«  1  »

 

Gemeinderat, 2. Sitzung vom 23.06.2025, Wörtliches Protokoll  -  Seite 31 von 109

 

Oder anderes Beispiel: Was wäre mit einer Stadtmaut? - Die könnte helfen, dass die Menschen, die nach Wien pendeln, den öffentlichen Verkehr nutzen, zur Finanzierung des öffentlichen Verkehrs beitragen und gleichzeitig zur Budgetkonsolidierung beitragen. Es ist mutlos und kurzsichtig, dass diese Stadtregierung in der aktuellen klimapolitischen und budgetpolitischen Situation über so etwas wie eine Stadtmaut nicht einmal nachdenkt. Ganz zu schweigen von der Widmungsabgabe, hinsichtlich derer Sie zwar angekündigt haben, sie zu prüfen, als es um die Kleingartenaffäre gegangen ist, die jetzt aber wieder völlig aus Ihren Diskussionen entschwunden ist.

 

Was ich Ihnen auch sagen muss: Das Programm, das Sie präsentiert haben, ist grundsätzlich mehr ein Rechnungsabschluss als ein Zukunftsprogramm. Wir lernen in Ihrem Programm mehr über den Blick auf die Vergangenheit als über das, was Sie für die Zukunft planen.

 

Dort, wo Projekte genannt werden, fehlt der beabsichtigte Outcome, was interessant ist bei den NEOS, die immer von Wirkungsorientierung sprechen. Ein Beispiel dafür: die Zahl der außerordentlichen SchülerInnen. Auf Nachfrage konnten bei der Präsentation des Regierungsabkommens keine Zahlen dazu genannt werden. Das machen Sie insgesamt nicht. Das heißt für Ihren berühmten Regierungsmonitor auch, dass die Dinge nicht nachprüfbar sind, denn wenn man keine Zahlen nennt, dann kann man halt auch nichts nachprüfen. Die Vizebürgermeisterin hat dazu vor zwei Wochen bei "Wien heute" gesagt: "Es mag einiges vage formuliert sein, aber wir haben in unserem letzten Programm 97 Prozent der Sachen auch erreicht, die wir uns vage ausformuliert haben." (Heiterkeit bei GR Mag. Manfred Juraczka.) Das war sicher ein Versprecher, aber nichtsdestotrotz - ich habe mir das Wort für Wort rausgenommen -, das ist genau das Problem. Wenn ich irgendetwas so vage formuliere, dass ich nachher selber entscheiden kann, ob ich es erfülle, dann kann man sich so einen Regierungsmonitor, sehr geehrte Damen und Herren, in die Haare schmieren, dann braucht es diesen nicht. (Beifall bei den GRÜNEN und von GR Harald Zierfuß.)

 

Ein anderes Beispiel - es ist schon wichtig, jetzt auch über die Zukunft zu reden -, das Beispiel des Wohnungsbaus. Wien ist eine sehr stark wachsende Stadt - in den letzten fünf Jahren ist Wien durchschnittlich um über 20 000 Menschen gewachsen -, und gleichzeitig gibt es, und das sieht man an diesen Zahlen ja auch, einen alarmierenden Rückgang beim sozialen Wohnbau, wenn man es mit den Vorperioden vergleicht. Und dann steht in Ihrem neuen Programm: Wir wollen eine Wohnbauoffensive 2024 plus starten! - Die haben Sie schon früher präsentiert, da stehen 22 000 geförderte Wohnungen drinnen. Bis 2030 braucht es aber, wenn wir annehmen, dass die Stadt ähnlich stark wächst wie bisher, 50 000 Wohnungen. Es gibt ja auch keine Anstrengungen, bestehende Wohnungen zu mobilisieren. Wir haben keine Leerstandsabgabe, wir haben keine Idee, wie bestehender Wohnraum mobilisiert wird. Also brauchen wir zirka 50 000 neue Wohnungen. Der Plan für 28 000 Wohnungen davon fehlt völlig, und das heißt nichts anderes, sehr geehrte Damen und Herren, als dass wir auf einen massiven Wohnraummangel zusteuern. Das hat katastrophale Wirkungen für die Leistbarkeit von Wohnen in Wien. Wenn zu wenige Wohnungen gebaut werden, dann wird das Wohnen auf jeden Fall teurer. Und beim leistbaren Wohnen sind diese Pläne, sehr geehrte Damen und Herren, eine Unterlassungserklärung. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Der Rechnungsabschluss ist Ausdruck von fehlendem Mut, die großen Sorgen der Wienerinnen und Wiener anzugehen. Statt Klimaschutz und Klimaanpassung endlich mutig anzugehen, wird unterlassen, die Sanierungsrate von Gebäuden endlich nennenswert zu steigern; es wird verbummelt, bei der erneuerbaren Energie im Gemeindebau endlich etwas voranzubringen. Und es wird verabsäumt, den Anteil der klimafreundlichen Mobilität endlich auszubauen. Stattdessen wird wenige Tage nach der Wahl das 365-EUR-Ticket bereits vom Bürgermeister abwärts in Frage gestellt. Ich kann nur sagen, sehr geehrte Damen und Herren: Hände weg von dem günstigen Öffi-Jahresticket! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ein Beispiel aus der Bildung. Statt das Problem des Spracherwerbs endlich konsequent anzugehen, wird es auch nach der Wahl unterlassen, die Ziele beim Ausbau der Sprachförderkräfte endlich zu formulieren, sodass man ihre Erreichung überprüfen kann. Die Forderung aus dem Wahlkampf "Ausbau auf 1 000 Sprachförderkräfte" im Blick zurück kommt im Regierungsprogramm gar nicht vor, sehr geehrte Damen und Herren. Und statt die öffentliche Daseinsvorsorge in Wien zu stärken, wird es verabsäumt, den FSW mit ausreichend Mitteln auszustatten. Stattdessen werden die Mittel für die sozialen Dienstleistungen gekürzt, und beim Sozialabbau, sehr geehrte Damen und Herren, werden Sie in uns immer einen Gegner oder eine Gegnerin haben. Das ist Sparen am falschen Ort.

 

Lassen Sie mich noch eines sagen: Wenn die Stadträtin dann vom digitalen Humanismus spricht, habe ich schon ein bisschen lachen müssen. Heißt der digitale Humanismus, dass wir im Sozialbereich immer noch einen analogen Akt, einen doppelten analogen Akt führen müssen, weil wir es nicht schaffen, die Aktenführung im Sozialbereich zu digitalisieren? - Ist so! (GR Jörg Neumayer, MA: Es hat ja das eine mit dem anderen nichts zu tun!) - Oder ist es digitaler Humanismus, dass wir das Geld dafür ausgeben, eine Parallelführung von Wohnbeihilfe und Mietbeihilfe beizubehalten, weil wir es nicht schaffen, die Prozesse zu digitalisieren? Sorry to say, aber wenn man sich für die Digitalisierung in der Stadt lobt, dann sollte man sehr genau hinschauen, was da alles noch im Argen liegt, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Das Regierungsprogramm, das wir vor zwei Wochen gehört haben, ist in wesentlichen Punkten eine Fortsetzung vieler Unterlassungen, die in den vergangenen viereinhalb Jahren quasi schon da waren. Es ist eine Unterlassungserklärung beim leistbaren Wohnen, beim konsequenten Klimaschutz, bei der besten Bildung für alle Kinder in unserer Stadt. Da fehlt dieser Regierung

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular