Gemeinderat, 3. Sitzung vom 25.06.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 45 von 52
So, jetzt kann man sagen: Gut, es ist natürlich ein massiver Eingriff, der bei Planungsvorhaben oft passiert. Da geht es um Veränderung in der unmittelbaren Umgebung der Bürgerinnen, der Bürger. Und da kann man bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen, dass Unverständnis, Angst, Verunsicherung und auch Vorsicht bestehen, was das für die Person, für das Umfeld, für den Bezirk, für das Grätzel auf einer Metaebene bedeutet. Hakerl.
So, wie geht man dann damit weiter um? Und ich schaue vor allem, wann kommen diese Petitionen zustande? In welchem zeitlichen Verhältnis spielen sich diese Petitionen oder auch Bürgeranliegen ab? - Und ich glaube, wenn man sich diese Rahmenbedingungen oder diese Indikatoren, wenn man es jetzt technisch bezeichnet, genauer ansieht: Es wäre schon angebracht, beim einen oder anderen Thema selbstreflektiert auf die eigenen Entscheidungen und auch Instrumente zu schauen, weil ich mir denke: Okay, vielleicht funktioniert da irgendwas nicht.
Und, sehr geehrte Frau Kollegin Sucher, es ist sehr schön, wenn Sie hier aufzählen, wie viele Möglichkeiten und wie viele Projekte es gibt, und wo überall und was überall.
Ich versuche es mit einem plakativeren Beispiel. So, man nimmt sich vor, man möchte sich gesünder ernähren, man schreibt sich einen Einkaufszettel, man schreibt darauf Obst, Gemüse, Brokkoli, Karotten und so weiter. Was man dann kauft, ist was anderes. Aber man hat es aufgelistet, man hat es eh da, man hat ja quasi den Willen, sich gesünder zu ernähren.
Und so ähnlich kommt es mir auch vor, wenn es um Bürgerbeteiligung geht. Wir haben eh so viele Formate, wir haben eh so viele Projekte. Nur was dabei herauskommt und was dann das Ergebnis ist, das stimmt dann nicht immer mit dem Vorhaben überein. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Und ich kann Ihnen schon sagen, es ist schon noch einmal ... Also Partizipation oder Bürgerbeteiligung ist nicht immer gleich Bürgerbeteiligung. Was wir viel hören, ist, aus Bürgerbeteiligung wird oft Bürgerinformation, ja. Das ist einmal ein Punkt. Da ist nichts mehr mit Beteiligung, sondern - und das ist, sage ich einmal, sehr oft der Fall; Stichwort Baustellenauskunft, ja - da bekommt man dann einen Flugzettel nach Hause geschickt: Achtung! Die Straße ist gesperrt! So, das ist eine Bürgerinformation. Eine Bürgerbeteiligung stelle ich mir anders vor.
Und auch da habe ich schon von den skurrilsten Dingen gehört, die von der Stadt Wien veranstaltet wurden. Und wenn ich höre, dass Bürgerinnen und Bürger bei einem Flächenwidmungsprozess eingeladen sind … Ich glaube, es war damals im 21. Bezirk. Die werden eingeladen, sich vor den Flächenwidmungsplan zu setzen, und ihnen wird dann die Frage gestellt: Na ja, wo hätten Sie denn aus Ihrer Sicht gerne die Hochhäuser? - Und die schieben den Baustein natürlich weit von sich weg und sind dann komischerweise enttäuscht, wenn es nicht dort ist, wo sie es sich eigentlich gewünscht hätten. Das hat dann schon auch mit Erwartungshaltung, Erwartungsmanagement und auch der Art und Weise, wie man Bürgerinnen und Bürger miteinbezieht, zu tun.
Und nicht jedes Instrument, nicht jede Fragestellung und nicht jedes Themengebiet ist gleich gut dazu geeignet, damit die Bürgerinnen und Bürger zu befassen. Wenn man jemanden fragt: Wie viele Stockwerke würdest denn du als Bürgerin, als Bürger dort empfehlen?, dann ist das aus meiner Sicht eine vollkommen falsche Fragestellung. Leider passiert das aber immer wieder, sehr häufig.
So, das ist quasi einmal diese Frage der Bürgerbeteiligung und wie setzt man diesen Prozess auf. Welche Fragen stellt man? Wie ist das aufgesetzt, und wie ist auch das Erwartungshaltungsmanagement gegenüber den Leuten?
Und als dritten Punkt: Wenn wir dann quasi schon so weit fortgeschritten sind, dass es tatsächlich zu einer Veränderung kommt, dann hört die Stadt oft auf. Da fängt es aber gerade erst an, weil es dann darum geht, den ganzen Prozess - auch aus meiner Sicht - als Changeprozess zu empfinden und die Leute auch über diese Veränderungen hinweg zu begleiten, ihnen auch die Sorgen zu nehmen, auf ihre Ängste zu reagieren, auf Beschwerden zu dem einzugehen, was sich dann in diesem Planungsgebiet oder auch in diesem Grätzel verändert, und nicht zu sagen: Ja, schmeck’s! Es ist jetzt so! Ein schönes Leben! Alles Gute, und bis zum nächsten Mal!
So kann es nicht sein. Und, sehr geehrte Damen und Herren, wir sehen, viele sind frustriert, viele machen gar nicht mehr mit, weil sie genau wissen, das bringt nichts, ich kann meine Interessen gar nicht so einbringen, dass sie auch gehört werden!
Ich bitte Sie wirklich, nicht immer nur von Überschriften zu leben und zu sagen: Wir haben dieses Instrument, und das passt jetzt und ist auf alle Ewigkeit super, und wir haben es! Reflektieren Sie auch diese Dinge, wie sie funktionieren, ob sie wirksam sind, ja!
Ich habe das so oft in der Organisationsentwicklung, in der Prozessentwicklung beruflich mitgestaltet. Jeder Mensch kommt darauf, dass vielleicht Prozesse, die sich über die Jahre eingeschlichen haben, nicht mehr so funktionieren, wie sie ursprünglich einmal gedacht waren.
Und das sehe ich bei der Stadt Wien nie. Wirklich, ich kann mich nicht erinnern, dass irgendwann einmal jemand dagestanden ist und gesagt hat: Okay, wir haben das einmal grundsätzlich aufgesetzt! Die Idee war damals so, damals hat es funktioniert! Jetzt funktioniert es nicht mehr! Wir adaptieren es, wir machen es ein bisschen anders und prüfen es auf Wirksamkeit!
Ja, Sie schreiben jetzt im Regierungsprogramm, Sie wollen alles Mögliche evaluieren. Bitte, tun Sie es! Und vor allem tun Sie es, wenn es um das Thema Bürgerbeteiligung geht! (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Marina Hanke, BA: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort.
Berichterstatter GR Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi: Danke, Frau Vorsitzende! Wir haben ja die Debatte heute schon
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