Gemeinderat, 2. Sitzung vom 23.06.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 42 von 109
Mein Name ist Theresa Schneckenreither. Ich bin die neue Sprecherin für Budget, Finanzen und Katastrophenschutz der GRÜNEN in Wien. Ich war in der letzten Periode schon als Bezirksrätin und Klubobfrau bei den GRÜNEN in Margareten tätig. Deshalb freut es mich natürlich einerseits sehr, dass der Bezirk Margareten jetzt eine grüne Bezirksvorstehung hat. (Beifall bei den GRÜNEN.) Es freut mich aber natürlich auch sehr, dass ich gemeinsam mit einer sehr geschätzten Kollegin von der SPÖ Margareten, mit Alexandra Rezaei, gemeinsam in den Gemeinderat einziehen darf.
Ich war schon in der Bezirksvertretung für das Bezirksbudget zuständig und war auch beruflich schon in der Privatwirtschaft und beim Fonds Soziales Wien als Controllerin tätig. Deshalb freut es mich natürlich auch sehr, dass mein Einstieg hier im Gemeinderat mit der Rechnungsabschlussdebatte beginnt. Kollege Ornig hat das ja in seiner ersten Rede schon mit dem Super Bowl verglichen. Das finde ich sehr passend, vor allem weil wir die Werbeeinnahmen in der Stadt Wien, glaube ich, sehr gut brauchen könnten. (GR Markus Ornig, MBA: Wäre schön! - Heiterkeit bei den NEOS.)
Zum Rechnungsabschluss allgemein. Er ist ja in unserer schnelllebigen Zeit schon ein bisschen etwas Seltsames. 2024 scheint jetzt im Juni 2025 schon wieder ewig weit her. Man muss ein bisschen nachdenken: Was ist da eigentlich alles passiert? - Trotzdem ist es wichtig, genau hinzuschauen.
Er zeigt nämlich die tatsächlichen Prioritäten der Stadtregierung. Welche Versprechen wurden eingehalten und welche nicht? - Er ermöglicht uns vor allem eine Kurskorrektur für das Wien von morgen.
Der Rechnungsabschluss 2024 - wir haben es heute schon ein paar Mal gehört - ist leider einer der neuen Negativrekorde. Wir haben ein Rekord-Schuldenniveau von 11,9 Milliarden EUR erreicht, eine Rekord-Neuverschuldung in Höhe von fast 1,8 Milliarden EUR. Heuer, 2025, wird wohl rund das Doppelte an Neuverschuldung, rund 3,5 Milliarden EUR, neu dazukommen. Wo da in Wien die vom Bund geforderte Gegenfinanzierung ist und wo sie im letzten Jahr war, ist mir übrigens noch unklar. Bei diesem Schuldenstand sind die Schulden der städtischen Unternehmen Wiener Wohnen, Wien Holding, Stadtwerke und Co. noch gar nicht dabei.
Aus der Vergangenheit müssen wir leider lernen, dass der Wirtschaftsrückgang, der im Rest von Österreich leider schon Realität ist, Wien auf Grund des hohen Anteils des Dienstleistungssektors wahrscheinlich noch mit Verzögerung erreichen wird. Wenn also die Stadtregierung nicht aufpasst, hat Wien bald einen Schuldenstand in Höhe von einem Jahresbudget.
Da nur ein Nebensatz zur Rede von StRin Novak. Ja, die Arbeitslosenquote ist in Wien weniger stark gestiegen als im Rest von Österreich. Trotzdem ist sie im Bundesländervergleich immer noch klar am höchsten. Fazit also: Die finanzielle Lage in Wien ist für die Stadt alles andere als rosig. Trotzdem versucht die Stadtregierung sie so darzustellen, als wäre alles wunderbar.
Vor allem in den letzten Monaten war in Aussendungen - und vor allem auch in den Wahlkampfreden von Bgm Ludwig - immer wieder von Einsparungen in Höhe von 500 Millionen EUR zu lesen und zu hören, was einfach nicht stimmt. StRin Novak hat wohl daher heute auch auf das Nettoergebnis nach Rücklagen umgeschwenkt, das aber trotz hoher Auflösungen von Rücklagen immer noch im Minus ist.
Zurück zum angeblichen Sparen - wir haben es heute schon kurz gehört. Die Regierung hat einfach nur weniger neue Schulden gemacht, als sie ursprünglich geplant hatte. Statt einer Neuverschuldung von 2,2 Milliarden EUR, die schon enorm gewesen wäre und die im Voranschlag angeführt war, hat man - unter Anführungszeichen - "nur" 1,8 Milliarden EUR neue Schulden gemacht - wie gesagt so viel wie noch nie. So wird es auf jeden Fall schwierig mit der Budgetkonsolidierung. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vor allem noch eine persönliche Anmerkung. Ich finde das gerade in Zeiten, in denen das Vertrauen in die Demokratie und in die Politik immer weniger wird, schwierig. Solche TaschenspielerInnentricks helfen nicht, das Vertrauen in die Politik wieder zu stärken.
Kurz noch einmal zur Erklärung: Wo kommen diese 500 Millionen EUR angebliche Einsparung her? - Wir haben es schon ein bisschen gehört. Die Stadt hat zum Beispiel rund 200 Millionen EUR weniger an die Wiener Linien ausgezahlt. Dafür plant man jetzt die Erhöhung des Preises des 365-EUR-Tickets.
Und die Stadt hat sich über die Gebrauchsabgabe an den hohen Energiepreisen der Wien Energie mit überplanmäßigen 100 Millionen EUR an Mehreinnahmen bereichert. Das ist aus meiner Sicht nicht unbedingt eine große strategische Sparpolitik.
Was aber stimmt: Die Zeiten sind herausfordernd. Wir haben diverse Krisen - Klimakrise, Wirtschaftskrise, Energiekrise und diverse internationale Konflikte -, die sich natürlich auch auf die Stadt Wien auswirken. In solchen Zeiten kann sich die Stadt natürlich nicht komplett aus der Verantwortung ziehen. Natürlich muss die Stadt auch weiterhin Geld investieren, um die negativen Auswirkungen der diversen Krisen auf die Wienerinnen und Wiener abzufedern.
Dabei muss man sich aber immer zwei Fragen stellen: Sind es einerseits die richtigen Ausgaben, und ist es zweitens nicht irgendwann wirklich zu viel? - Auf die Frage der richtigen Ausgaben werden meine Kolleginnen und Kollegen wohl in den weiteren Spezialdebatten noch genauer eingehen. Aber die Frage, wann es zu viel ist, müssen wir uns vor allem als progressive Kräfte jetzt schon stellen.
Denn spätestens wenn der Schuldenstand der Stadt Wien so hoch ist wie ein gesamtes Jahresbudget, werden wohl die Rufe der Konservativen nach dem Ausverkauf der Stadt - nach dem Verkauf von Gemeindewohnungen, nach dem Verkauf von Spitälern und so weiter - wieder lauter. Es ist schon mindestens einmal - Stichwort BUWOG - kräftig schiefgegangen. Das müssen wir auf jeden Fall verhindern. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Auch da sei mir ein Nachsatz zur Rede von StRin Novak gestattet: Wien hat sehr wohl schon einmal dem neoliberalen Druck der 1990er-Jahre, wie sie es
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