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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 23.06.2025, Wörtliches Protokoll  -  Seite 65 von 109

 

ständlich. Danke dafür. (Beifall bei GRÜNEN und NEOS.)

 

Und jetzt zum Inhaltlichen, ich fange mit dem an, was ich gut finde. Gut finde ich, was wir erst vor ganz kurzem gehört haben, nämlich dass Asli Kislal die neue Künstlerische Leitung des Theaters der Jugend sein wird. Danke an die, die in diese Entscheidung eingebunden waren, dass sie sich getraut haben, das traditionsreiche Theater der Jugend an eine kritische, politische Person zu übergeben. Das ist wirklich eine mutige Entscheidung und wird diese Stadt auf neue Art prägen, nicht zuletzt, weil Asli Kislal selbst seit Jahrzehnten daran arbeitet, den klassischen bildungsbürgerlichen Theaterbetrieb zu öffnen.

 

Sie selbst hat türkische Wurzeln, das wissen Sie wahrscheinlich, hat international gearbeitet und hat mit dem Diversity Lab auch junge Personen mit Migrationsgeschichte schauspielerisch ausgebildet, junge Personen, die zwar Talent haben, aber niemals im Standardausbildungsbereich in Österreich untergekommen wären. Einige von ihnen haben mittlerweile die Ausbildung abgeschlossen und sind auch im Wiener Theaterbereich aktiv. Herzlichen Glückwunsch dazu, liebe Asli Kislal, denn Veränderung braucht Menschen wie Sie, die sich dafür einsetzen, dass es neue Blicke in dieser Kulturlandschaft gibt. Vielen Dank. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Ich freue mich sehr über diese Entscheidung und trotzdem zeigt sie gleichzeitig, wie es um die Transparenz im Kulturbetrieb bestellt ist. Es passiert nach wie vor zu viel hinter geschlossenen Türen. Kaum jemand weiß, wer eigentlich die finale Entscheidung getroffen hat und wer in der Jury gesessen ist. Theoretisch entscheidet der Verein Theater der Jugend über die Besetzung der künstlerischen und kaufmännischen Geschäftsführung. Warum aber gibt es dann nur Pressefotos mit dem Kulturminister und mit Ihnen, Frau Stadträtin, und keines mit dem Vereinsvorstand oder gar mit der Jury, zumindest keines der Fotos, die wir bekommen haben oder die zumindest medial aufgegriffen worden sind?

 

Wenn die neue Leitung des Theaters der Jugend doch eine politische Entscheidung war, warum erfährt der Kulturausschuss, der am Nachmittag vor der Pressekonferenz der Bekanntgabe getagt hat, warum erfahren wir als Gremium nichts von dieser Entscheidung und warum erfahren wir das wieder einmal aus der Presse?

 

Das Theater der Jugend zählt neben dem Theater in der Josefstadt, dem Volkstheater und den Vereinigten Bühnen zu den vier ausgewiesenen Großbühnen dieser Stadt. Es wird mit 5,7 Millionen EUR von Wien gefördert. Es gilt als wesentliches Standbein der Kulturbildung für zukünftige Generationen. Es ist unsere gemeinsame Kulturbildungsstätte. Da wäre es doch angebracht, dass der Ausschuss auch rechtzeitig davon erfährt, was die Zukunft weiter bringen wird.

 

Nach dieser Kritik, wir haben aber prinzipiell eine nette, freundliche Kommunikation im Ausschuss, und das freut mich sehr. Solche Moves geben dann aber immer irgendwie einen schalen Beigeschmack, und den möchte ich an dieser Stelle schon genannt haben. Und da rede ich noch nicht vom heurigen Kulturbericht, das muss jetzt an dieser Stelle doch auch sein. Ohne meine Nachfrage wäre er erst in einem Monat vorgelegen. Nun haben wir vergangenen Freitag zumindest einen nicht gelayouteten Vordruck bekommen. Vielen Dank dafür, besonders an all jene, die ihren Feiertag dafür opfern mussten, damit wir diesen Bericht jetzt vorliegen haben. Herzlichen Dank an die MitarbeiterInnen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Jetzt zu den schwierigeren Themen des letzten Jahres. Schon bei den Förderansuchen 2024/2025, die wir seit Juni 2024 bearbeitet haben, waren Kürzungen spürbar. Zum Beispiel Jeunesse, Klangforum oder auch AZW haben versucht, Kalkulationen entlang von Fair Pay einzureichen. Und da mussten die EinreicherInnen dann erkennen, dass die Förderungen leider nicht dementsprechend vergeben wurde oder vergeben werden konnten. Auf das Thema Fair Pay selbst werde ich noch später eingehen.

 

Im Gegensatz dazu, wer kriegt mehr? - Mehr kriegen, das können Sie sich schon vorstellen, die großen Institutionen, das Haus der Musik, die Wiener Symphoniker, das Kunsthaus Wien, das Mozarthaus, die VBW. Da gab es sogar eine Überschreitung von 4,5 Millionen EUR. Von 2022 mit 49,9 Millionen EUR ist die VBW mittlerweile auf 57,5 Millionen EUR Förderungen angestiegen. Das Johann-Strauß-Festjahr bekam auch 2 Millionen EUR mehr und ist insgesamt mit 22 Millionen EUR gefördert. Wie sich das im Publikumsinteresse auswirkt, erfahren wir hoffentlich aus einem umfassenden Bericht für das heurige Jahr, auf den ich mich schon freue.

 

Das Problem dabei ist, für diese Erhöhungen mussten sogar Fremdmittel eingesetzt werden, sprich Schulden aufgenommen werden. Insgesamt sind das 10,4 Millionen EUR Schulden im letzten Jahr, nur für die großen Institutionen. Die haben solide arbeitsrechtliche Verträge, teilweise sind sie an die Beamtenbesoldung gebunden. Alle anderen haben leider das Nachsehen. Diese Schieflage verschärft die soziale Ungerechtigkeit im Kulturbetrieb. Wenige profitieren von sicheren, gut bezahlten Stellen, während die Mehrheit der KulturarbeiterInnen nach wie vor prekär beschäftigt ist.

 

Die gerade im Bund beschlossene Abschaffung der Zuverdienstmöglichkeit zum AMS-Bezug wird diese Situation weiter verschärfen und auch die Vielfalt im Wiener Kulturbetrieb bedrohen. Ein fair bezahlter Gig zum Beispiel beim Kultursommer alleine ist zu wenig, um eine Monatsmiete zu zahlen, auch wenn der einzelne fair bezahlt ist, weil Monatsmiete und Grundversorgung einfach mehr als diese 500 EUR sind, die man für so einen Abend bekommt.

 

Es braucht dringend neue Modelle der sozialen Absicherung für KünstlerInnen, sowohl auf Bundesebene, als auch in Wien. Und da sind wir schon beim Thema Fair Pay. Das Festschreiben von Fair Pay als Wirkungsziel im Wiener Regierungsprogramm allein ist leider nicht ausreichend. Wien hat sich zwar zu Fair Pay bekannt, allerdings nur in stadteigenen Einrichtungen. Was ist mit all den Vereinen und Institutionen, die de facto zu 100 Prozent von Wiener Förderungen leben?

 

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