Gemeinderat, 61. Sitzung vom 17.12.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 58 von 97
noch immer der Meinung sind, dass wir in Wien eine Huldigungs- und Gedenktafel für einen der schlimmsten Massenmörder der österreichischen und der internationalen Geschichte haben müssen. Dass Sie im 12. Bezirk dieses Abstimmungsverhalten an den Tag gelegt haben, dafür sollten Sie sich entschuldigen und Ihre eigenen Funktionäre einmal in eine Geschichtsschulung schicken. (Beifall bei der FPÖ und von GR Wolfgang Kieslich.)
Das Ganze ist dann in den vergangenen Tagen natürlich auch in die breitere mediale Diskussion gelangt, und es ist öffentlich darüber debattiert worden, dass es im 12. Bezirk noch immer dieses Schandmal gibt. Daraufhin haben wir gesagt, okay, das gibt es doch nicht, dass die SPÖ und der Bürgermeister damit einverstanden sind, dass sie im 12. Bezirk diese Stalin-Gedenktafel erhalten wollen. Wir haben gestern hier den Antrag vorbereitet, heute dann auch formal eingebracht, dass diese Gedenktafel schleunigst entfernt werden muss. Und was ist passiert? Auch hier haben Sie jetzt nicht die Größe, unserem Antrag auf sofortige Entfernung zuzustimmen, sondern Sie formulieren einen eigenen Antrag, dass eine Entfernung oder weitere Maßnahmen geprüft werden sollen. Ich sage Ihnen, das geht vielleicht in die richtige Richtung, aber es geht bei Weitem nicht weit genug. Wenn es darum geht, zu überlegen, Stalin-Gedenktafel ja oder nein, Massenmörder-Gedenktafel ja oder nein, dann muss man nicht weitere Prüfungen einleiten, sondern dann wäre es an der Zeit, diesen Antrag heute zu beschließen und diese Gedenktafel morgen zu entfernen. (Beifall bei der FPÖ und von GR Wolfgang Kieslich.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist unglaublich, dass so etwas bis heute in Wien möglich ist. Es ist, wie gesagt, einmal ein Schritt in die richtige Richtung, aber er geht definitiv nicht weit genug. Wenn Sie schon sagen, alles, was von der FPÖ kommt - selbst wenn es um die Entfernung der Gedenktafel für einen Massenmörder geht -, das lehnen wir einfach grundsätzlich ab, dann hören Sie in diesem Fall wenigstens auf Ihren eigenen Vorsitzkandidaten Rudi Fußi - es ist gut möglich, dass er vielleicht in einigen Wochen bereits Ihr Chef und neuer Bundesvorsitzender ist, viel unbeliebter als Herr Babler wäre er Österreich-weit sicher nicht - und entfernen Sie diese Gedenktafel nachhaltig morgen! (Beifall bei der FPÖ und von GR Wolfgang Kieslich.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist GRin Mag. Dr. Samel. Ich erteile es ihr.
GRin Mag. Dr. Ewa Samel (SPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Bevor ich zum eigentlichen Poststück komme, möchte ich kurz etwas zum Antrag der FPÖ sagen. Die Gedenktafel zu Josef Stalin, die sich in der Schönbrunner Straße 30 im 12. Bezirk befindet, wurde 1949 enthüllt und der Stadt Wien zur denkmalpflegerischen Betreuung übergeben. Das Gebäude, an dem die Tafel angebracht ist, gehört einem privaten Eigentümer. Der Stadt Wien obliegt, wie eben gesagt, die denkmalpflegerische Obsorge, das heißt, sie ist im Fall einer Verunreinigung oder Beschädigung zur Reinigung oder Restaurierung verpflichtet. Es ist das erklärte Ziel der Stadt Wien, Gedenkorte, die aus heutiger Perspektive auch eines Kommentars bedürfen, natürlich mit einem kritischen Blick zu behandeln und sie entsprechend zu kontextualisieren. Das bedeutet eben auch, dass problematische oder auch dunkle Aspekte der Geschichte nicht einfach entfernt oder versteckt werden. Vielmehr soll ein Raum zur Auseinandersetzung geschaffen werden, der sowohl die Verantwortung für die Vergangenheit betont als auch zur Reflexion anregt.
In diesem Sinne wurde auch bei der Stalin-Gedenktafel verfahren. Im Jahr 2012 bereits wurde in Abstimmung mit dem Hauseigentümer eine Zusatztafel angebracht. Diese weist klar auf das Wirken und auch auf die Verbrechen von Josef Stalin hin. Sie soll Mahnung und Erinnerung an Millionen ermordeter und leidender Menschen in der Sowjetunion, aber auch an hunderte von österreichischen Opfern des Stalinismus sein.
Generell versuchen wir in unserer Stadt, die Geschichte nicht zu verdrängen oder auszulöschen und auch kritische Stimmen nicht zu übergehen. Die Diskussion um die Stalin-Gedenktafel verdeutlicht die Herausforderungen im Umgang mit historischen Erinnerungsstücken. Wir und natürlich auch unsere Kulturstadträtin nehmen diese kritischen Stimmen sehr ernst und arbeiten mit Nachdruck daran, Lösungen zu entwickeln, die auch breite Akzeptanz finden.
Es ist daher wichtig, sich die Frage zu stellen, wie eine verantwortungsbewusste Auseinandersetzung mit der Vergangenheit gestaltet werden kann. Daher stellt auch meine Fraktion gemeinsam mit den NEOS den Beschlussantrag, weitere Optionen und Handlungsmöglichkeiten hinsichtlich einer Entfernung der Gedenktafel von Josef Stalin im 12. Wiener Gemeindebezirk zu überprüfen. In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige Abstimmung.
Ich möchte aber auch noch einige Worte zum eigentlichen Poststück sagen, zum Jüdischen Museum der Stadt Wien. Das Jüdische Museum ist ein international anerkanntes und renommiertes Museum und Haus zur Dokumentation und Präsentation der jüdischen Geschichte und Kultur in Wien. Mit seinen beiden Standorten in Wien verbindet es reiche jüdische Stadtgeschichte auf beeindruckende Art und Weise, gleichzeitig aber arbeitet das Museum intensiv an der Digitalisierung seiner Sammlung, um den Zugang für die Öffentlichkeit weiter zu verbessern. Die steigenden Besucherzahlen, positive Medienresonanz und auch die zahlreichen Auszeichnungen, wie das Museumsgütesiegel, sprechen für die außerordentlich erfolgreiche Arbeit dieses bedeutenden Kulturinstituts.
Dennoch verzeichnet das Jüdische Museum seit den tragischen Ereignissen in Israel am 7. Oktober 2023 einen Besucherrückgang, was für das Jahr 2025 zu finanziellen Einbußen führt. Für das laufende Jahr 2024 hat das Museum die Lücke durch Einsparungen und Einmaleffekte selbstständig schließen können, aber um den laufenden Betrieb weiterhin aufrechtzuerhalten, ist eine Anhebung der Subvention notwendig.
Das Jüdische Museum ist ein Ort der Begegnung, der Menschen unterschiedlicher Herkunft und Generationen einlädt, miteinander ins Gespräch zu kommen, Fragen zu
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