Homepage abzudrucken, dann ist das natürlich eine politische Bühne, die sie bekommen. Wir haben hier eigentlich schon vor einigen Wochen einstimmig einen Beschluss gefasst, dass wir die Veranstalter der Festwochen dazu aufrufen, von dieser Einladungspolitik abzusehen, das zu überdenken und das Gremium vielleicht anders zu besetzen.

 

Ich möchte noch ganz konkret dazu sagen: Yanis Varoufakis hat direkt nach dem Terrorangriff am 7. Oktober ein Video gemacht, in dem er von einem Akt des Widerstandes spricht und die Hamas-Terroristen als Kämpfer für den Widerstand bezeichnet. So jemand bekommt in Deutschland übrigens ein Einreiseverbot wegen antisemitischer und Israel-feindlicher Propaganda. Hier bei uns in Wien wird er jedoch hofiert und verteidigt, und das ist wirklich mehr als traurig! (Beifall bei der ÖVP.)

 

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