«  1  »

 

Gemeinderat, 2. Sitzung vom 24.06.2025, Wörtliches Protokoll  -  Seite 71 von 110

 

40 Prozent aller Arbeitslosen in ganz Österreich befinden sich in Wien. Die Arbeitslosenquote mit Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft liegt noch um 5 Prozent höher als bei Österreichern. Genau aus diesen Gruppen rekrutiert sich der Großteil der außerordentlichen Schüler, das sind nämlich jene, die dann dort hinwandern werden. Das heißt, Bildungsferne bedeutet oft auch ökonomische Prekarität.

 

Wie schaut die Armutsverteilung aus? - Das wurde schon erwähnt, war aber scheinbar nur eine Randnotiz wert. In ganz Österreich gelten laut Statistik Austria rund 1,3 Millionen Menschen als armutsgefährdet, noch einmal 330 000 als besonders materiell benachteiligt. Das sind die Personen, die ihren Alltag kaum bis gar nicht bestreiten können. Und auch da liegt Wien an der Spitze. In Wien sind bei 2 Millionen Einwohnern über 400 000 Menschen armutsgefährdet. Zum Vergleich: österreichweit knapp die Hälfte, was den Prozentsatz anbelangt. Diese Situation ist das direkte Resultat ihrer falsch gesetzten Prioritäten. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Statt Leistungsforderung und Leistungsförderung - da steht nämlich nichts im Koalitionsübereinkommen drinnen - ist Nivellierung ja oberster Grundsatz in der Bildungsfrage. Und wer glaubt, dass das gottgegeben ist und eine jede Großstadt so trifft, der irrt logischerweise, denn wir haben vergleichsweise Städte wie Kopenhagen oder Zürich, in denen der Anteil armutsgefährdeter junger Menschen deutlich niedriger ist, und genauso niedriger ist die Zahl der außerordentlichen Schüler. Dort wird Integration als Leistungspflicht verstanden und nicht als endlos alimentiertes System. Dort gelten Sprachförderung und Ausbildungsanreize als hehre Vorgehensweise für ein zukunftsorientiertes Allgemeinwesen.

 

Wien driftet bedauerlicherweise immer weiter ab, weg vom europäischen Niveau, hin zu Parallelstrukturen, die wir eigentlich alle nicht haben wollen - und wachsender Abhängigkeit - die wollen Sie wahrscheinlich schon haben. Was Wien braucht, ist eine Politik, die die Jugend nicht als Sozialfälle verwaltet, sondern ihr echte Bildungschancen ermöglicht. Ich möchte heute, wie gestern zu Beginn, mit folgendem Iterativ schließen: Ihr Sozialismus verhindert Bildung. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Wolfgang Seidl: Danke, das waren sechs Minuten. - Als Nächster zu Wort gemeldet ist Kollege Poljak mit selbst gewählter Redezeit von acht Minuten.

 

16.46.22

GR Nikola Poljak, BA, MA (SPÖ)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Stadträtin, werte KollegInnen!

 

Das ist meine erste Wortmeldung. Puh, mein Puls geht schneller als sonst. Aber mein Herz schlägt noch schneller und stärker für unsere 350 000 Kinder und Jugendlichen in dieser Stadt, für die wir hier Politik machen. Mein Name ist Nikola Poljak, und ich spreche zu Ihnen nicht nur als frischgfangter Mandatar, sondern als Kind aus Favoriten, als Flüchtlingskind aus Favoriten und als Sozialarbeiter aus Favoriten. Ich habe mehr Klassenzimmer, Jugendtreffs und Parkbänke gesehen als Sitzungssäle. Und genau dort entscheidet sich, ob die Maßnahmen und Programme, die wir hier beschließen, auch wirklich greifen.

 

Als Bezirksrat und Kinderjugendbeauftragter in Favoriten durfte ich außerdem ein knappes Jahrzehnt lang zuhören, vermitteln und so manche Träne trocknen. Wenn es mal heikel wurde, habe ich gewusst, es gibt die Kinder- und Jugendanwaltschaft. Das sind ExpertInnen, die bedingungslos und parteilich für Kinder und Jugendliche einstehen. Das Ganze ist anonym und kostenlos. 1 300 Fälle allein im letzten Jahr sprechen für sich - die gehören mal bearbeitet! (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

 

Meine Erfahrungen aus der Sozialarbeit und der Jugendarbeit möchte ich hier ganz besonders einbringen, wie Sie vielleicht schon gemerkt haben, und da darf man die MA 13 und ihre Leistungen als Partner und Magistratsabteilung nicht vergessen.

 

Ich beginne mit einer Einrichtung, die die MA 13 fördert, bei der man sich seit neuestem eine Bohrmaschine ausborgen kann. Ich spreche von den Bibliotheken. In ganz Wien haben unsere städtischen Büchereien über 160 000 aktive Nutzerinnen und Nutzer, und seit der Pandemie werden es immer mehr. In unserer neuesten Filiale, in der Laxenburger Straße in meinem Heimatbezirk Favoriten, kann man sich sogar Sachen ausborgen: die Bohrmaschine, die Tonies, die Playstation, den Plattenspieler. Das nennen sie die Bibliothek der Dinge.

 

Zwischen den Bücherregalen, überspitzt gesagt, sitzen dann die Lesepatinnen und die Lesepaten, die heute schon gefallen sind. Das sind Ehrenamtliche, die in die Schulen und Kindergärten gehen und den Kindern vorlesen - auf Deutsch aber auch in der Muttersprache. Studien haben nämlich gezeigt, dass Kinder sich beim Deutscherwerb leichter tun, wenn sie ihre Muttersprache gut beherrschen. (Zwischenruf von GRin Mag. Caroline Hungerländer, MSc.) - Ich würde die Studie lesen.

 

Wie wir leider schmerzlich erfahren mussten, ist eines der wichtigsten Themen in der Jugendarbeit die Gewaltprävention. Heute wurde schon mehrmals das sensationelle Programm der Bildungschancen genannt. Das ist ein Pool an Workshops für Schulen, weil Schulen am besten wissen, was sie brauchen. Die LehrerInnen und die Kinder können dort zubuchen, Workshops von Trommeln, über Sexualpädagogik, über Klimaprojekte, alles ist dabei.

 

Wie lernen Kinder sonst noch das Mitbestimmen in unserer Stadt? - An der Kinder- und Jugendstrategie Junges Wien haben über 22 000 Kinder und Jugendliche mitgearbeitet, das ist Partizipation, wie sie buchstäblich im Lehrbuch steht. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Daraus ist unter anderem die Kinder- und Jugendmillion entstanden, ein Budget, mit dem die Kinder machen können, was sie wollen. Momentan finden Schwimmkurse über den Sommer statt, die die Kinder sich gewünscht haben, also die sie eigentlich beschlossen haben so wie wir hier.

 

Über die Summer City Camps, glaube ich, muss ich gar nichts mehr erzählen, die sind auch schon öfter genannt worden. Eines möchte ich aber dazu noch erwähnen. Als Schulsozialarbeiter hatte ich regelmäßig Kontakt zu den Summer City Camps. Ich kenne Kinder, die dort das Schwimmabzeichen gemacht haben, die das erste Mal Inlineskates probiert haben, die dort schwimmen gelernt haben. Und genau diese Momente öffnen Türen,

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular