«  1  »

 

Gemeinderat, 54. Sitzung vom 22.05.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 67 von 109

 

Bevor jetzt wieder das Argument kommt, es sei Mitwirkenden der Festwochen unbenommen, wen sie verteidigen und wen nicht: Frau Kulturstadträtin! Sie haben sich beim letzten Gemeinderat selber persönlich hier hergestellt und es für notwendig erachtet, beide Persönlichkeiten nicht nur zu verteidigen, sondern zu sagen, dass es wichtig ist, dass in Wien solche Positionen auch diskutiert werden, dass Wien ein Ort des Dialogs bleibt und dass es wichtig ist, dass solche Meinungen heute auch in Wien diskutiert werden. Der Herr Bürgermeister hat es ähnlich formuliert. - Ich sage es noch einmal: Antisemitismus ist keine Meinung, und es ist auch keine Meinung, das Existenzrecht des Staates Israel in Frage zu stellen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wir brauchen in Wien keine Plattform, auf der wir so etwas diskutieren. Wien braucht keine Bühne zu sein, wo Menschen menschenverachtendes Gedankengut diskutieren und zum Ausdruck bringen wollen, in welcher Art auch immer. Nein! Ich bin zutiefst überzeugt davon, dass wir das in Wien nicht brauchen! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Dann hat man sich dazu entschlossen, den Intendanten zu uns in den Ausschuss einzuladen, um mit ihm darüber zu diskutieren, wie mit dieser Situation umzugehen ist. Das ist jener Intendant, der davor in seitenlangen Interviews beide Persönlichkeiten und diese Entscheidungen verteidigt hat. Dieser Intendant kommt also zu uns in den Ausschuss und ist sich natürlich überhaupt keiner Fehler in diesem Zusammenhang bewusst. Man spricht dann dort davon, Österreich müsse sich mit seinen Tätertraumata auseinandersetzen. Das ist jetzt ein wörtliches Zitat des Intendanten, das sind nicht meine Worte. Weiters sagt er, dass man weiterhin einen Ort des Dialogs darstellen müsse und dass gerade die Festwochen eine hervorragende Chance dafür bieten, dass man sich damit auseinandersetzt. Und genau deswegen dürfe man auch BDS-Unterstützer nicht boykottieren und auch nicht ausschließen.

 

Wieder frage ich Sie: Wo ist denn bitte Ihr Verständnis für das dunkelste Kapitel unserer Geschichte? (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Da redet die Richtige!) Wo ist denn Ihre Verantwortung gegenüber unseren Gemeinderatsbeschlüssen, die wir hier treffen. Wo ist Ihre Verantwortung gegenüber der jüdischen Gemeinde, die sich übrigens auch selbst mehrfach kritisch dazu geäußert hat. Die IKG hat nicht nur in Bezug auf die Rede auf dem Judenplatz, sondern auch in Bezug auf die Einladungspolitik von Annie Ernaux und Yanis Varoufakis klar und deutlich gemacht, dass sie das nicht wünschen und dass sie darum bitten, davon abzusehen, doch leider ohne Erfolg. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Liebe Kollegen von der SPÖ! Ich glaube Ihnen ja, dass Sie persönlich nicht mit der BDS-Bewegung anstreifen wollen und dass Sie wahrscheinlich zu großen Teilen deren Ideale auch nicht teilen. Ich weiß, dass zum Beispiel ein Mensch wie Annie Ernaux für viele in ihrer politischen Gruppierung eine Ikone ist. Ich weiß, dass man sie für viele andere Ideen, wenn es etwa um den Kampf für Frauenrechte und dergleichen geht, feiert und hochleben lässt. Trotzdem muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen: Es ist es mehr als fragwürdig und auch traurig, dass man bei den Festwochen nicht dazu bereit ist, von solchen Entscheidungen abzusehen, dass man nicht dazu bereit ist, einfach einen Schritt zurückzugehen und zu sagen: Wir laden jemanden aus, der offensichtlich ohnehin nicht vorhat, hier persönlich zu erschienen. Es ist für mich unverständlich, dass man nicht dazu bereit ist, eine solche Person auszuladen oder aus diesem Gremium zu streichen.

 

Ich unterstelle den Festwochen in diesem Zusammenhang leider auch - ich meine, das hat sich in den letzten Wochen sehr deutlich gezeigt -, dass man unter Umständen persönlich, so wie der Intendant gesagt hat, die BDS-Bewegung nicht unterstützt, dass man aber genau mit jenem Israel-Hass spielt, der aktuell bei vielen linken Gruppierungen en vogue ist. Und dabei spielt eben auch Antisemitismus eine Rolle, und zwar einzig und allein aus dem Grund, weil man provozieren will und weil man diese Leute braucht, um die Festwochen zu füllen, und das können wir niemals unterstützen! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wir haben in einem anderen Zusammenhang vor einigen Wochen eine Anfrage an Sie, Frau Stadträtin, zu einem anderen Projekt gerichtet, und dabei sind Sie darauf eingegangen, welche Sanktionsmöglichkeiten es geben würde, wenn es bei einem Projekt antisemitische oder extremistische Tendenzen gibt. Und der Bürgermeister hat es vorher in seiner Anfragebeantwortung dort, wo es um Widerruf und Rückforderung oder gegebenenfalls eine strafrechtliche Anzeige geht, auch wortwörtlich genau so wiedergegeben. Das klingt auf den ersten Blick auch sehr richtig für mich. Wenn man sich dann aber den Umgang mit den Festwochen genau ansieht, dann muss man sagen: Das sind nichts als leere Worthülsen und irgendwelche Lippenbekenntnisse! Wo sind denn die entsprechenden Handlungen im Fall der Festwochen? Wo sind denn die Sanktionsmechanismen? Wir vergeben fast 14 Millionen EUR Förderung an ein Projekt und können nicht darüber entscheiden, ob Unterstützer der BDS-Bewegung dort eine Bühne bekommen oder nicht! Das ist grotesk! Natürlich braucht es hier Konsequenzen. Natürlich braucht es hier Sanktionen. Natürlich müssen wir auch darüber diskutieren, ob eine Förderung in Höhe von 14 Millionen EUR in diesem Zusammenhang wirklich gerechtfertigt ist. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Um das Thema nicht nur an den Festwochen festzumachen, obwohl das natürlich in den letzten Wochen besonders im Vordergrund stand: Wir wissen, dass es diesen problematischen Umgang seitens der Sozialdemokratie und zum Teil auch der NEOS tendenziell hier in Wien in diesem Zusammenhang gibt, und wir wissen auch aus anderen Bereichen, dass der Umgang mit diesem Thema ein sehr schwieriger ist. Meine Kollegin Caroline Hungerländer wir dann später noch auf einige Aspekte eingehen.

 

Ich möchte jetzt aber noch zwei Punkte herausgreifen. Wir wissen seit Jahren, dass es in Wien eine Vielzahl von antisemitischen Schmierereien gibt. Deren Anzahl ist seit dem 7. Oktober letzten Jahres explodiert, diese sind aber nicht erst seit diesem Zeitpunkt aufgetaucht. Das gab es schon Jahre zuvor, und wir haben jahrelang gefordert, dass sich in diesem Bereich etwas tun muss. Wir mussten uns allerdings jahrelang anhören, wie das Thema lächerlich gemacht wurde. Man hat behauptet, dass man solche

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular