Gemeinderat, 59. Sitzung vom 23.10.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 82
Wenn Sie so eine Kulturpolitik links nennen, dann seiʼs drum. Wir werden weiter die Kulturarbeitenden unterstützen, wenn sie provokante Projekte haben. Wir werden weiter für bessere Arbeitskonditionen eintreten, und wir werden uns weiter von einem diversen Angebot überraschen lassen, möglichst mehrsprachig und vielgestaltig. (StR Dominik Nepp, MA: Gut, dass ihr nichts zu sagen habt!) Demokratie braucht nämlich eine freie Kulturarbeit, und ich möchte gerne in dieser Stadt dazu beitragen. Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Dr. Gerhard Schmid, und ich erteile es ihm. Bitte, Herr Gemeinderat.
GR Dr. Gerhard Schmid (SPÖ): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Es ist in der Debatte jetzt auch vieles vermischt worden, wo es um Einstellungen von Kulturschaffenden geht, wo es um Wertehaltungen geht, wo es um künstlerische Leistungen geht. Es war interessant, die Diskussion über die Zukunft des Theaters in der Josefstadt mitzuverfolgen. Wir haben nächstes Jahr eine neue Direktion mit Frau Rötzer, und ich glaube nicht, dass Frau Rötzer Teil der Revolutionären Garden des Landes Niederösterreich ist, die von St. Pölten, von Hanni Mikl-Leitner ausgeschickt, in Wien eindringen. Das glaube ich nicht. (Heiterkeit bei Amtsf. StRin Mag. Veronica Kaup-Hasler und GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM.)
Ich glaube, wir sollten uns, wenn wir über Kunst und Kultur reden, darauf konzentrieren, dass wir einen weltoffenen, freiheitsliebenden, demokratiekompatiblen Kulturbegriff anwenden und auch leben. Ich sage Ihnen ganz offen, da spielt natürlich auch viel Antipathie und Sympathie eine Rolle. Es gibt im Kulturbereich Dinge, die einem überhaupt nicht gefallen. Es gibt Dinge, die vom Publikum abgelehnt werden. Ich war unlängst in der Staatsoper und habe mir dort den „Don Carlo“ angeschaut. Das war ein Buh-Orkan, und ein paar haben applaudiert, das Publikum hat sich ein Bild gemacht. Das Publikum ist der entscheidende Faktor in der Kulturpolitik, die Rezensionen, und wir müssen uns überlegen, was die Aufgabe der Politik ist. (GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Ja!)
Die Aufgabe der Politik ist es, die Rahmenbedingungen herzustellen, innerhalb derer kulturell und künstlerisch agiert wird. Für mich gibt es eine Schiene, die zu beachten ist, und das ist die Schiene der Menschenrechte in unserer demokratischen Sicht des 21. Jahrhunderts. Wer entlang dieser Schiene und auf der positiven Seite dieser Schiene ist, ist zu respektieren, ob mir das gefällt oder nicht gefällt, ob ich das ablehne, ob ich anderen Leuten sage, geht dort nicht hin, weil das ein Mist ist, oder ob ich begeistert bin, das kann selbstverständlich auch sein.
Wir haben ein großes Angebot. Ich würde dieses Rechts-Links-Schema in der Bewertung von Kulturpolitik nicht anwenden. Wenn man ein bisschen in der Geschichte zurückgeht, dann sieht man: Im Jahr 1970 hat es einen Künstler gegeben, den jeder von Ihnen kennt, Friedensreich Hundertwasser. Der hat sich vor der damaligen Wiener Kulturstadträtin splitterfasernackt entkleidet und hat einen Preis der Stadt Wien zerrissen. Er war ein Linksextremist, so wie die Wiener Aktionisten „Linksextremisten“ waren. 30 Jahre später hat man einen Wettbewerb gehabt, in welchen großbürgerlichen Wohnzimmern ein Hundertwasser hängt. Die Dinge verändern sich also. Und auch jetzt mit Brus und mit Nitsch und mit Mühl: Bei all seinen biographischen Geschichten (GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Das ist ein … Beispiel!) - nein, nein - muss man ja immer sehen, was das Publikum oder was die Menschen auch da an Kunst sozusagen interpretieren und annehmen.
In der ÖVP gibt es sicher Leute, ich werde sie nicht nennen, die einen sehr weltoffenen Kulturbegriff haben - ich nenne sie nicht, weil ich ihnen nicht schaden möchte (Heiterkeit bei GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM) -, aber ich kann generell nur appellieren, sich auch historisch umzusehen und sich ein bisschen ein Beispiel an einem Erhard Busek oder einem Peter Marboe oder einem Jörg Mauthe zu nehmen. Das waren Menschen, die, auch mit unterschiedlichen politischen Auffassungen, die man da und dort nicht geteilt hat, aber eine weltoffene, eine bunte, eine vielseitige Sicht der Dinge gehabt haben und die auch sehr, sehr geschätzt wurden. (GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Aber die Auslastungen, die die hatten, hätten wir heute gern!) Wir haben wunderbare Auslastungen! Schauen Sie, zum Beispiel auch die Festwochen haben Auslastungen mit 96 Prozent. Gleich nachher war der ImPulsTanz mit 180.000 Leuten. Die Wiener Symphoniker gehen in die Grätzln, in die Beisln, in die Gemeindebauten, versuchen, möglichst viele Menschen einzufangen. Bei den Vereinigten Bühnen Wien, ja, da wäre es mir auch lieber gewesen, ich hätte den „Idomeneo“ in einer Inszenierung gesehen - das wäre mir sicher lieber gewesen -, aber es ist mir noch lieber, wenn ich dann im Jänner dort ganz professionelle, tolle Aufführungen sehe. Und wenn ich mir die Zahlen anschaue, die „Falco“ oder „Phantom der Oper“ - ob einem das gefällt oder nicht - erreichen, dann muss ich sagen, das sind sensationelle Auslastungszahlen, die auch ein großer wirtschaftlicher Erfolg sind.
Auf das Wien Museum wurde auch schon wirklich ausführlich eingegangen.
Ich kann also abschließend nur appellieren, dass wir zu dieser weltoffenen Sicht zurückkommen. Es wurde der Spruch an der Wiener Secession zitiert, und das müssen wir ins 21. Jahrhundert transferieren. Da mache ich mir keine Sorgen. Und übrigens: Es ist natürlich schon sehr positiv, dass wir heute hier über Kultur reden, und es gehört auch dazu, dass die Diskussion über Kultur eine durchaus emotionale ist. So gesehen, ist das immer ein Plus für die Kunst und Kultur auch im politischen Diskurs. - Danke. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Nittmann. Ich erteile es ihr. Bitte, Frau Gemeinderätin.
GRin Mag. Ulrike Nittmann (FPÖ): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Werte Kollegen! Geschätzte Zuhörer auf der Galerie!
Ja, ich freue mich auch, dass wir über Kultur einmal am Vormittag sprechen, denn die Kulturpolitik ist in Wien
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