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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 23.06.2025, Wörtliches Protokoll  -  Seite 73 von 109

 

gestrichen. Der wissenschaftliche Diskurs wird dann zu einer ideologischen Kampfzone.

 

Da könnte Wien anknüpfen, indem wir als Stadt Verantwortung übernehmen, nämlich auch Verantwortung über die USA jetzt hinausgehend. Wien ist sehr beliebt bei Expats, nicht nur auf Grund seiner Weltoffenheit, und ich glaube, auch wenn wir bei Mercer nicht mehr auf Platz 1 sind, kommen die Leute gerne zu uns. Wir könnten auch diese Möglichkeit, die sich da ergibt, nutzen, tatsächlich auch für die Sicherung unseres ökonomischen Wohlstands, indem wir noch gezielter bestehende Stipendien und Förderprogramme öffnen, neue Programme entwickeln, noch enger mit Universitäten und internationalen PartnerInnen kooperieren. Wer heute ForscherInnen die Türen öffnet, gewinnt morgen Spitzenforschung, gerade in Bereichen, wo wir noch aufholen müssen, wie die KI, Klimaforschung, Public Health, Life Sciences, wo wir auf einem guten Weg sind, aber wo es immer noch viel, viel besser geht.

 

Ich glaube, Wien kann mehr als Hauptstadt und als Metropole, als Ort des Denkens und des Widerstands gegen enge autoritäre Systeme. Ich bin nicht froh, dass wir den Antrag zurückziehen, aber dass wir ihn weiter im Kultur- und Wissenschaftsausschuss diskutieren können. Deshalb ziehe ich heute den Ursprungsantrag betreffend Unterstützung für WissenschaftlerInnen aus Ländern mit eingeschränkter Wissenschaftsfreiheit zurück und bringe neu die Zuweisung in den entsprechenden Ausschuss ein.

 

Und ja, ich komme schon zum Schluss. Wissenschaft ist nie neutral, sie ist entweder frei oder nicht. Und wenn wir wollen, dass sie frei bleibt, müssen wir jenen zur Seite stehen, denen diese Freiheit genommen wurde. Wir können hier in Wien einen Beitrag zur internationalen Solidarität leisten. Wir stärken damit unseren eigenen Wissenschaftsstandort. Gerade jetzt im Wettbewerb um Talente, Innovation und neue Ideen sind es oft genau Menschen mit Mut, Erfahrung und Expertise, die hier Großartiges bewirken können. Wir haben die Infrastruktur, wir haben die Tradition. Wien hat die Selbstverständlichkeit, weltoffen zu sein, eine Stadt der Menschenrechte zu sein. Und wir brauchen jetzt noch viel mehr politischen Willen, diese Verantwortung auch wahrzunehmen. An diese Verantwortung möchten wir mit dem Antrag auch gerne appellieren; oder um mit Hannah Arendt zu schließen: Die Freiheit zu denken ist nie Selbstverständlichkeit, sie ist immer Entscheidung. - Danke. (Beifall bei GRÜNEN, SPÖ und NEOS.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die Redezeit war acht Minuten. Zu Wort gemeldet ist GR Stumpf. Individuell gewählte Redezeit: acht Minuten. - Bitte schön.

 

17.07.50

GR Michael Stumpf, BA (FPÖ)|: Herzlichen Dank, sehr geehrte Herr Vorsitzender! Frau Stadträtin, geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

 

Im Jahr 2015 führte ich lebhafte Debatten und Diskussionen mit dem damaligen Kulturstadtrat der SPÖ, Ihnen bestens bekannt unter dem Namen Andreas Mailath-Pokorny. Meiner Kritik an bestimmten Kunstförderungen begegnete er stets mit dem Satz: Kollege Stumpf, Kunst muss verstören, Kunst muss provozieren!

 

Ich habe diese Ansicht schon damals nicht geteilt, und ich teile sie auch heute nicht. Ich bin überzeugt, Kultur soll aufbauen. Sie soll Hoffnung geben, und sie soll in Zeiten von Rekordinflation, multiplen Krisen und wachsender Unsicherheit Freude und Zuversicht spenden.

 

Ich erinnere mich im Zusammenhang mit dem Programm KÖR, Kunst im öffentlichen Raum, an eine Installation vor einigen Jahren am Karlsplatz. Ein Leberkäse montiert auf einer Schaukel. Der wenig kreative Kunstwerkstitel lautete: Schaukelnder Leberkäse; gefördert mit einem Betrag, der den realen Wert des Objekts bei Weitem überstieg. Aber wie hieß es so schön? - Kunst muss verstören, Kunst muss provozieren!

 

Ich erinnere mich an hohe Förderungen für das Kulturzentrum Spittelberg, besser bekannt als Amerlinghaus. Dort versammelte sich über Jahre hinweg die radikale Linke zur Entwicklung anarchistischer Aktionspläne gegen den Staat, so wie heute auch. Im Nebenraum bot die Libertine Sadomasochismus-Initiative Wien Workshops zu unterschiedlichen Sexualpraktiken an, die jedem selbst überlassen sein mögen, aber sicher nicht durch Steuergelder subventioniert werden sollten. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Aber auch das lief unter dem Deckmantel der Kunst. Und wieder hieß es: Kunst muss verstören, Kunst muss provozieren!

 

Ich erinnere mich an das Jahr 2017, als im Rahmen der Wiener Festwochen das Kulturprojekt Macaquinhos gefördert wurde. Hinter mir höre ich schon ein Lachen, die Frau Stadträtin weiß, worauf ich zu sprechen kommen möchte. Eine brasilianische Künstlergruppe präsentierte dem Wiener Publikum - kein Scherz - ihre blanken Anusse, um laut Eigendefinition gesellschaftliche Tabus zu hinterfragen. Erwachsene Menschen standen also im Kreis und schauten sich gegenseitig tief in den Allerwertesten - auf Steuerzahlerkosten natürlich. Aber wie hieß es so schön? - Kunst muss verstören, Kunst muss provozieren!

 

Herr Mailath-Pokorny waltet längst nicht mehr seines Amts, zum Glück. Frau StRin Kaup-Hasler verfolgt eine niederschwelligere Kulturagenda, die sich mehr an der sogenannten Basiskultur orientieren soll, unter anderem. Doch ein Blick auf aktuelle Förderungen zeigt, das Motto hat sich nicht wirklich verändert. Ich nehme jetzt vier große Blöcke aus diesem Förderbericht heraus.

 

Queer- und Genderprojekte, das ist die Nummer eins. Da gibt es Förderwerber wie Sisters - Verein für queer-feministische Kunst und Kultur, mit dem Projekttitel Spit Queer Performance Festival Vienna 2024 - 35 000 EUR; Rewag The Last Feminist - 40 000 EUR; Out there, Make it Count - 30 000 EUR; Future Freedom-Projekt; Vienna is burning, Queer Konferenz, da gibt es auch Geld - 950 EUR; Rainbowtime, Diversité Olé, feministisches Varieté - 3 600 EUR.

 

Beim nächsten großen Block, bei dem es um radikalfeministische und abtreibungsbezogene Projekte geht, werden zum Beispiel Förderwerber gefördert wie Archi

 

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