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Gemeinderat, 59. Sitzung vom 23.10.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 70 von 82

 

kehrsmittel so viele Personen transportiert werden können. Die Straßenbahn wird als Verkehrsmittel nur von der U-Bahn übertroffen, aber die Straßenbahn ist in der Frage des Einsatzes der Geldmittel eines der besten Verkehrsinstrumente einer Stadt. Deswegen hat es mich sehr verwundert - das muss ich jetzt persönlich sagen, aus meinem Zugang -, dass es da so viele Proteste gegen diesen Neubau von zwei Straßenbahnlinien gibt.

 

Jetzt habe ich unterschiedliche Thesen dazu. Bei der Linie 18 hat es mich am meisten überrascht, weil das bereits über viele Jahre ein sehr langer Planungsprozess war. Da habe ich das Gefühl, dass in diesem Prozess tatsächlich der Politik ein Fehler bei der Vermittlung passiert ist. Also bei so einem großen Projekt, das tatsächlich einen Naherholungsraum durchquert - man kann es auch als durchschneidet empfinden -, hätte es mehr Werben für diese politische Maßnahme gebraucht, mehr Werben um ein Verständnis für diese Linienverlängerung, denn dass sie sinnvoll ist, lässt sich aus meiner Sicht nicht in Abrede stellen. Keine andere Verkehrsform, auch nicht ein Ersatz mit Bussen würde es ermöglichen, den 2. und den 3. Bezirk, die U2 und die U3, Schlachthausgasse und Stadion miteinander zu verbinden, und ebenso die neu entwickelten Stadtteile rund um das Stadion. Da war ein ganz starker Widerstand zu spüren, und ich glaube, dass mindestens die Hälfte des Widerstandes durch gute Information abzufedern gewesen wäre. Die Hälfte der Bedenken, die Hälfte der Ängste wäre damit abzufedern gewesen. Und es tut mir leid, weil ich immer noch glaube, dass das ein sehr notwendiges verkehrspolitisches Projekt ist. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Bei der Linie 12 ist es eine Spur anders. Da glaube ich, dass die meisten AnrainerInnen sehr wohl wissen, dass ihnen die Neuerrichtung dieser Straßenbahnlinie vor allem entlang der Vorgartenstraße etwas nützt. Da war es sozusagen deutlich, dass der Widerstand gegen diese Planung, die auch schon lang vorhanden ist, die auch schon lang vermittelt worden ist, hauptsächlich aus einem Gebiet kommt, in dem gerade ein Neubau entstanden ist, dessen Bewohner von dieser Tatsache sozusagen überrascht waren, weil sie in die ganzen Informationen davor nicht eingebunden waren. Also auch da sieht man, wie wichtig es ist, Politik, die man umsetzt, auch zu erklären, und immer wieder zu erklären, weil man damit nicht nur für Verständnis, sondern auch für Zustimmung werben kann.

 

Ich möchte diesen Tagesordnungspunkt aber auch für einen Gedanken oder eine Befürchtung nützen. Ich nenne das jetzt im Großen und Ganzen: politische Vereinnahmung von Petitionen oder von Anliegen von AnrainerInnen. Wir haben am Anfang des heutigen Tages zu einem anderen Tagesordnungspunkt einen Antrag gehabt, zu einem Wandbild. Die Kollegin Janoch hat gut begründet, warum sie den Antrag eingebracht haben und in einem Nebensatz erwähnt, dass es dazu eine laufende Petition gibt. Und bei allem Respekt vor diesem Anliegen - wir haben dem Antrag auch zugestimmt - finde ich es aber trotzdem bedenklich, dass nach Aufnahme einer Petition mit genau diesem Ziel, nämlich dieses Wandgemälde von dieser Hausmauer zu entfernen, eine Partei quasi einen gleichlautenden Antrag bringt. Und es ist genau so, wie ich es schildere, es ist allenfalls der Wortlaut der Petitionsbegründung ein leicht anderer Wortlaut als bei der Antragsbegründung. Ziel ist, dieses Wandgemälde von diesem Künstler soll weg. Das ist etwas, was mich erstaunt hat, denn wir haben die Petition in Behandlung genommen, in nicht einmal 14 Tagen werden die PetitionswerberInnen ihr Anliegen erläutern, und danach werden wir eine hoffentlich sinnvolle Empfehlung mit, aus meiner Sicht, jetzt möglichst diesem Ziel finden. Und wahrscheinlich werden sie auch damit zufrieden sein - hoffe ich halt -, mit dem Weg, den wir finden. Das ist eine Form der politischen Vereinnahmung, ich empfinde es so, Sie vielleicht nicht.

 

Es gibt dann noch eine Form der politischen Vereinnahmung. Wir haben sehr lang darüber gesprochen und sprechen immer wieder darüber, ob Politikerinnen oder Politiker Petitionen einbringen sollen. PolitikerInnen haben über ihre Fraktionen - egal, ob in der Bezirksvertretungssitzung oder hier im Gemeinderat - einen vollkommen anderen und daher auch privilegierten Zugang, ihre Anliegen einzubringen. Das haben Bürgerinnen und Bürger nicht. Wir haben hier einen Antrag, aber im letzten Halbjahr auch eine Petition gehabt, eingebracht von Bezirksvorstehern oder ehemaligen Bezirksvorstehern, die aus meiner Sicht, selbst wenn sie nicht mehr aktive Politiker sind, natürlich die Möglichkeit haben, über ihre Fraktionen und ihre Parteien ihre Anliegen zu unterstützen. Ich empfinde diese Form der Petitionseinbringung eigentlich nur mehr als politisches Marketing und das ist - es tut mir leid, dass ich das so harsch ausdrücke - ein Missbrauch des Instrumentes Petitionsrecht. (Beifall bei GRÜNEN, SPÖ und NEOS.)

 

Vieles in der Politik funktioniert, weil wir uns was ausmachen, und nicht, weil es irgendwo gesetzlich vorgeschrieben ist. Wir reden darüber. (Anhaltender Zwischenruf von GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc.) Herr Kollege Guggenbichler, Herr Guggenbichler, Sie können sich gerne melden, aber wir machen uns was aus, wir reden darüber. Wir können auch beim nächsten Petitionsausschuss weiter darüber reden. Ich jedenfalls versuche, auf nicht nur meine Fraktion - das ist einfach, die sind überschaubar -, aber auch auf meine 23 Bezirksparteien einzuwirken und ihnen zu sagen, dieses Instrument steht den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung, wir als PolitikerInnen, egal, auf welcher Ebene, haben andere Möglichkeiten, und bitte stellt´s nicht selber eine Petition oder kampagnisiert bitte nicht für eine Petition, selbst wenn es euch wirklich zupasskäme. Denn es ist ein Instrument, das in dem Moment seine Wirkung verliert, wo wir als politische Parteien dieses Instrument zu unserem eigenen Bedarf - nenne ich es jetzt einmal - nützen. Es wäre schade, wenn wir dieses Instrument den Menschen wegnehmen würden, für die wir es gemacht haben. - Und mit diesem Appell schließe ich. Danke vielmals. (Beifall bei den GRÜNEN und von VBgm Christoph Wiederkehr, MA.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist GR Dr. Mantl, ich erteile es Ihm.

 

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