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Gemeinderat, 59. Sitzung vom 23.10.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 39 von 82

 

Wir helfen den Frauen, die es notwendig haben, nachdem sie in einer Gewaltbeziehung waren. Wir sollten vor allem viel in die Prävention stecken, damit das erst gar nicht vorkommen muss. Das hilft den Männern, den Frauen und allen andern in diesem Land. Deswegen vielen Dank für diesen Akt heute. (Beifall bei GRÜNEN, SPÖ und NEOS.)

 

Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächste Rednerin ist GRin Janoch zu Wort gemeldet. Bitte.

 

12.47.47

GRin Silvia Janoch (ÖVP)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Liebe Wienerinnen und Wiener!

 

„Nein! Aufhören! Ich will das nicht! Stopp!“ - Das sind klare Worte voller Angst, Starrheit, Verzweiflung und Scham. Es sind Hilferufe von vielen Frauen, die in diesem Moment sexueller Gewalt, sexuellen Handlungen und sexuellem Missbrauch ausgesetzt sind. In Österreich ist jede dritte Frau von körperlicher und oder sexueller Gewalt betroffen. Sehr geehrte Damen und Herren, Sie wissen, ich spreche Unausgesprochenes an, denn der Schutz und die Sicherheit von Kindern und Frauen geht uns alle an. Deswegen bin ich froh, dass die Stadt Wien einer Forderung der ÖVP zur Erhöhung des Budgets für Männer- beziehungsweise Täterarbeit nachgeht und dieses sogar verdoppelt hat. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Täglich lesen wir über sexuelle Übergriffe, häusliche Gewalt und Femizide. Deshalb sind Präventionsarbeit und Opferschutz so wichtig. Heute möchte ich mit Ihnen offen über Missbrauch sprechen, über die damit gehüteten Tabus und das Leben der Opfer. Kennen Sie die Magdalenenstraße 33 im 6. Wiener Gemeindebezirk? Dort befindet sich eine hohe Hausmauer. Zu sehen ist das surrealistische Gemälde „Atlantis Klang-Haus“ des Künstlers Helmut Kand. Kand stellt in seinen Malereien Frauenkörper oft auf erotische Weise dar. Dieses Wandbild wurde 2015 von der MA 34 für 30.500 EUR erneuert. Im Zuge dessen wurde es seitens des damaligen Wohnbaustadtrats und des Bezirksvorstehers der Bevölkerung stolz und feierlich als Grätzlwahrzeichen und Attraktion präsentiert. Auf den ersten Blick ist das Kunstwerk bunt, fröhlich und speziell, auf den zweiten Blick kalt, erschaudernd, traurig und mitfühlend - ein Werk, das seit Monaten in Verbindung mit Aufregung und Fassungslosigkeit steht.

 

Kennen Sie Helmut Kand? Auf den ersten Blick ist er ein bekannter Maler und Bildhauer, der es schon Ende der 60er Jahre mit seinen Werken zu internationalem Erfolg gebracht hat. Kand hat sich in kunstinteressierten Kreisen seinen Namen gemacht. Auf den zweiten Blick ist Kand ein Mann mit einem dunklen Geheimnis, ein Mann, der „Nein! Aufhören! Ich will das nicht! Stopp!“ nicht gehört hat, ein Mann, der im Dezember 2022 mindestens zwei junge Frauen unter dem Vorwand, Kunst zu machen, in sein Wiener Atelier lockte und dort sexuell missbrauchte, ein Mann, der seinen Status für seine Taten ausnutzte. Am 14.11.2023 wurde er dafür rechtskräftig verurteilt: neun Monate bedingte Gefängnisstrafe auf drei Jahre Bewährung wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung in zwei Fällen. So lautet das Urteil. Bisher ist bekannt, dass auch im Jahr 2006 ein sexueller Übergriff stattgefunden hat. Kand hat mit seiner Kunst viele Spuren in Städten und Galerien hinterlassen, aber dieses Kapitel aus seinem Künstlerleben blieb der Öffentlichkeit bislang verborgen. Der Maler heute? - Er führt seine Karriere fort.

 

Als Sprachrohr für die Opfer dieser Grausamkeiten möchte ich hier und jetzt klar und deutlich deren Wunsch zum Ausdruck bringen. Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin, das Wandbild in der Magdalenenstraße 33 muss mit sofortiger Wirkung entfernt und übermalt werden. Vom Gericht wurde der Fall Kand klar entschieden. Trotzdem bleibt die Stadt Wien untätig und lässt sein Kunstwerk im öffentlichen Raum unverändert bestehen. Seit Jahren müssen Opfer dieses Wandbild betrachten und werden weiterhin an die grausamen Taten von Helmut Kand erinnert.

 

Bereits im Jänner 2024 hat eines der Opfer Eigeninitiative ergriffen und die Stadt Wien und den zuständigen Bezirksvorsteher auf diesen qualvollen Umstand aufmerksam gemacht. Leider ist bis dato nichts passiert. Die Versuche, dieses Bild entfernen zu lassen, sind gescheitert. Es gab auch hilferufende E-Mails an Frau Vizebürgermeisterin Gaál. Auch diese sind aber verstummt. Zuletzt wurde auch eine entsprechende Petition der Kollektive Catcalls of Vienna und Ni Una Menos Austria gegründet. Über 500 Bürgerinnen und Bürger haben das unterstützt. Warum? Damit das Wandbild übermalt wird.

 

Sehr geehrte Stadtregierung, Sie haben die Umsetzung ganz leicht in der Hand, da die Liegenschaft der Magdalenenstraße 33 in der Verfügungsberechtigung der Stadt Wien liegt. Meine Kollegin Sabine Keri und ich setzen uns präventiv, aktiv und regelmäßig für den Schutz von Mädchen und Frauen ein. Deshalb fordern auch wir als Frauen und Politikerinnen die sofortige Entfernung des Werks des verurteilten Sexualstraftäters Helmut Kand. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es ist absolut inakzeptabel, dass die Kunst eines Mannes, der Frauen sexuell missbraucht hat, weiterhin in unserer Stadt präsent ist. Ich frage Sie: Welches Bild vermittelt die Stadt Wien den Opfern, wenn man einem verurteilten Täter weiterhin eine künstlerische Bühne bietet? Uns persönlich fehlen hier Werte wie Empathie, Mitgefühl, Verständnis und Sicherheit.

 

Genau deshalb möchten wir Sie, Frau StRin Gaál, persönlich motivieren, sich als Frau in Ihrer Rolle stark zu machen und für andere Frauen ein Zeichen gegen alle Formen von Gewalt an Frauen zu setzen. Diese betroffenen Frauen leiden infolge des Missbrauchs weiterhin an Flashbacks, großen Schuld- und Schamgefühlen, einer ständigen körperlichen Angespanntheit, Depressionen, Angststörungen, Zwangsstörungen und posttraumatischen Belastungsstörungen. Deshalb plädieren wir für die sofortige Übermalung des Wandbildes. Denn politisch gesehen, ist dieser Akt eine kleine bürokratische Hürde und ein kleiner bürokratischer Schritt, aber menschlich gesehen, ist er ein großes Stück Heilung für die verwundeten Seelen der Opfer.

 

Abschließend möchte ich noch eine weitere Anmerkung aussprechen. Bei einem persönlichen Lokalaugenschein musste ich feststellen, dass sich an dieser Adresse der Magdalenenstraße 33 auch ein Gesundheitszentrum für Frauen und darüber hinaus ein Familienzentrum der

 

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