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Gemeinderat, 54. Sitzung vom 22.05.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 79 von 109

 

passt denn das eigentlich zusammen? Es gibt einen theoretischen Ankerpunkt, und dieser Ankerpunkt ist die gemeinsame Ablehnung des imperialistischen Westens, der Minderheiten unterdrückt, Minderheiten wie People of Color, Minderheiten wie Muslime, Minderheiten wie LGBT-Personen unterdrückt. Die Logik ist, dass man gegen diese Unterdrücker gemeinsam vorgeht, und so kommt es eben zustande, dass „Trans for Palestine“ demonstrieren geht, so kommt es zustande, dass „Fridays for Palestine“ demonstrieren geht, deswegen gibt es einen Verein „Dar al Janub“. Das ist die innere Logik dieses Vereins, in dem sich Linksradikale und Islamisten zusammenfinden. Meine Damen und Herren, ich erinnere Sie an den Verein „Dar al Janub“, der Hamas-Postings geteilt hat, der einige andere zutiefst antisemitische Sachen geteilt hat, der immer noch in einem Gemeindebau im 16. Bezirk residiert und der dort immer noch gemeinsam mit der BDS-Bewegung - jene BDS-Bewegung, die wir hier gemeinsam verurteilt haben - Veranstaltungen abhält. Meine Damen und Herren, dagegen haben Sie nichts getan, aber ich sage Ihnen, der Ankerpunkt, an dem diese zwei Strömungen zusammenlaufen, ist die gemeinsame Ablehnung des Westens, und das müsste uns zutiefst verunsichern. (Beifall bei der ÖVP.) Es ist also eine toxische Allianz, mit der wir es zu tun haben, eine toxische Allianz von neuen antisemitischen Narrativen, auf die wir Antworten in der richtigen Sprache finden müssen.

 

Geschätzte Damen und Herren, wir haben uns „Nie wieder!“ zum Ziel gesetzt, wir alle gemeinsam. Wir haben es so häufig beschworen und wir haben, glaube ich, alle sehr redlich daran gearbeitet, aber vielleicht ist „Nie wieder!“ ein Teil des Satzes. Vielleicht lautet der Satz „Nie wieder so“ und der zweite Teil des Satzes „und auch nie wieder anders“. Nie wieder so wie damals, aber auch niemals auf eine andere Weise. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Geschätzte Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss meiner Rede einen Gedanken mitgeben. Gerade Sie als Sozialdemokratie sind stolz, auf der richtigen Seite gestanden zu sein und das durchaus auch zu Recht. Seien Sie nun stolz, auch in der Gegenwart auf der richtigen Seite zu stehen und noch viel, viel wichtiger und bedeutender, weil wir ja wissen, dass die Geschichte von den Siegern geschrieben wird: Stellen wir gemeinsam sicher, dass die heute richtige Seite auch morgen noch die richtige Seite sein wird. Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und von GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc.)

 

Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist GRin Ing. Rompolt. Sie sind am Wort.

 

18.16.06

GRin Ing. Astrid Rompolt, MA (SPÖ)|: Danke, sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Das jüdische Leben ist im 2. Bezirk allgegenwärtig, mehr als sonst in Wien, außer vielleicht in der Gegend der Synagoge im 1. Bezirk. Das ist kein Wunder, leben doch zwei Drittel der Wiener jüdischen Bevölkerung im 2. Bezirk. Ja, jüdisches Leben ist allgegenwärtig und es ist sichtbar und es ist gut, dass es sichtbar ist, denn das bedeutet Normalität. Das Bild der religiösen Jüdinnen und Juden, das Bild der oftmals rollerfahrenden Kinder und Jugendlichen, das wirklich erfrischend ist für mein Herz, ist Teil der großen Vielfalt in der Leopoldstadt, der Vielfalt an Lebenskonzepten.

 

Auf diese Vielfalt bin ich besonders stolz, denn die Leopoldstadt repräsentiert im Kleinen, was Wien als Weltmetropole im Großen repräsentiert: Den Schmelztiegel vieler Kulturen, den ich als positiven Begriff auffasse, die Internationalität unserer Stadt und ein Zusammenkommen von Menschen unterschiedlichster Herkunft. Unsere Stadt wächst, und das spüren wir besonders deutlich im öffentlichen Raum. Dort wird das Miteinander, das Ausverhandeln unseres Umgangs miteinander hör- und spürbar. Nicht immer geht das friktionsfrei über die Bühne. Das hat natürlich auch mit dem typischen Wiener Granteln zu tun, für das wir berühmt sind und sogar schon ausgezeichnet wurden, das hat mit Ängsten zu tun, aber auch mit den jüngsten politischen Entwicklungen.

 

Der 7. Oktober 2023, der Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel brachte einen Paradigmenwechsel. Seit dem 7. Oktober hat sich etwas verändert in unserer Stadt und auch in unserem Bezirk, in der Leopoldstadt. Antisemitismus ist heute wieder sichtbar, teils offen, teils verdeckt und in unterschiedlichen, neuen Erscheinungsformen. Seither spüren wir im 2. Bezirk, dass die bisherige Normalität, dass jüdisches Leben sichtbar ist, nicht allen Menschen gefällt. Ja, es gab schon zuvor Beschimpfungen, es gab zuvor Beschmierungen, zum Glück nur in Einzelfällen. Das hat sich aber geändert, und ich werde heute von BewohnerInnen, speziell im Karmeliterviertel, darauf angesprochen, dass sich die Wahrnehmung geändert hat, dass religiöse Juden weniger sichtbar sind im öffentlichen Raum. Ich weiß auch aus der jüdischen Community, dass man sich genauer überlegt, was man anziehen soll, dass es Empfehlungen gab, speziell nach dem 7. Oktober, jüdische Zeichen nicht offen zu tragen.

 

Können Sie sich das vorstellen? Können Sie sich das vorstellen, dass Sie, bevor Sie aus dem Haus gehen, überlegen, welche Kopfbedeckung Sie tragen, weil Sie dann angegriffen, verbal attackiert, unter Umständen auch körperlich attackiert werden könnten? Woran erinnert uns das? An welche Zeiten erinnert uns das? Das können wir als Wiener Gemeinderat, als Abgeordnete, die für Toleranz stehen, für Religionsfreiheit, für eine offene Gesellschaft, nicht akzeptieren. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

 

Jede Aktivität, die unsere jüdischen Menschen in der Leopoldstadt dazu bringt, dass sie darüber nachdenken, wie sie ihr Äußeres gestalten, die sie dazu bringt, über ihre Geschäfte nachzudenken, ob die Auslagen anders gestaltet werden müssen, ist ein Angriff auf jüdisches Leben in der Leopoldstadt, ein Angriff auf jüdisches Leben in unserer Stadt, in Wien. Wir dürfen es nicht zulassen, dass MitbürgerInnen jüdischen Glaubens aus Angst, angegriffen zu werden, Auslagen umgestalten, ihre Kleidung verändern. Das kann einfach nicht sein, wir dürfen das nicht zulassen und wir werden uns dem entgegenstellen. Diese Entwicklung erinnert uns an die Zeiten, wo wir uns geschworen haben, niemals zu vergessen und wo wir hofften, sie überwunden zu haben. Für mich ist jede öffentliche antisemitische Äußerung ein Ausdruck von Gewalt, und mit jeder Form von Gewalt habe ich grundsätzlich ein

 

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