Gemeinderat, 61. Sitzung vom 17.12.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 52 von 97
Es ist gerade Vorweihnachtszeit, und vor sehr genau 40 Jahren war die Besetzung der Au in Hainburg. Tausende Menschen haben die Au besetzt, um sie vor der Zerstörung zu retten, und das ist ihnen gelungen. Es ist von historischer Bedeutung für das Umweltrecht in Österreich, für die Umweltbewegung, es war die Geburtsstunde der GRÜNEN, es war aber auch die Geburtsstunde des Nationalparks Donauauen. 40 Jahre später schaut die Stadt zu, wie der Nationalpark stirbt - ohne Not, denn die Lösung liegt auf der Hand.
2024 ist nicht nur ein Jubiläumsjahr, was den Nationalpark Donauauen betrifft, sondern es ist auch ein historisches Jahr für Europa und für den Naturschutz in Europa. Ich brauche Ihnen nicht zu erzählen, welche Rolle die Stadt Wien bei der Ermöglichung des Beschlusses der Renaturierungsverordnung auf der europäischen Ebene gespielt hat. Es geht sich einfach nicht aus, dass man auf der einen Seite den Helden spielt und die Renaturierungsverordnung rettet, obwohl man sie vorher fast kaputt gemacht hat, und auf der anderen Seite lässt man den Nationalpark sterben. Das geht sich einfach nicht aus.
Das Schöne aber ist, wenn wir schon von der Renaturierungsverordnung sprechen, dass das auch die Lösung für das Problem der Finanzierung sein kann, denn die Untere Lobau beziehungsweise der Nationalpark Donau-Auen ist ein Natura-2000-Gebiet. Das sind genau die Flächen, die vorrangig behandelt werden sollen bei der Finanzierung von Projekten, im Rahmen der Renaturierungsverordnung, und dafür gibt es auch Geld von der EU.
Wir müssen diese Chance wahrnehmen und sagen: Ja, wir haben uns dazu entschlossen, das ist wichtig für unsere Wasserversorgung, nur liegt es in einem Naturschutzgebiet und deswegen müssen wir alle Maßnahmen setzen, um die Au zu retten. Sehr geehrte Damen und Herren, heute sieht die Stadt zu, wie die Au stirbt. Ich bitte Sie, stimmen Sie unserem Antrag zu, damit im Wien von morgen die Au wieder zum Leben erwachen kann. Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Spitzer, ich erteile es ihm.
GR Mag. Gerhard Spitzer (SPÖ): Vielen herzlichen Dank, Frau Vorsitzende! Frau Berichterstatterin!
Ich kann mich noch gut erinnern, zu diesem Thema habe ich schon einmal den Unmut meiner Vorrednerin hervorgerufen - ich glaube, wir sind sogar drüben im Festsaal gesessen -, und ich fürchte, auch heute wird sie mit meiner Wortmeldung nicht wirklich glücklich werden (Heiterkeit bei GRin Dipl.-Ing. Huem Otero Garcia.), denn wir werden ihrem Antrag aus zwei Gründen nicht zustimmen. Zum einen, weil man bereits die Einleitung des Antrages so nicht stehen lassen kann, dass die Lobau zusehends verlandet. Wenn man sich die letzte Zeit ansieht, dann sieht man sehr deutlich, dass dort erfreulicherweise wieder deutlich mehr Grundwasser vorhanden ist als vor einiger Zeit.
Den zweiten Grund haben Sie fairerweise auch selber genannt, nämlich dass die Weiterleitung des Oberflächenwassers rechtlich nicht möglich ist, denn das Landwirtschaftsministerium - das ist da die oberste Wasserbehörde - hat uns die Dotierung der Lobau bescheidmäßig untersagt. Vielleicht hätte man die letzte Legislaturperiode auch nutzen können, diesbezüglich ein bisschen darauf einzuwirken. Das ist nicht geschehen, sei es, wie es ist.
Man kann auch den Grund der Wasserrechtsbehörde durchaus verstehen, denn sie befürchtet durch ihre Expertinnen und Experten eine negative Auswirkung auf das Trinkwasser. Darum gefällt mir in Wirklichkeit auch der Schlusssatz Ihres Antrages nicht, nämlich so für den Fall, dass es dann tatsächlich zu einer Beeinträchtigung des Trinkwassers kommt, möge man. So möchte ich, ehrlich gesagt, nicht Politik machen: Schauen wir einmal, ob es irgendwelche negativen Auswirkungen für die Wienerinnen und Wiener gibt und dann kann man ja immer noch.
Wir versuchen, in Wien vorauszuplanen und das nicht nur im Bereich des Trinkwassers, aber auch da. Denn die Wasserversorgung einer Millionenstadt wie Wien, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist nicht nur eine technische Aufgabe, eine technische Herausforderung, es geht letztlich auch um Lebensqualität. Es geht um die Sicherheit in dieser Stadt, es geht um die Zukunft unserer Stadt, und Wien hat erfreulicherweise eine Trinkwasserqualität, um die uns die ganze Welt zu Recht beneidet, aber das kommt auch nicht von irgendwo.
Wir haben mit der Wiener Trinkwasserstrategie 2050, ich darf das noch einmal erwähnen, sehr weit vorausgeblickt und planen da sehr weit voraus. Natürlich haben wir mit den rund 70 Quellen in der Steiermark und in Niederösterreich in den Alpen einen sehr großen Vorteil und auch die 30 Grundwasserbrunnen, die wir auf Wiener und umliegendem niederösterreichischen Gebiet haben, schaden uns nicht. Wir haben diese Quell- und Grundwassergebiete aber auch sehr großflächig geschützt, und das zu Recht.
Eine Stadt wie Wien hat nun einmal steigende Herausforderungen, auch im Trinkwasserbereich. Deswegen - jetzt komme ich zurück zum eigentlichen Antrag - brauchen wir auch diese Erweiterung des Wasserwerks auf der Donauinsel, eine wichtige und richtige Einrichtung, eine mehrstufige Filteranlage, die wir jetzt mit Herbst beginnen möchten. Ich bin kein Techniker, aber ich finde das deswegen so spannend, weil genau diese Filterung und Desinfektion des Wassers simuliert, was normalerweise im Gebirge, im Gestein mit dem Wasser passiert. Das ist eine ganz tolle Geschichte.
Wo wird es sein? Für die, die nicht so wie ich aus Floridsdorf kommen: Zwischen der Nordbrücke und dem Steinitzsteg, der sogenannten Begleitbrücke zur Nordbrücke, wird es ein tiefer gelegtes, halb eingegrabenes Bauwerk sein, das noch dazu ein begrüntes Dach hat. Es wird sich also auch architektonisch sehr gut in die Landschaft einbetten.
Was es können wird, ist wirklich unglaublich, denn wir sprechen da von einer Kapazität von 1.000 l Trinkwasser pro Sekunde. - 1.000 l Trinkwasser pro Sekunde! Wir sprechen da von einer Bedeckung von rund 22 Prozent des Trinkwasserbedarfs unserer tollen Stadt. Fertig werden soll das Ganze 2029. Ich denke, diese 140 Millionen EUR, die wir heute dafür beschließen, sind eine wirklich zukunftsweisende Investition, nicht nur für die heutige, sondern auch für künftige Generationen, und deswegen
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