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Gemeinderat, 56. Sitzung vom 26.06.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 104

 

Für alle, die es hören wollen: Der aktuelle Schuldenstand beträgt zum 31.12.2023 rund 10,3 Milliarden EUR, was eine Schuldenquote von 9,2 Prozent darstellt. Auch da macht der Vergleich sicher: Die gesamtösterreichischen Schulden belaufen sich auf etwa 371 Milliarden EUR. Davon entfallen 87 Prozent auf den Bund, 9,8 Prozent auf die Länder, 2,8 Prozent auf die Gemeinden und 0,3 Prozent auf die Sozialversicherungen. Um es besser zu verdeutlichen: Bei der Pro-Kopf-Verschuldung liegt Wien im Vergleich zu den anderen Bundesländern mit 5.500 EUR im Mittelfeld.

 

Doch auch wenn die Finanzen der Stadt vergangenes Jahr eine hohe Stabilität aufweisen, möchte ich diese Gelegenheit nützen, um auch auf die Gewitterwolken hinzuweisen, die sich am Horizont abzeichnen. Denn die ohne Gegenfinanzierung gefällten steuerpolitischen Entscheidungen des Bundes der letzten Jahre kommen immer mehr zur Entfaltung und lassen sich auch an den Finanzierungsnotwendigkeiten der Gemeinden und Länder ablesen. Kleinere und mittlere Gemeinden in den Bundesländern wenden sich immer mehr an ihre Landeshauptleute, um diese windschiefe Situation zu verändern, weil für viele dieser Gemeinden selbst die elementarsten Ausgaben der Daseinsvorsorge nicht mehr stemmbar sind. Länder und Gemeinden haben auf Grund dieser Politik kumuliert von 2017 bis 2026 rund 23 Milliarden EUR an Mindereinnahmen. (GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Das ist falsch!) Das ist ein sehr, sehr hoher Wert. Dieses Geld fehlt für all das, was uns wichtig ist: Von Kindergärten bis zu den Öffis, von den Spitälern bis zur Pflege. Dieses Geld geht ab. (GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Dann geht sparsamer damit um!)

 

Obwohl sich Wien als größte Gemeinde Österreichs mit einem sehr dynamischen Wirtschaftsstandort als erstaunlich robust erwiesen hat, möchte ich dennoch festhalten, dass wir künftig jeden Euro brauchen werden, um einerseits die hohe Lebensqualität in Wien zu erhalten und andererseits die dringlichen Investitionen in den Klimaschutz tätigen zu können. Eine Politik der Steuer- und Abgabengeschenke wäre vor dem Hintergrund der aktuellen finanziellen Herausforderungen der Länder und Kommunen verantwortungslos und kurzsichtig. Als Finanzstadtrat verwalte ich, wie Sie wissen, ein Budget von rund 20 Milliarden EUR. Dabei gilt es auch, unpopuläre Entscheidungen zu treffen, wenn sie denn nötig sind.

 

Zu den Zielen des Doppelbudgets 2022 und 2023 einige kurze Ausführungen: Wien ist im Jahr 2023 gut durch die Rezession gekommen, wie ich meine. Die Finanzen sind stabil, der Wirtschaftsstandort ist gesichert, und die Kaufkraft, die uns allen wichtig ist, konnte weitestgehend erhalten werden.

 

Der Rechnungsabschluss 2023 bietet darüber hinaus aber auch die Gelegenheit, ein politisches Resümee über das erste Doppelbudget in der Geschichte der Stadt Wien zu ziehen. Machen wir also einen kurzen Blick zurück in das Jahr 2021! Ich habe mich beim damaligen Doppelbudget dazu entschlossen, persönliche politische Ziele zu setzen, die ich bis Ende 2023 erreichen wollte. Nur zur Erinnerung: Von November bis Dezember 2021, als dieses Doppelbudget zu beschließen war, galt in Österreich ein allgemeiner Lockdown. Die Gesamtsituation war also alles andere als einfach. Dennoch waren die Ziele ambitioniert, und wir wurden unseren Ansprüchen gerecht.

 

Es waren 5 Ziele, ganz kurz dazu. Ziel 1: Wir haben uns vorgenommen, ein Bruttoregionalprodukt von 110 Milliarden EUR zu erreichen. Es ist knapp, aber dennoch gelungen: Es waren 111 Milliarden EUR. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

 

Weil wir vorhin schon über die internationalen Unternehmen gesprochen haben: Das Ziel war zweitens, 400 internationale Unternehmen nach Wien zu bringen. Dieses Ziel konnte klar übertroffen werden. Wir haben in diesen beiden Jahren in Summe 464 Ansiedlungen erreichen können. Das ist ein sehr, sehr guter Wert für diese schwierige Zeit.

 

Drittens ist besonders erfreulich, dass wir den eigenen Erwartungen im Bereich des Klimaschutzes mehr als gerecht wurden. So erzielten wir beim CO2-Ausstoß Einsparungen von rund 85.000 t. Das Ziel, das ich mir dabei gesetzt habe, waren 40.000 t, es war also eine Verdopplung. Wenn man das umlegt, wären das an die 400.000 Autofahrten von Wien nach Bregenz und wieder zurück, also eine ganze Menge.

 

Auch beim Arbeitsmarkt konnten wir als 4. Ziel eine positive Entwicklung erreichen und unser Ziel von 900.000 unselbstständigen Beschäftigten übertreffen, nämlich um ganze 25.000 Wienerinnen und Wiener. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

 

Bei meinem letzten Ziel ist es leider nicht gelungen, die Arbeitslosenquote unter 10 Prozent zu bekommen. Wir haben es einmal kurz für einige Monate geschafft, aber leider Gottes sind wir mittlerweile auf Grund der Rezession über diese Marke gekommen. Deshalb ist es für uns auch so wichtig, Geld in die Hand zu nehmen, um alles zu tun, dass sich diese Situation bessert, und ganz besonders die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen.

 

Zum Themenblock Gesundheit, Soziales, Bildung und Kinderbetreuung: Liebe KollegInnen, dass Wien die lebenswerteste Stadt der Welt ist, kommt nicht von ungefähr. Das liegt vor allem daran, dass wir ganz bewusst und sehr, sehr umfassend in die wichtigsten Zukunftsbereiche, nämlich Gesundheit, Soziales, Bildung und Kinderbetreuung, investieren. 2023 waren das 10 Milliarden EUR und damit rund die Hälfte des Gesamtbudgets. Denn all das sind Leistungen, die direkt in die Lebensqualität der Wienerinnen und Wiener fließen - und damit umso wichtiger zu erwähnen.

 

Ich kann kaum einen anderen Bereich so klar definieren, wo wir mit Zahlen zeigen können, wie unsere Politik funktioniert. Wenn wir sehen, dass wir eines der besten Gesundheitssysteme Europas haben, sollten wir uns dessen auch bewusst sein. Wir stehen zu einer Pflege auf Top-Niveau, zu einer respektvollen Altersbetreuung, zu einem starken Bildungssystem und einer Kinderbetreuung, die sowohl hinsichtlich ihres Umfangs als auch hinsichtlich der Qualität keine Vergleiche zu scheuen hat - auch wenn wir die Herausforderungen dieser Systeme nicht verkennen und täglich aufs Neue angehen.

 

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