Gemeinderat, 2. Sitzung vom 23.06.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 66 von 109
Fast witzig erscheint es mir in diesem Zusammenhang, dass zwar die Formulare auf Fair Pay umgestellt werden, aber was genau werden Sie damit verbessern können? Wie sollen selbst Mittelbühnen fair bezahlen können, wenn ihre Förderungen nicht inflationsangepasst werden? Nicht einmal der von Ihnen initiierte Kultursommer, Frau Stadträtin, erhielt die geforderte Fördererhöhung.
Als Grundlage für faire Gehälter wird derzeit auf die Tabelle der IG Kultur verwiesen. Das ist an sich ein gutes Hilfsmittel, allerdings wurden dort die Zahlen nicht mit den realen Fördersummen verbunden. Vereine, die mit diesen Summen rechnen, überschreiten die vorhandenen Fördersummen immer. Da braucht es dringen eine Überarbeitung. Wenn Sie nur das Formular auf Fair Pay ändern lassen, lagern Sie die Verantwortung zur fairen Bezahlung ganz allein an die AntragstellerInnen aus. Ohne klare Finanzierungszusage der Stadt wird sich das leider nicht ausgehen.
Fair Pay braucht immer Zusammenarbeit auf allen Ebenen. Die bisherige Vorgangsweise war komplett intransparent. Wer aus welchen Gründen eine Fair Pay Erhöhung erhielt, wurde auch hinter verschlossenen Türen beschlossen und ohne zumindest für uns nachvollziehbare Kriterien. Auskunft im Ausschuss dazu war, die MA 7 weiß, wer was braucht. Das kann aber bitte nicht die Debatte über Kriterien und strategische Ziele ersetzen. Es braucht verbindliche Kriterien, was faire Bezahlung in der Kulturstadt Wien bedeuten und wer sie in welchem Ausmaß zahlen kann. Deshalb haben wir einen Antrag dazu eingebracht, um konkrete Maßnahmen zu Fair Pay im Kulturbudget zu verankern. Wir hoffen auf Ihre Zustimmung. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Noch ein Thema zum Geldausgeben im Gemeinderat: Während wir bei den Kulturförderungen für die Vereine jeden Euro zweimal umdrehen und kontrollieren, sitzt der Geldbeutel der Stadt offenbar besonders locker, wenn Großprojekte beschlossen werden sollen. Im vorletzten Gemeinderat, vor der Regierungsneubildung, wurde noch schnell ein Monsterprojekt beschlossen, das eine neuerliche Schuldenaufnahme notwendig macht.
Ich spreche von der CTS Eventim-Halle, spricht der neuen Halle, die in Neu Marx gebaut werden soll, und dafür sollen 215 Millionen EUR freigegeben werden. 215 Millionen EUR, das sind zwei Drittel des Kulturbudgets dieser Stadt. Und das kann man nicht nur aus dem Budget zahlen, sondern dazu müssen auch wieder Fremdmittel aufgenommen werden. Das heißt, die 215 Millionen EUR sind nicht privat, diese Zahlen kommen aus dem Budget. Den Rest zahlen sie privat, das haben wir nachgeschaut.
Wir wissen, das ist ein globaler Marktführer, dessen Geschäftsmodelle nicht nur den Ticketverkauf umfasst, sondern auch systematische Kontrolle über Veranstaltungsorte sowie die direkte Organisation der von CTS Eventim vermarkteten KünstlerInnen. Was wir hier sehen, ist, dass das sozialdemokratische Wien lieber in internationale Konzerne investiert, als in die Personen, die das Flair der Stadt als Kulturhauptstadt Europas ausmachen, die KünstlerInnen und die im Kunstbetrieb Beschäftigten, die Wien erst das vielzitierte Image als Kulturhauptstadt verleihen. Das finden wir schade.
Was wünschen wir uns als GRÜNE für die Kulturpolitik in Wien? - Wir wünschen uns Öffnung und günstige Vermietung von stadteigenem Leerstand für Kulturinitiativen. Wir wünschen uns einen Ausbau des musischen Unterrichts an Pflichtschulen, weil alleine die Musikschulplätze zu erhöhen, hilft nicht. Wir wollen, dass jedes Kind in dieser Stadt eine Chance hat, mit Musik in Kontakt zu kommen. Wir wünschen uns endlich ein Haus der neuen Musik.
Wir wünschen uns verbindliche Integration von Kultur in die Stadtplanung, mit klaren Kennzahlen, ab wann für Kultureinrichtungen in neuen Stadtteilen gerechnet werden muss, wo eine richtige Flächenwidmung entsteht, auch in neuen Stadtteilen, wie zum Beispiel dem Nordwestbahnhof. Und wir wünschen uns eine automatische Valorisierung langfristiger Kulturförderungen und ein echtes Fair Pay.
Wien ist stolz auf seine Kultur, doch dieser Stolz muss sich auch in fairen Arbeitsbedingungen, echter Chancengleichheit und einer transparenten, nachhaltigen Förderpolitik widerspiegeln. Dafür werden wir uns als GRÜNE weiterhin einsetzen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Das war ebenfalls eine Punktlandung, was die selbst gewählte Redezeit betrifft. Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Brucker. Selbst gewählte Redezeit sind acht Minuten, die jetzt eingestellt sind. - Sie sind am Wort.
GR Lukas Brucker, MA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Vorsitzende, sehr geehrte Frau Stadträtin, sehr geehrte KollegInnen und Kollegen!
Ich freue mich, dass ich heute hier zum ersten Mal in meiner Funktion als freiheitlicher Gemeinderat und auch als Kultursprecher meiner Partei das Wort ergreifen darf. Ich komme aus einer Musikerfamilie und habe selber im Freundes- und Bekanntenkreis sehr, sehr viele Künstlerinnen und Künstler. Deshalb ist mir das kulturelle Leben der Stadt auch ein besonderes Anliegen.
Wir hatten vergangenen Dienstag schon die erste Sitzung des Kulturausschusses. Und wir hatten dort ein sehr, sehr freundliches Gesprächsklima sowie den Willen aller Fraktionen für eine gute Zusammenarbeit für Kunst, Kultur und Wissenschaft im Interesse unserer Stadt. Ich hoffe, dass das nicht nur eine reine Willensbekundung bleibt, sondern dass wir tatsächlich in vielen Bereichen an einem Strang ziehen können, um Kunst und Kultur in dieser Stadt auch im Interesse der großen Künstler der Stadt gestalten zu können. Nichtsdestotrotz haben wir aber auch festgestellt, dass wir in vielen Bereichen sehr, sehr viele unterschiedliche Ansichten haben, auch was die Bilanz des letzten Kulturjahres betrifft, und das bringen wir selbstverständlich auch sehr, sehr klar zum Ausdruck. (Beifall bei der FPÖ.)
Aus unserer Sicht ist es besonders bedauerlich, dass im kulturellen Leben der Stadt immer mehr die politische Agitation im Vordergrund steht und nicht die künstlerische Leistung. Ja, Kunst darf vieles, aber darf sie alles? - Jedenfalls muss sie sich gefallen lassen, kritisiert zu
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular