«  1  »

 

Gemeinderat, 1. Sitzung vom 10.06.2025, Wörtliches Protokoll  -  Seite 24 von 46

 

ten, oder so zu tun, als könne Wien nicht noch besser werden. Das bedeutet für uns auch, nicht der Arroganz der Macht zu verfallen und so zu tun, als könnte die Opposition nicht auch gut punkten. Das bedeutet umgekehrt aber auch, nicht ein Bild zu zeichnen, als wäre in Wien alles schlecht. Denn bei aller berechtigter Kritik und bei allem, was in dieser Stadt noch besser werden kann: Wir sind eine Stadt, die weltweit beneidet wird. Lassen Sie uns daher gemeinsam ehrlich dafür arbeiten, damit das so bleibt!

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich komme zum Schluss mit dem Appell: Lassen Sie uns konstruktiv streiten! Seien wir hart in der Sache und fair zu Personen! Und lassen Sie uns nie vergessen, dass sich in diesem Raum Menschen befinden, die für eine positive Vision in die Politik gegangen sind! Ich freue mich auf die Debatte in den nächsten fünf Jahren und auf die Arbeit in der gemeinsamen Regierung. - Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Zierfuß. Ich erteile es ihm.

 

14.15.08

GR Harald Zierfuß (ÖVP)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende, sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte, liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Heute treffen mit Sicherheit zwei Stimmungen in uns allen aufeinander. Wir alle freuen uns, voller Tatendrang und Vorfreude gemeinsam in eine neue Periode zu starten. Gleichzeitig trauern wir österreichweit gemeinsam mit den betroffenen Menschen im Hinblick auf diesen wirklich abscheulichen Anschlag, der sich in Graz abgespielt hat. Es wurde schon gesagt: Junge Menschen in Graz wurden in der Schule, die ein Ort des Lernens sein soll, vor allem aber ein Ort sein muss, an dem man sich sicher fühlt, ganz plötzlich aus dem Leben gerissen. Daher spreche ich an dieser Stelle - und ich glaube, da spreche ich nicht nur für meine Fraktion, sondern für alle hier im Haus - den Familien, den Angehörigen, den Freunden, den Lehrern, Eltern und Schülern der Schule, die einen wahnsinnigen Verlust mitmachen mussten und sehr schlimme Stunden durchgestanden haben, unser aufrichtigstes Beileid aus.

 

Im Hinblick darauf sage ich auch in aller Deutlichkeit, was auch schon von zwei Vorrednern angesprochen wurde: Für Hass, Gewalt und Mord darf es in unserem Land keinen Platz geben. Daher muss über alle Parteigrenzen hinweg und von jedem in seinem Bereich und auf seiner Ebene alles unternommen werden, dass so etwas nie wieder stattfinden kann. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wir haben jetzt aber auch eine neue Stadtregierung gewählt, die ein Programm präsentiert hat, und an diesem Tag werden wir über das Programm und das, was uns in den nächsten fünf Jahren in Wien beschäftigen wird, sprechen. Es ist dies ein Programm voller schöner Worte, aber auch ein Programm leerer Versprechungen. Ich habe mir von SPÖ und NEOS in diesem Zusammenhang nicht allzu viel erwartet, es ist aber auch die aus meiner Sicht niedrige Latte bereits locker unterboten worden mit diesem Programm, das schlichtweg enttäuscht. Es wurden im Wesentlichen viele Ziele aufgezeigt, von welchen ich auch einigen zustimme, man ist aber nicht unbedingt zu entsprechenden Lösungen gekommen. Dieses Programm kann aus meiner Sicht mit vier Attributen sehr einfach zusammengefasst werden: Es ist unkonkret, schwammig, oberflächlich und ambitionslos. Wir lesen viel Prosa, aber wenig Konkretes. Es ist wie alter Wein in neuen Schläuchen, es ist ein Weiter-wie-Bisher statt echter Reformen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Mit dieser Koalition wird es für Wien fünf Jahre lang weiter abwärts gehen. Es wird höhere Schulden geben. Ich glaube, das hat man schon sehr gut sozusagen rausgehört. Es wird größere Integrationsprobleme, längere OP-Wartezeiten und mehr Menschen in der Mindestsicherung geben als schon in den letzten fünf Jahren. Es werden mehr Kinder nicht Deutsch können und deswegen keine Chancen haben. SPÖ und NEOS haben uns also eine Abwärtskoalition für Wien präsentiert, die Probleme nicht erkennen will und so weiterwurschtelt wie bisher mit einem Abwärtsprogramm, das außer Überschriften nichts zu bieten hat. Mit dieser Abwärtskoalition, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben Sie wieder einmal eine Chance für Wien liegengelassen, und das ist schade für unsere Stadt! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich habe mir das Programm genau durchgelesen, und ich meine, es ist erstaunlich, wie auf fast 200 Seiten so wenig Konkretes stehen kann. Ein paar Wörter stechen aber hervor, vor allem auch wegen deren Anzahl. So findet man darin zum Beispiel 85 Mal „evaluieren“ oder „Evaluierung“: Im Hinblick auf unliebsame Themen haben sich SPÖ und NEOS also offenbar darauf geeinigt, festzulegen: Schauen wir dann einmal, was wir da tun sollen.

 

So wollen Sie zum Beispiel die Wiener Mindestsicherung evaluieren, obwohl doch mittlerweile nicht nur in ganz Österreich festgestellt wurde, sondern auch Ihr eigener Finanzdirektor festgehalten hat, dass wir uns diese Wiener Mindestsicherung ab 2026 gar nicht mehr leisten können werden - wie in der Kronen Zeitung berichtet wurde -, außer es wird im Gesundheitsbereich etwas eingespart. So werden in Wien jetzt 9 000 EUR netto ohne Arbeit teilweise rein aus Sozialleistungen ausgezahlt, und das ist ein Betrag, den überhaupt fast niemand in Österreich durch Erwerbsarbeit verdienen kann. Dadurch entstehen Kosten von 1,2 Milliarden EUR für den Steuerzahler allein dieses Jahr nur für die Mindestsicherung.

 

Wir alle sind uns darüber einig, und StRin Emmerling hat das gestern auch im ORF gesagt, dass die Mindestsicherung das letzte soziale Netz sein muss, das vor Armut schützt, dass dieses aber nie eine soziale Hängematte sein darf, die so angenehm ist, dass manche diese gar nicht mehr verlassen möchten oder - noch schlimmer - nur wegen dieser Hängematte überhaupt erst nach Wien kommen. In Wien leben 20°Prozent der Einwohner von Österreich, aber etwa 75°Prozent der Mindestsicherungsbezieher. Es besteht hier also sehr wohl nachweislich der Faktor, dass Menschen wegen der Mindestsicherung nach Wien kommen und die Hälfte davon Nichtösterreicher sind. Dazu halte ich fest: Die Mindestsicherung muss ein Sprungbrett zurück in den

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular