Gemeinderat, 2. Sitzung vom 23.06.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 92 von 109
Es gehört evaluiert, das ist übrigens eines der Lieblingswörter im Regierungsprogramm und findet sich auch in der Rede von der Frau Finanzstadträtin wieder. Was sich da drinnen nicht gefunden hat, ist die zuverlässige Versorgungssicherheit durch die niedergelassenen Ärzte und Ärztinnen in Wien. Die haben ungefähr achtmal so viele Patientenkontakte wie der Spitalsbereich. 23 Millionen Patientenkontakte kommen auf den niedergelassenen Bereich und 3,3 Millionen sind es aktuell in die Ambulanzen der Stadt Wien. Auch diese Zahlen steigen beide rasant an. Seit 2019 gibt es da ein Wachstum von 23 Prozent im niedergelassenen Bereich und von 5,7 Prozent von 2023 auf 2024 in den Wiener Ambulanzen. Insgesamt steigen die Zahlen der Patientinnen und Patienten dauernd an, obwohl auf der anderen Seite das Personal, die Dienstposten nicht steigen. Es sind genau 38 Ärztinnen und Ärzte neu dazugekommen, im Pflegebereich schaut es überhaupt düster aus. Da muss ich echt sagen, das hat, glaube ich, von den NEOS die Frau Dr. Bernecker-Thiel gesagt, bezüglich Effizienz in großen Betrieben, Sie kennen sich da offensichtlich aus. Ich gratuliere den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Gesundheitsverbund, die arbeiten hocheffizient trotz veralteter Strukturen, die sie zur Verfügung haben. (Beifall bei der ÖVP.)
Im August 2024 waren in Wien 1 470 Betten gesperrt, das sind zwei Großspitäler. Es stehen ständig ein Drittel aller OP-Kapazitäten leer. Also ich fürchte mich schon - und wie Sie wissen, ich bin Arzt - ein bisschen vor dem Sommer 2025, denn Notfälle werden immer versorgt, das ist richtig, aber es kommt doch immer wieder zu dramatischen Versorgungslücken, besonders in den Sommermonaten.
Auf der anderen Seite stellen wir doch immer wieder und ausreichend parlamentarische Anfragen an das Stadtratbüro, die oft monatelang gar nicht oder mangelhaft beantwortet werden, zum Beispiel wenn es um die Bemühungen geht, Ausbildungsstellen zu schaffen, die zu attraktivieren, ein gescheites Ausbildungssystem zu installieren. Wie schwierig das ist, zeigt auch eine repräsentative internationale Studie. Die sagt nämlich, dass Stellen für ÄrztInnen und auch im Pflegebereich ganz schwer zu besetzen sind, man braucht ungefähr fünf bis acht Monate, um überhaupt eine Pflegeperson oder einen Arzt zu finden, der dann bereit ist, in dem jeweiligen Spital zu arbeiten. 17,7 Prozent der vakanten Arztstellen sind länger als ein Jahr unbesetzt. Das ist ein Alarmzeichen. Ich weiß schon, das ist ein europaweites Problem, aber in Wien hoppeln wir da auch immer wieder hintennach und bieten da viel zu wenig an. Monetäre Anreize sind es nicht, um die es da primär geht. Es sind Weiterbildungsangebote - Kollegin Korosec hat dazu schon einen Antrag eingebracht, bezüglich Karrieremodelle, eine positive Unternehmenskultur und flexible Arbeitszeitmodelle. Und das merke ich gerade bei den jüngeren Kolleginnen und Kollegen, es ist immer wichtig, möglichst flexible Arbeitszeitmodelle anzubieten.
Im Gegensatz dazu, was sagt der Herr Stadtrat? - Wir haben eine super Unternehmenskultur. Wir haben ja die Spitäler um 860 000 EUR umbenannt, zum Beispiel Kaiser Franz-Josef-Spital in Klinik Favoriten. - Na servas. Flexible Arbeitszeitmodelle, was ist die Antwort? - Es kommt immer wieder das Bashing gegen in der Freizeit weiterarbeitende Wahlärzte, anders geht es ja nicht. Und ein Punkt kommt auch immer wieder: die bösen Gastpatienten aus Niederösterreich oder aus dem Burgenland. Da gibt es jetzt auch eine aktuelle Zahl. Der Herr Stadtrat sagt immer, es sind über 20 Prozent, das stimmt nicht, es sind nicht einmal 16 Prozent Gastpatientinnen und Gastpatienten aus den anderen Bundesländern. Die sind aber nicht unser Problem in der Gesundheitsversorgung. Der Landeshauptmann Doskozil hat dazu auch schon einen guten Vorschlag gemacht. Er fordert eine bundesländerübergreifende Gesundheitsversorgungsregion an, über die Bundesländergrenzen hinweg. Kann man sich überlegen.
Was mir heute auch komplett abgegangen ist bei fast allen Reden: die Prävention und Vorsorge. Und dazu gebe ich Ihnen auch eine Zahl mit, nämlich das Problem der adipösen Kinder. 20 Prozent der Buben und 10 Prozent der Mädchen in Wien sind adipös. Das ist zwar super, dass wir jetzt ein Diabeteszentrum haben, das ist aber eine Vorgehkrankheit. Das beginnt bei der Adipositas, das hat dann Diabetes als Folgekrankheit, Bluthochdruck als Folgekrankheit, orthopädische Probleme, Knieprobleme als Folgekrankheit, psychische Probleme, weil man dann natürlich auch nicht glücklich damit umgeht, auch nachher, ein Folgeproblem der Adipositas. In der Vorsorge, in der Prävention ist da noch viel mehr drinnen, da müssen wir noch viel mehr machen. (Beifall bei der ÖVP.)
Zusammenfassend - jetzt ist der Herr Stadtrat leider nicht da -: Das Budget für die Gesundheit ist in Wien wirklich fett ausgestattet. Bezüglich der so genannten Aufschwungskoalition - so glaube ich, heißt es - möchte ich den Professor Filzmaier kurz zitieren, der hat nämlich gesagt: Diese Koalition steht eigentlich vor dem Reck und versucht einen Felgaufschwung. - Meine Damen und Herren, ich kann mich gut an meine Schulzeit erinnern, einen Felgaufschwung haben wir alle gehasst, weil wir es zu Hause nicht zusammengebracht haben, obwohl wir damals schlank und rank und sportlich waren. Also ich bin neugierig, wie das der Herr Stadtrat schafft, einen Felgaufschwung im Gesundheitsbereich in den nächsten Jahren zu Stande zu bringen. - Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Als Nächste ist GRin Hu zu Wort gemeldet, selbst gewählte Redezeit sind zwölf Minuten. - Sie sind am Wort.
GRin Jing Hu, BA, MPharm (NEOS): Sehr geehrte Frau Vorsitzende, sehr geehrte Ausschussvorsitzende Mautz, geschätzte Mitglieder des Hauses! Liebe Wienerinnen und Wiener hier im Saal und an den Bildschirmen!
Ich darf heute zum ersten Mal zu später Stunde in diesem wunderschönen historischen Saal zu euch sprechen, und ich möchte euch eines sagen, ich bin nicht in die Politik gegangen, weil ich alle Antworten hatte, sondern weil ich zu oft keine geben konnte. Als Apothekerin sehe ich jeden Tag, wo unser System funktioniert und wo nicht. Oft stehen Menschen vor mir, die nicht wissen, wo
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