«  1  »

 

Gemeinderat, 2. Sitzung vom 23.06.2025, Wörtliches Protokoll  -  Seite 72 von 109

 

Richtung wir da gehen und dass auch alle Gebäude dieser Stadt diesem Beispiel folgen. Ein Museum spielt da auch eine ganz wichtige Rolle, denn auch das ist eben wieder ein wesentlicher Ort der Vermittlung. Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Das waren acht Minuten. Zu Wort gemeldet ist GRin Mag. Malle, zwölf Minuten selbst gewählte Redezeit. - Bitte schön.

 

16.59.24

GRin Mag. Mag. Julia Malle (GRÜNE)|: Sehr geehrte Frau Stadträtin, sehr geehrter Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen!

 

Wir diskutieren den Rechnungsabschluss und es ist immer noch so, dass wir eigentlich in einem Jahr voller Herausforderungen stehen, nach vielen Herausforderungen, Teuerung, globalen Unsicherheiten et cetera. Was bedeutet das konkret für den Bereich Wissenschaft und Forschung? - Ein bisschen ist es schon angesprochen worden. Es stimmt natürlich, gemessen am Anteil, der die Kultur betrifft, ist die Wissenschaft nur sehr gering im Budget abgebildet. Trotzdem leistet Wien da tatsächlich hervorragende Arbeit. Das möchte ich auch ganz klar anerkennen und das möchte ich auch aus der Opposition heraus tun. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Diese Programme wie das Doktoratskolleg Digitaler Humanismus oder auch die kontinuierliche Unterstützung des WWTFs sind großartige Programme. Ich kann mich immer wieder in Sitzungen auch persönlich davon überzeugen, dass da wirklich ausgezeichnete transdisziplinäre Forschung bewirkt wird. Das sind wirklich gute Bausteine für einen zukunftsorientierten Wissenschaftsstandort.

 

Diese Programme werden auch in angespannten finanziellen Zeiten weitergeführt und abgesichert - und das ist wirklich, wirklich wichtig. Der Ausbau im Bereich Digitaler Humanismus und die Innovationskraft in die KI, Klimaforschung und Life Science - das ist heute schon angesprochen worden -, machen deutlich, dass Forschung ernst genommen wird, indem sie auch konkret finanziell unterstützt wird.

 

Das war jetzt, glaube ich, wieder genug des Lobes, aber ich bleibe trotzdem konstruktiv, das kann ich schon versprechen. Es gibt ein paar Punkte, die aus unserer Sicht verbessert werden können. In Bezug auf die Transparenz: Ich finde es sehr schwierig, immer wieder den Kultur- und Wissenschaftsbericht nachzuvollziehen, vor allem für den Bereich Wissenschaft. Mir wurde gesagt, dass das früher etwas deutlicher dargestellt wurde, die Einzelförderungen besser aufgelistet wurden. Wir haben am Freitag diesen Bericht in einer vorläufigen Fassung erst bekommen, und es war ein bisschen schwierig, weil gemäß diesen Zahlen, wenn man denen Glauben schenkt, sinken die Einzelförderungen im Bereich der Wissenschaft sogar ein bisschen. Das muss man sich noch genauer anschauen.

 

In jedem Fall wäre es für uns sehr sinnvoll, die Mittel für Forschungsförderungsprogramme, Universitätskooperationen oder die Unterstützung, was die GastwissenschaftlerInnen betrifft, hier noch einmal detailliert dargestellt zu haben, weil es zur Transparenz beitragen würde, die Wirkung städtischer Wissenschaftspolitik einfach besser nachvollziehbar machen würde und uns auch die politische und fachliche Bewertung erleichtern würde. Anscheinend war das bis 2015 der Fall und noch etwas umfangreicher. Wir würden deshalb anregen, Kunst- und Kultur- und Wissenschaftsbericht auch wieder zu trennen.

 

Zweitens, die Langfristigkeit von Wien im internationalen Wettbewerb: Ich glaube, man könnte noch ein bisschen mehr in strategische Abstimmung investieren. Wir sehen sehr viele gute Einzelförderungen, aber wenig gebündeltes Wissen. Wir vermissen manchmal ein bisschen die Bündelung von all dem Wissen, das Zusammenwirken von Stadtregierung, Hochschulen, Förderinstitutionen und nicht zuletzt auch einer gut informierten Öffentlichkeit. Da ist auch viel Luft nach oben in Bezug auf die Wissenschaftskommunikation.

 

Wir sehen leider keineswegs, dass die Wissenschaftsfeindlichkeit abnimmt, im Gegenteil, es steigt das Desinteresse an der Wissenschaft in der Bevölkerung enorm. Dazu gibt es auch Studien. Wir sprechen auch immer darüber, und es passiert hier auch einiges, aber es geht auch da noch mehr.

 

Drittens - und das ist eigentlich heute mein Hauptanliegen -: Es geht auch um Verantwortung und zwar global und nicht nur auf die USA bezogen. Herr Dr. Gara hat diesbezüglich schon einiges angesprochen. Ich finde das auch wichtig, aber nicht nur auf die USA bezogen könnten wir auch da international unsere Solidarität zeigen, und zwar indem wir exzellente Forschung nach Wien holen. Es ist natürlich für manche, die jetzt forschen und Repressionen ausgesetzt sind, eine wirklich schwierige Situation. Ich finde das auch tatsächlich besorgniserregend, aber so traurig es ist, es ist auch eine Riesenchance für uns, jetzt die besten Köpfe nach Wien zu bekommen, und zwar indem wir Wien als sicheren Hafen für freie Forschung etablieren.

 

Ja, exzellente WissenschaftlerInnen verlieren ihre Arbeitsplätze, ihre Forschungsfreiheit, ihre Sicherheit, und zwar nicht, weil sie versagen würden und ihren Beruf nicht ernst nehmen, sondern nur, weil sie forschen, weil sie Fragen stellen, weil sie frei denken wollen. Das ist in vielen Ländern der Fall - ich denke an die Türkei schon seit 2016, wo über 6 000 WissenschaftlerInnen entlassen wurden, viele verhaftet wurden, teils nur deswegen, weil sie eine Friedenspetition unterschrieben haben. Wenn man in Russland unerwünschte Themen wie LGBTIQ-plus-Rechte behandelt oder Umweltzerstörung nur thematisiert, gibt es wahnsinnig viele Repressionen, denen man sich da aussetzt. Oder im Iran oder Viktor Orbán in Ungarn - die Central European University, eine der renommiertesten Hochschulen Mitteleuropas, de facto aus dem Land gedrängt, nur weil sie zu weltoffen ist, zu viel internationale Vernetzung hat, zu unabhängiges Denken unterstützt.

 

Aber, wir haben es schon gehört, auch Demokratien sind nicht gefeit. In mehreren US-Bundestaaten werden Studiengänge zu Genderrassismus, Klimawandel politisch angegriffen oder gleich ganz verboten, Visa für WissenschaftlerInnen erschwert, Diversitätsprogramme

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular