Gemeinderat, 1. Sitzung vom 10.06.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 46
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, gleich zu Beginn allen herzlich zu gratulieren, die hier heute gewählt wurden, neu als Stadträte, Stadträtinnen, als Gemeinderäte und Gemeinderätinnen, ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit Ihnen allen in den nächsten Jahren.
Die konstituierende Sitzung im Wiener Gemeinderat und Landtag ist ein sehr besonderer und freudiger Anlass. Ich kann mich erinnern, mit welcher Freude, Inspiration und Energie wir, glaube ich, alle hier diesen Saal betreten haben. Diese Freude war bei mir zumindest relativ schnell im Laufe des Vormittages getrübt. Die tragischen Ereignisse in der Schule in Graz machen mich einfach nur fassungslos. Dass es an einem Ort, der ein Ort des Lernens sein soll, des Zusammenkommens, ein Ort der Freude, ein Ort der Sicherheit für alle, die dort sind, mehrere Todesopfer und Verletzte gibt, das macht mich zutiefst betroffen. Und als Mutter von zwei Schulkindern zerreißt es mir das Herz, wenn ich daran denke, wie es ist, die Kinder in der Früh in die Schule zu schicken, und sie kommen am Nachmittag nicht nach Hause.
Ich könnte jetzt auch politisch viel dazu sagen - und wahrscheinlich wird die Debatte dafür auch genutzt werden -, denn ich bin mir sehr sicher, dass wir uns um das psychische Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen kümmern müssen, dass wir es stärken müssen, dass wir präventive Schutzmaßnahmen brauchen, dass wir in der Extremismusbekämpfung ansetzen und noch viel vor uns haben. Alles das wäre inhaltlich richtig und trotzdem sind es Worte, die einfach auch zu früh kämen, weil wir weder wissen, was das Motiv des Täters ist, noch Hintergründe wissen, sondern einfach nur, dass es eine schreckliche Tat ist, und jede Brücke, die daraus zu schlagen ist, wäre für den heutigen Tag einfach vermessen. Fest steht für mich jedenfalls, Schulen müssen Orte der Sicherheit sein, des Vertrauens und der Gemeinschaft, dafür werden wir in den kommenden Jahren alles geben, und dafür werden wir auch sorgen.
Meine Damen und Herren, ich komme zurück zu dieser konstituierenden Sitzung, zu der wir zusammengekommen sind. Es fühlt sich immer an wie ein neues Kapitel. In hunderten Jahren einer Stadtgeschichte sind es wieder fünf neue Jahre, die wir heute hier aufschlagen, und wenn man es so einteilen will, sind es auch immer kurze Folgen in fünf Jahren.
Man muss nur ganz kurz zurückdenken, was sich in so einer kurzen Periode alles verändern kann, wo wir in der letzten Periode gestartet sind. In vielen Bereichen war es eine andere Welt, es war vor dem ersten Winter der Pandemie, vor einer zweistelligen Inflation, einer Energiekrise, vor dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, vor der Vertreibung vieler Ukrainerinnen und Ukrainer aus ihrem Heimatland, vor den vielen geflüchteten und familienzusammengeführten Kindern, die wir in unsere Schulen aufgenommen haben. Unsere Aufgabe in der letzten Zeit und in Zukunft wird es immer sein, diese aktuellen Entwicklungen und Krisen zu managen, aber natürlich auch proaktiv die Zukunft zu gestalten, einen Aufschwung zu schaffen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber genau diese Aufgabe, die uns hier alle vereint, ist ein demokratisches Privileg, und ich kann es auch gar nicht erwarten, heute wieder damit zu beginnen.
Am Anfang dieser neuen Regierungsperiode dominiert ein Thema ganz stark das ganze Land, das ist vor allem die Thematik und die Debatte rund um unsere Wirtschaft, um die budgetäre Situation. Österreich ist das einzige EU-Land, das auf kein Wachstum verweisen kann, Wien ist die rühmliche Ausnahme. Aber auch weil wir nur Prognosen haben, die noch unklar sind und wir noch nicht wissen, in welche Richtung es geht. Eines wissen wir alle: Wir haben viel, viel Arbeit vor uns. Darum trägt diese Regierung den Namen Aufschwungskoalition, weil wir wissen, was die aktuellen Herausforderungen sind, und weil wir gewillt sind, alles zu tun, um diesen Aufschwung für Wien möglich zu machen.
Sozialer Zusammenhalt, starke Wirtschaft und moderne Bildung sind die Prioritäten, die wir uns gegeben haben, und die wir in den nächsten Jahren ganz stark in den Vordergrund stellen werden. Ich habe es erwähnt, die Staatsfinanzen sind angespannt, die Budgets geben nicht viel Spielraum her. Aber darum bin ich auch stolz darauf, dass wir einen klaren Pfad verfolgen, einen Konsolidierungspfad, auf den wir uns verständigt haben, der vor allem ausgabenseitig ansetzt, um die Belastung für die Menschen in dieser Stadt und trotz aller Umstände möglichst niedrig zu halten.
Wir werden viele strukturelle Reformen angehen, wir werden uns alle Förderungen in dieser Stadt ansehen. Wir versehen jedes Projekt mit einer klaren Gegenfinanzierungspflicht, das sind nur einige der Maßnahmen, die wir in diesem Bereich setzen werden. Aber gute Wirtschaftspolitik ist mehr als nur sparen und zu schauen, wo man weniger ausgibt. Sie bedeutet auch, Prioritäten zu setzen, um die Wirtschaft, um unseren Standort anzukurbeln und noch stärker zu machen.
Für mich gibt es kein besseres Beispiel als das alte Stellantis-Werk, das mittlerweile stillgelegt wurde, ein Ort, der schon einmal für Arbeit, für Aufschwung gestanden ist, und den wir mit diesem Regierungsprogramm wiederbeleben wollen. Als Heimat neuer, innovativer Unternehmen für Zukunftsindustrien ist die Seestadt auch ein geeigneter Ort, um die drohende Deindustrialisierung zur Reindustrialisierung umzukehren. Die AI-Gigafactory, für die wir uns bewerben wollen, ein Hochleistungsrechenzentrum im Bereich der künstlichen Intelligenz, ist ein Beispiel dafür, um die kritische Infrastruktur der digitalen Gesellschaft und auch unseren Innovations- und Wirtschaftsstandort und Forschungsstandort zu stärken.
Forschung ist ein weiteres Stichwort. Wenn international der Druck groß ist und auf die freie Forschung vor allem zunimmt, gerade in Zukunftsbereichen wie den Klimatechnologien, dann ist es doch gerade in einer historischen und weltoffenen Stadt wie Wien mit einer so hohen Lebensqualität logisch, die betroffenen Spitzenforscherinnen und -forscher zu uns zu holen und Wien zur Forschungsmetropole zu machen. Wir stehen ganz klar hinter der Freiheit der Wissenschaft, und wir wollen die besten Köpfe nach Wien holen.
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