Gemeinderat, 61. Sitzung vom 17.12.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 47 von 97
Jedenfalls, laut diesem Akt will man jetzt einmal diese vertraglichen Rahmenbedingungen von der Stadt Wien - Wiener Gesundheitsverbund prüfen lassen und schauen, ob hier die operationalen Risiken insbesondere mit Blick auf Wettbewerb, Servicequalität, aber auch die betriebliche Unabhängigkeit weiterhin entsprechend betreut werden können. Und der Magistrat soll jetzt dazu ermächtigt werden, mit der technischen Betriebsführung der VAMED auszuloten, ob man eine Zusatzvereinbarung zustande bringt, um in den kommenden Jahren - es handelt sich hier immer um Fünfjahresverträge, die sind dann fix und dann kommen wir wieder nicht raus - diesen Vertrag zu kündigen und entsprechende Verhandlungen aufgenommen werden können, die die operationalen und auch die wirtschaftlichen Risiken definieren. Man will hier schauen, dass für das AKH zukünftig alles gut läuft und ob möglicherweise eine neue Struktur geschaffen werden muss.
Für uns ist auch nachvollziehbar, dass man mit dieser veränderten Eigentumsstruktur auch von Seiten der Stadt Wien für das AKH die neue Rechtslage prüft und mögliche Alternativen überlegt. Wir werden daher auch diesem Poststück zustimmen, denn grundsätzlich finden wir GRÜNE, dass strategisch wichtige Gesundheitsdienstleistungen - und seien sie im technischen Bereich oder im Baubereich - in öffentliche Hand gehören. Dort sehen wir das am besten aufgehoben, und insofern begrüßen wir, dass eine Art Paradigmenwechsel durch die SPÖ geht und sich diese von diesem 90er Jahre Ausgliederungsnarrativ auch in gewisser Weise verabschiedet.
An dieser Stelle möchte ich trotzdem noch festhalten, dass mit dieser Zerschlagung der VAMED nicht nur auf diesen technischen Bereich des AKH ein Licht oder, besser gesagt, Schatten fällt, sondern auch auf andere Gesundheitseinrichtungen, beispielsweise die Reha-Einrichtungen, aber auch, und das war zuletzt der Fall, auf das Anton Proksch Institut, eine sehr renommierte, Europa-weit sehr hochgeschätzte Suchtklinik in Wien-Liesing. Denn dort ist die VAMED auch quasi Eigentümerin gewesen. Und bei diesem Deal, den die VAMED mit dem französischem Finanzkonzern PAI abgewickelt hat, hat die Stadt Wien wirklich kein Ohrwaschel und keinen Finger gerührt. Da hat man einfach zugeschaut, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das finde ich wirklich empörend und skandalös.
Ich kann Ihnen auch sagen, warum: Man hat nämlich die Chance gehabt, hier eine Suchtklinik in Wien in öffentliche Hand zu holen. Es gab ein Aufgriffsrecht. Die Stadt Wien ist dort als Teil der Minderheit in der Lage gewesen, ein Aufgriffsrecht zu nützen. Dieses Aufgriffsrecht ist Ende November abgelaufen, und man hat keinerlei Bemühungen gemacht, das Anton Proksch Institut in öffentliche Hand zu bekommen. Es wurde nicht versucht, mit dem Bund einen Deal zustande zu bringen, wie das gelingen kann. Und vielleicht erinnern sich noch manche von Ihnen, StR Hacker hat auf unsere Anfragen hin eigentlich überhaupt kein Interesse am Kauf der Suchtklinik gehabt. Er hat das Geld vorgeschoben und überhaupt kein Interesse gezeigt. Und dass man so ein wichtiges Spital, wo Süchte aller Art behandelt werden - und das ist ja kein Thema, das nur am Rand vorkommt, das ist ein Thema, das in dieser Gesellschaft ganz zentral ist, das ganz viele Menschen betrifft und wo ganz viele Menschen auch Hilfe brauchen und auch bekommen -, an einen Aktienfonds ausgliedert, das kann ich wirklich überhaupt nicht verstehen.
Und was noch sehr pikant ist, am 11. September dieses Jahres gab es eine feierliche Eröffnung nach einer fünfjährigen Bauzeit im Anton Proksch Institut. StR Hacker war auch dort, no na ned, und was hat er gesagt: Hier wird ein Meilenstein in der Gesundheitsversorgung gesetzt! Und jetzt, nur zwei Monate später, wird sang- und klanglos diese Suchtklinik einer Finanzheuschrecke überlassen. - Die Stadt Wien hätte es, wie gesagt, in der Hand gehabt, hier das Aufgriffsrecht zu nützen und ein öffentliches Spital daraus zu machen.
Es gab ja ganz viele kritische Stimmen, auch aus der SPÖ gab es die Stimmen, aus dem Burgenland, aber auch Attac hat eine Kampagne gestartet, um alle Mitglieder im Aufsichtsrat für ein Veto zu mobilisieren, aber es ist nicht geglückt. Die AK hat auch ausgelassen, der ÖGB, alle, die dort in der Stiftung drinnensitzen. Mir tut das wirklich unendlich leid, muss ich sagen. Für mich haben Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren aus den Reihen der SPÖ, damit wirklich die Glaubwürdigkeit im Kampf gegen Privatisierung von Gesundheitseinrichtungen verspielt, anders kann ich das nicht nennen. Und wir wissen alle, wenn mit öffentlicher Gesundheit tatsächlich Gewinn gemacht werden könnte, dann wären die öffentlichen Gesundheitseinrichtungen ja schon reich, und so ist es ja nicht. Wenn hier börsenotierte Unternehmen glauben, Gewinn zu machen zu können, dann geht das nur auf Kosten von Qualität, dann geht das nur auf Kosten des Personals, da werden Gehälter gekürzt werden. Dafür gibt es ganz, ganz viele Beispiele und auch Beispiele dieses Finanzkonzerns der PAI, wo es ganz schreckliche Berichte auch aus Frankreich gibt, wo man im Pflegebereich durch die Einsparungen massive Verschlechterungen in Kauf genommen hat. Und das droht aus meiner Sicht auch möglicherweise für das Anton Proksch Institut.
Ein Punkt, der mich auch wirklich ärgert, ist: Es hat geheißen, es kostet zu viel, das Anton Proksch Institut zu übernehmen, denn man hat keine Ahnung, welche Schulden da noch sind. Und als ich dann vorige Woche gehört habe, dass 40 bis 45 Millionen EUR für das Austria Stadion zur Verfügung gestellt werden - ich will das eine nicht gegen das andere ausspielen -, aber dass da das Geld dann plötzlich da ist, das erzürnt mich wirklich. Und zwar auch mit der Begründung von Gesundheitsstadtrat Hacker, und das kann man auf „Der Standard“ nachlesen: „Die wichtigsten Sportstätten in unserer Stadt sollen nicht völlig in den Einflussbereich von Investoren kommen, die verständlicherweise die maximale Rendite herausholen wollen. Deshalb hat sich die Stadt, noch vor meiner Zeit, ein Vorkaufsrecht einräumen lassen.“
Ja (Amtsf. StR Peter Hacker: Ja!), so etwas hätte ich mir beim Anton Proksch Institut gewünscht, Herr StR Hacker. Und Sie hätten sich beim Anton Proksch Institut nicht einmal ein Vorkaufsrecht einräumen lassen müssen, das war schon da. Und trotzdem haben Sie diese Karte nicht gezogen und haben sich überhaupt nicht dafür eingesetzt.
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