Gemeinderat, 4. Sitzung vom 22.09.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 5 von 34
ob sie sich auch in den nächsten Jahren noch eine Jahreskarte leisten.
Ich vergleiche das immer sehr gern mit dem Fitnesscenter, für die von Ihnen, die vielleicht in ein sehr günstiges Fitnesscenter gehen, bei dem man 19 EUR im Monat zahlt. Da rechnet man nicht genau nach: Geht man jetzt wirklich sieben Mal im Monat? Zahlt sich das aus? - Wenn der Preis aber deutlich teurer wird, nämlich spürbar teurer wird, dann beginnt man nachzurechnen. Da beginnt man nachzurechnen, ob man sich wirklich dieses große Ticket leistet oder ob man wieder auf Einzelfahrscheine umsteigt.
Im Ergebnis könnte das bedeuten, dass die Zahl der JahreskartennutzerInnen, der AbonnentInnen, deutlich sinkt und damit auch die Ticketeinnahmen deutlich sinken und Sie unterm Strich überhaupt keine Mehreinnahmen durch diese Maßnahme haben, sondern sogar weniger Einnahmen aus den Ticketerlösen haben und die Wienerinnen und Wiener auch noch weniger Zugang zu Mobilität haben. Das ist der vollkommen falsche Weg, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Stichwort Betriebswirtschaft, Budget und Wiener Linien: Eines möchte ich hier schon noch anmerken, weil jetzt medial auch das massive Budgetdefizit der Wiener Linien im letzten Jahr, über 300 Millionen EUR, diskutiert wird. Da gibt es einen Punkt, den ich immer wieder in Erinnerung rufen will: Im Rechnungsabschluss des vergangenen Jahres 2024 haben die Wiener Linien über 210 Millionen EUR an Betriebskostenzuschuss nicht abgeholt. Jetzt haben sie aber für das gleiche Jahr offenbar ein Defizit von 300 Millionen EUR. Da kann irgendetwas nicht stimmen.
Ich finde, es ist unverantwortlich, bevor man die eigenen Finanzen der Stadt und der Stadtwerke unter Kontrolle hat, die Fahrgäste zur Kasse zu bitten, um ein Budgetloch zu stopfen. Bekommen Sie zuerst Ihre eigenen Finanzen in den Griff, bevor die Wienerinnen und Wiener zahlen, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Wie planlos und mitunter auch herzlos diese ganzen Kürzungsmaßnahmen jetzt seitens SPÖ und NEOS vor sich gehen, hat auch die Posse rund um das Öffi-Ticket für Blinde und sehbehinderte Menschen gezeigt. Zuerst hat es geheißen, es wird gestrichen. Dann kam jetzt am Wochenende die Kehrtwende. Kollegin Pühringer wird noch mehr dazu sagen.
Dieses Vorgehen steht aber nicht nur für soziale Kälte - ich glaube, alle, die diesen Brief des FSW gesehen haben, wissen, wovon ich spreche -, es zeigt auch die Planlosigkeit. Wenn man hier die letzten drei Wochen zusieht, beschleicht einen unweigerlich das Gefühl, da hat sich niemand etwas überlegt, sehr geehrte Damen und Herren. Niemand hat sich da wirklich etwas überlegt.
In sämtlichen Vorschlägen und Entwürfen von Rot-Pink findet sich kein einziger ökologischer Lenkungseffekt. Schauen Sie sich die Preise für Parken und Öffis an: alles quer durch die Bank plus 30 Prozent! Da ist kein einziger Lenkungseffekt drinnen, keinerlei Anreize, keinerlei Steuerung. Gleichzeitig weiß man nicht: Wie soll es bei den U-Bahn-Ausbauten weitergehen? - Es wird kolportiert, der U5-Ausbau stockt.
Schauen wir in die Bezirke. Auch da wurden quer durch die Bank einfach die Budgets eingefroren. Das ist die vollkommene Selbstaufgabe, irgendwo eine Richtung oder Zukunftsorientierung in die Budgetpolitik zu bringen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Deshalb haben wir diesen Sondergemeinderat heute beantragt, weil wir darauf hinweisen, was da in unserer Stadt gerade passiert, und weil wir immer dafür kämpfen werden, dass die sozialen Grundpfeiler Wiens bewahrt werden. - Vielen Dank. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Für die nun folgenden Wortmeldungen möchte ich bemerken, dass die Redezeit für den Erstredner jeder Fraktion 20 Minuten beträgt. Die Redezeit jedes weiteren Redners ist mit 15 Minuten begrenzt.
Als nächste Rednerin ist Frau StRin Mag. Pühringer zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. - Bitte schön.
StRin Mag. Judith Pühringer: Herr Vorsitzender, sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herzlich willkommen im politischen Herbst!
Wir haben in Wien schon im April statt jetzt in diesen Tagen gewählt, angeblich wegen der unsicheren Situation im Bund, angeblich wegen der chaotischen Regierungsverhandlungen im Bund. Mittlerweile wissen wir sehr genau, warum wir vor dem Sommer gewählt haben: Der SPÖ ist das Budget entglitten. Sie versucht jetzt panisch, ein Sparprogramm durchzuziehen, mit dem sie die Wählerinnen und Wähler vor der Wahl nicht belasten wollte. Anscheinend hofft man darauf, dass in vier bis fünf Jahren wieder alles vergessen ist. Machttaktisch ist das vielleicht nachvollziehbar. Demokratiepolitisch ist es aber nicht unbedingt die feine Klinge, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei den GRÜNEN sowie von StR Dominik Nepp, MA, und GR Maximilian Krauss, MA.)
Wir GRÜNE haben den Wienerinnen und Wienern im Sommer und auch in den Jahren davor jedenfalls versprochen, sie bei den wesentlichen Fragen, die die Menschen in der Stadt täglich beschäftigen, sicher nicht allein zu lassen: Wie machen wir die Stadt grüner und kühler? Wie verteilen wir den öffentlichen Raum gerecht? Wie sorgen wir für nachhaltige und leistbare öffentliche Mobilität? Wie machen wir Wohnen leistbar? Wie machen wir die Bildung wieder zur besten Bildung für alle unsere Kinder? Wie machen wir das Leben für alle Menschen leichter und nicht schwerer?
Genau das erleben wir gerade. Wir GRÜNE stehen jetzt wieder auf der Straße mit unserer Petition zum Erhalt der 365-EUR-Jahreskarte. Wir reden mit vielen Menschen, die sich Sorgen machen und sich auch ärgern - wie ich finde, zu Recht.
Letzte Woche war ich bei der Johnstraße und habe einen älteren Mann getroffen, ein paar Jahre vor der Pension. Der hat mir Folgendes erzählt: Ja, er hat ein Auto. Ja, er lässt es auch immer öfter stehen. Er hatte ganz selbstverständlich die letzten Jahre eine Jahreskarte um 365 EUR mit dabei. Er hat sich überlegt: Vielleicht gibt er
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