Gemeinderat, 59. Sitzung vom 23.10.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 82
und haben daher für das heurige Jahr 15,5 Millionen EUR veranschlagt. Damit sind wir wieder in der Lage, die angestrebten rund 1.000 zusätzlichen Plätze für die Notquartiere im Winter zur Verfügung zu stellen. Das wird insgesamt an 13 Standorten sein, in 9 verschiedenen Bezirken, betrieben von 7 Partnerorganisationen. Ja, es wäre nicht überraschend, wenn wir in der Auslastung wieder an die 92 Prozent von der letzten Saison herankommen.
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 1. Zusatzfrage kommt von den GRÜNEN. Frau GRin Spielmann, bitte.
GRin Viktoria Spielmann, BA (GRÜNE): Schönen guten Morgen, Herr Stadtrat!
Danke für die Beantwortung! Ich meine, wir haben diese Diskussionen im Ausschuss und auch in den FSW-Beiratssitzungen immer wieder gehabt. Natürlich ist es wichtig, dass es dieses Winterpaket gibt. Es wird ja immer von Ende Oktober bis Ende April zur Verfügung gestellt, um Leute, die sonst eventuell auf der Straße schlafen müssten, vor der Obdachlosigkeit zu schützen.
Trotzdem stellt sich mir immer wieder die Frage und auch den Initiativen - Initiative Sommerpaket zum Beispiel oder auch bei der Petition, es ist ja auch gerade erst vor Kurzem eine Petition zu dem Thema ganzjährige Öffnung der Notschlafstellen eingebracht worden: Warum glauben Sie, dass es sozusagen nur im Winter diesen Schutz braucht, wenn wir mittlerweile wissen, dass es auch ganz viele Hitzetote im Sommer gibt und wir natürlich ganzjährig eine Unterstützung dieser Personen brauchen, nicht zuletzt, weil es in den letzten Jahren ja auch zu Gewalttaten gekommen ist?
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Herr Stadtrat, bitte.
Amtsf. StR Peter Hacker: Ich greife gerne den letzten Punkt als Erstes auf: Als diese Gewalttaten stattgefunden haben, haben wir sofort reagiert, haben zusätzliche Ressourcen teilweise binnen 24 Stunden zur Verfügung gestellt, damit wir in unserer Stadt niemanden auf der Straße schlafen haben. Ich glaube, das ist extrem gut gelungen. Da haben auch alle Sozialeinrichtungen zusammengehalten und ein wunderbares zusätzliches Kapazitätsservice anbieten können, obwohl es gar nicht so leicht ist, in so kurzer Zeit dann auch die dazu notwenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden. Das war also schon eine ziemliche Meisterleistung, und ich denke, das war auch dieser Sondersituation geschuldet - diese Sondersituation, in der Angst und Schrecken weit über die Wohnungslosenhilfe in unserer Stadt letzten Endes verbreitet gewesen sind, in der man nicht gewusst hat, was die Hintergründe sind. In der Zwischenzeit ist die Tat aufgeklärt, der Täter ist verhaftet, und daher braucht es diese Schutzmaßnahmen nicht mehr. Wir haben die Schließung eh nur langsam wieder gemacht, weil wir natürlich gemerkt haben, dass die Angst, die da in die Knochen gefahren ist, noch lange drinstecken wird und manche von dieser Angst auch wirklich traumatisiert worden sind.
Unabhängig davon zur Fragestellung selber: Die Antwort, die ich jetzt geben werde, kennen Sie. Ich bin der Meinung, dass es gescheit und richtig ist, dass wir in der Sozialpolitik im Winter andere Prioritäten setzen als in der sonstigen Jahreszeit. Im Winter gilt die zentrale Prämisse: Wir wollen tunlichst verhindern, dass jemand in unserer Stadt erfriert. Das ist die höchste Bedrohung, die es für obdachlose Menschen, die auf der Straße nächtigen, gibt. Obwohl wir uns einig sind, dass wir das nicht wollen, wissen wir, dass es trotzdem aus den unterschiedlichsten Gründen stattfindet. Ich möchte jetzt in meinen Ausführungen nicht zu lange werden, aber diese Prämisse im Winter ist eine klare Prämisse und sie setzt alle anderen Fragen als nachrangige Fragen zurück.
Das können wir aber im Sommer nicht argumentieren, auch wenn Sie recht haben, dass die heißen Sommer auch eine gesundheitliche Belastung für viele Menschen, für alle Menschen sind. Trotzdem bin ich der Meinung, wir können nicht deswegen die Sozialhilfegesetzgrundlogik, nämlich, wofür sind wir zuständig, für wen sind wir zuständig, und für wen sind wir nicht zuständig nach der Verfassung, nach den verschiedenen Gesetzen, die es auf Bundesebene gibt, einfach, wie ich finde, mit Handstreich ignorieren und wegwischen. Deswegen möchte ich bei dieser Regelung bleiben, dass das Winterpaket die Zeit im Winter gut abdeckt, um einen Erfrierungstod so gut wie möglich zu verhindern.
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 2. Zusatzfrage kommt von der ÖVP. Frau GRin Korosec, bitte.
GRin Ingrid Korosec (ÖVP): Guten Morgen, Herr Stadtrat!
Beim Thema Wohnungslosigkeit ist sozusagen die allgemeine Meinung: In erster Linie betrifft das ältere Männer. In der Zwischenzeit wissen wir aber, dass ungefähr 30 Prozent der Betroffenen unter 30 Jahre alt sind und dass auch viele Frauen betroffen sind. Bei den Frauen geht es aber in erster Linie um verdeckte Wohnungslosigkeit, das heißt, die Frauen sind irgendwo untergebracht. Das ist aber eigentlich etwas, das man verändern sollte, und daher meine Frage: Denken Sie daran, dass Sie da auch gewisse geschützte Räume haben, damit man diese Frauen aus dieser verdeckten Obdachlosigkeit herausbringt?
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Herr Stadtrat, bitte.
Amtsf. StR Peter Hacker: Ja, Sie haben vollkommen recht, und ich bin sehr froh, dass es uns in den letzten Jahren gelungen ist, da auch einen guten Fokus darauf zu legen. Das hat das Problem nicht gelöst, hat aber jedenfalls unsere Einsatzmöglichkeiten verbessert. Wir haben eigene Einrichtungen nur für obdachlose Frauen geschaffen. Das sind teilweise Einrichtungen, wo es tatsächlich ein Männerverbot gibt - ich betone und bestehe auch darauf, das gilt inklusive mir. Ich gehe diese Einrichtungen nie besuchen, wenn sie in Betrieb sind, weil ich das für notwendig halte, dass es da eine maximale Signalwirkung betreffend Schutzraum für Frauen gibt. Wir sind in der Wohnungslosenhilfe extrem mit Gewalt, die an den Menschen ausgeübt wird, konfrontiert. Oft führt diese Gewalt erst zu der Traumatisierung, die dann in weiterer Folge mit dem Symptom der Obdachlosigkeit aufschlägt. Also ja, ich bin ganz bei Ihnen, da ist ein großer Fokus notwendig. Wie gesagt, wir haben einige Fraueneinrichtungen, auch im Winterpaket haben wir Fraueneinrichtungen.
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