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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 23.06.2025, Wörtliches Protokoll  -  Seite 79 von 109

 

brauchst jetzt nicht so zu nicken, es ist so, ja, es ist tatsächlich so, auch wir rennen nicht 24 Stunden in Lederhosen herum, wie du wahrscheinlich schon festgestellt hast. Aber etwas in die antidemokratische, antiliberale Ecke zu stellen, nur weil man für kulturelle Identität eintritt, zeugt eigentlich davon, wie weit man dann selbst abgedriftet ist. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Tatsächliche Redezeit waren eher neun Minuten, aber das war noch im Rahmen der Restredezeit der Fraktion.

 

Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Reindl. Selbst gewählte Redezeit sind acht Minuten, die ich jetzt einstelle. Ich habe mich natürlich gleich einmal geirrt, es wird gleich noch einmal gemacht. - Sie können schon einmal anfangen.

 

17.48.20

GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende, sehr geehrte Frau Berichterstatterin, liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Der Kunst ihre Freiheit, der Freiheit ihre Kunst. - Das sollte eigentlich heute das Motto sein, wenn ich mir allerdings so manche Kollegen anhöre, es waren vor allem Kollegen, die ich mir heute angehört habe, die neu im Haus, die auch neu im Kulturausschuss sind, würde ich mir wünschen, dass Sie sich ein bisschen intensiver mit dem Thema Kunst und Kultur in dieser Stadt, aber auch in Österreich auseinandersetzen. Es ist teilweise sehr, sehr traurig, was es hier zu hören gibt.

 

Wer glaubt, mit ideologiegetriebener Sprache, mit ideologiegetriebenem Populismus, mit Stichworten wie linksradikal und Antisemitismus oder was auch immer etwas zu bewegen, ist am falschen Dampfer. Es geht um konkrete Inhalte, es geht um konkrete Konzepte, und da, meine Damen und Herren von der ÖVP und von der FPÖ, muss ich sagen, sind Sie sehr schwach, wenn nicht gar nicht unterwegs.

 

Wenn Kollege Lugner das Theaterstück "Operation Luxor" kritisiert und sagt, das sei doch eine Verhöhnung der Polizei, dann wissen Sie vielleicht, dass diese Razzia in Österreich unter Innenminister Nehammer stattgefunden hat. Was war das Ergebnis? - Null. Es wurde nichts gefunden, es wurde niemand verhaftet, es wurde niemand angeklagt, sondern es war zu einer bestimmten Zeit eine bestimmte öffentliche Ablenkung, die man machen wollte, und darum hat man sie auch gemacht - ohne Ergebnis. Dieses Theaterstück behandelt diesen geschichtlich sehr, sehr traurigen Fall der österreichischen Politik. (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie von GRin Mag. Ursula Berner, MA.)

 

Und wenn Sie Milo Rau kritisieren, dann frage ich mich, warum denn diese böse linksradikale Person oder dieses Element in St. Pölten eine Oper, nämlich "Justice", inszenieren und aufführen darf und alle Vorstellungen ausverkauft sind - bei einem freiheitlichen Landeshauptmannstellvertreter in Niederösterreich. Erklären Sie mir das einmal! (StRin Mag. Ulrike Nittmann: Warum muss er sich entschuldigen? Erklären Sie mir das! Muss er sich entschuldigen, dass das Publikum nicht zu kaufen ist?) Na, erklären Sie mir das einmal! Warum treten viele Künstlerinnen und Künstler, die in Wien auftreten, auch in Graz und in Salzburg und in Innsbruck auf, wo die FPÖ in führender Rolle im Land und in der Stadt auch tätig ist? Erklären Sie mir das doch einmal, wenn wir so eine schlechte Politik machen! Wollen Sie uns ernstlich vorwerfen, dass die Symphoniker, das Konzerthaus mit seinen Veranstaltungen, das Theater an der Wien oder auch die Musicalbühnen alle linksradikal sind? Ich meine, entschuldigen Sie, da greift man sich ja wirklich auf den Kopf. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

 

Und das von einer Partei, meine Damen und Herren, die unter Kultur einen Freundschaftsvertrag mit Putin versteht. Genieren Sie sich, wirklich, genieren Sie sich! (Beifall bei SPÖ und NEOS. - Zwischenruf von StR Stefan Berger.)

 

Was ist die Kultur in Wien? - Wenn man am Samstag ins Filmcasino geht und sich den neuen Film von Wes Anderson anschaut - ausnahmsweise kein österreichischer Film, aber sehr zu empfehlen; schauen Sie sich das an! -, wenn man letzten Montag ins Theater an der Wien gegangen ist und sich "Voice Killer" angeschaut hat - eine neuzeitliche Oper, die ganz frisch von einem tschechischen Komponisten auf die Bühne gekommen ist; die zweite Aufführung nach der Welturaufführung -, wenn man am Donnerstag das Glück hat, Karten fürs Volkstheater zu ergattern und "A Year without Summer" von Florentina Holzinger anschauen kann. Das ist Kunst und Kultur, meine Damen und Herren. Und wenn man, wenn man aufpasst, dann auch noch am Freitag das Glück hat und rechtzeitig im Konzerthaus bei 25 Jahre Kruder & Dorfmeister ist. Das ist Wien und das ist die Kultur, meine Damen und Herren, die ich lebe und für die ich auch stehe. Ich finde es auch gut, dass die Stadt Wien das alles in Wien ermöglicht und auch fortführt. (Beifall bei SPÖ, NEOS und GRÜNEN.)

 

Ich sollte eigentlich zum Thema Film reden, aber ich muss noch kurz etwas zur ÖVP sagen. Ich habe mir ja gedacht, als der liebe Freund Eppinger ausgeschieden ist, ich bin schon gespannt, wie es geht. Aber lieber Karl, du hast dir offenbar deine heutige Rede von Eppinger schreiben lassen, ich habe nämlich leider nichts Neues außer diesen Allgemeinplätzen, wie schlimm das Volkstheater ist, gehört. Ich sage das noch einmal: Das Volkstheater ist zweieinhalb Jahre umgebaut worden, und in zweieinhalb Jahren - (GR Harald Zierfuß: Er hat viele Sachen gesagt!) - Ja, er hat sich auch über die Festwochen ausgelassen. (GR Harald Zierfuß: Zu Recht!)

 

Nein, ich verteidige das Volkstheater, weil Sie alle und auch ich noch nie in unserem Leben ein Theater geführt haben und wir wissen doch alle so gut, wie es geht. Aber wenn zweieinhalb Jahre das Theater umgebaut wird und wenn dann, wenn es endlich losgeht, Corona kommt und man dann quasi auf einer Nullbasis beginnen muss, dann haben Herr Voges und sein Team meine höchste Achtung für das, was er macht. Er ist damit, ja, bei der FPÖ nicht werbefähig, aber er ist in Werbefähigkeit mit Zürich, mit Berlin und Hamburg, und das ist der Vergleich, den wir suchen und nicht, ob das Programm der FPÖ gefällt oder nicht gefällt. (Beifall bei SPÖ, NEOS und GRÜNEN.) Das ist vollkommen egal, und es ist uns auch egal, ob es der ÖVP gefällt oder nicht. (Zwischenruf von StRin Mag. Ulrike Nittmann.)

 

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