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Gemeinderat, 4. Sitzung vom 22.09.2025, Wörtliches Protokoll  -  Seite 8 von 34

 

Haus vereinbarten Zielen zusammen? - Wenn Sie eine Strategie haben, dann legen Sie sie offen! Die Wienerinnen und Wiener haben jedenfalls ein Recht darauf.

 

Meine Meinung ist: Wien war immer dann stark, wenn es auf die Schwächeren geschaut hat. Wenn wir jetzt anfangen, soziale und klimasoziale Errungenschaften abzubauen, dann verlieren wir nicht nur unsere Ziele aus den Augen. Wir verlieren nicht nur unser Gefühl für Gerechtigkeit. Wir verlieren in Wirklichkeit das aus den Augen, was Wien immer groß und stark gemacht hat, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist GR Zierfuß. - Bitte schön.

 

9.37.27

GR Harald Zierfuß (ÖVP)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrter Herr Bürgermeister, werte Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Wochen muss man sich eine Frage ganz besonders stellen, und zwar: Wie viel ist eigentlich ein Versprechen des Bürgermeisters wert?

 

Im Wahlkampf gab es die große Ankündigung: Das 365-EUR-Ticket bleibt. Wir haben es ganz viel auf Social Media gesehen. (GR Markus Ornig, MBA: … Budget der ÖVP!) Es gab sehr viele Medienartikel dazu. Kurzum: Die Menschen haben sich darauf verlassen, Herr Kollege Ornig. Ein paar Wochen später, kurz nach der Wahl, ist es dann futsch. Dieses gebrochene Versprechen reiht sich aber nur in die vielen Ausreden, Schuldzuweisungen und Nebelgranaten von dieser SPÖ-NEOS-Abwärtskoalition ein. Meine sehr geehrten Damen und Herren, so sind Ihre Versprechen nichts mehr wert. (Beifall bei der ÖVP. - StR Dominik Nepp, MA: Das ist euer Koalitionspartner, bitte!)

 

Im Wahlkampf hat der Bürgermeister noch 1 000 Sprachförderkräfte für Wiens Kindergärten gefordert. Jetzt wäre ja Papier eigentlich geduldig. Wir wissen es aus dem letzten Regierungsprogramm dieser SPÖ-NEOS-Koalition. Die Forderung hat es aber nicht einmal ins Regierungsprogramm geschafft. Wir wissen aus unseren Anfragen: Es sind immer noch rund 300 Vollzeitäquivalente, die Deutschförderung in Wiens Kindergärten machen. Das haben unsere Anfragen aufgedeckt. Anstatt aber diese Misserfolge endlich einzugestehen, werden hier letzte Woche noch Jubelmeldungen verkündet: 50 neue Personen werden eingestellt. - 50 neue Personen sind viel zu wenig. Wir haben in dieser Stadt 17 000 Kinder, die nicht gescheit Deutsch können. Mit 50 mehr Personen sollen sie Deutsch lernen?

 

Das Ziel von 500 aus der letzten Periode haben Sie nicht erreicht. Die 1 000 wollen Sie nicht einmal mehr in den Mund nehmen. Das ist schade. Das ist enttäuschend. Das raubt den Kindern dieser Stadt und damit unserer Stadt selbst die Zukunft, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und GRÜNEN.)

 

Wir brauchen nämlich endlich eine Deutschförderung, durch die jedes Kind nach dem Kindergarten Deutsch kann. Wir werden morgen, so nehme ich an, in der Früh noch darüber diskutieren, wie das funktionieren kann. Wir brauchen Sprachtests für dreijährige Kinder. Alle Dreijährigen, die nicht Deutsch können, brauchen eine funktionierende Sprachförderung, wir brauchen kleinere Gruppen und mehr Sprachförderkräfte.

 

Jetzt haben wir am Mittwoch eine neue Kinder- und Jugendstrategie, die wir beschließen. Um 9 Uhr war ja eine Pressekonferenz der Vizebürgermeisterin. Da steht dann explizit drinnen, Öffi-Tarife sollen zudem für Schüler, Studierende und Lehrlinge gleichermaßen günstig sein, auch in den Ferien.

 

Noch bevor wir am Mittwoch diese Kinder- und Jugendstrategie beschließen, wird erst einmal das Ticket für junge Menschen in der Stadt um 50 Prozent teurer, Herr Kollege Ornig. Um 50 Prozent teurer wird es für Studenten in der Stadt. (GR Markus Ornig, MBA: Sind nur Studenten für Sie junge Menschen?)

 

Jetzt ist die Frage: Zählen Ankündigungen und Beschlüsse in diesem Gemeinderat überhaupt nichts mehr? (Zwischenruf von GRin Dipl.-Ing. Selma Arapović.) Ist das irgendwie, was Ihr Plan ist, oder muss man Sie wirklich beim Wort nehmen, Herr Kollege Ornig? Werden jetzt gleichermaßen auch die Tickets für Schüler und Lehrlinge um 300 EUR teurer? (Neuerlicher Zwischenruf von GRin Dipl.-Ing. Selma Arapović.) - Das ist die Frage, die wir uns stellen müssen, wenn Sie so agieren. (Beifall bei der ÖVP. - GR Markus Ornig, MBA: Ich bin kein Schüler mehr!)

 

Kollegin Pühringer hat ja schon deutlich darauf hingewiesen, dass alle diese unangenehmen Maßnahmen kurz nach der Wahl kommen. Jetzt über den Sommer haben wir ein Baustellenchaos erlebt. Unsere Verkehrssprecherin Elli Olischar ist auch in den letzten Wochen und Monaten eindringlich darauf eingegangen, was das für die Menschen bedeutet hat, wenn man nicht mehr von A nach B kommt.

 

Jetzt werden ein Busbahnhof und eine Eventhalle für Wien groß angekündigt. Gerade beim Songcontest, den wir ja haben, wäre es ein guter Zeitpunkt, diese Eventhalle einzuweihen, aber gibt es irgendetwas davon? - Noch gar nichts ist gebaut worden. Wie viel sind diese Beschlüsse und Ankündigungen noch wert, wenn Sie sich so verhalten? - Gar nichts sind Ihre Versprechen und Beschlüsse wert, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und von GR Georg Prack, BA.)

 

Bei der Mindestsicherung ist uns ja wirklich allen schon klar, dass es Veränderungsbedarf gibt: 9 000 EUR netto rein aus Sozialleistungen, die man hier in Wien bekommt, sind schlicht und einfach ungerecht. Sie sind ungerecht gegenüber den Menschen, die das finanzieren und dann weniger haben als Menschen, die nur Sozialleistungen bekommen. Wir können es uns aber vor allem auch einfach nicht mehr leisten.

 

Es ist ja Ihr eigener Finanzdirektor, der schriftlich festgehalten hat, dass diese Mindestsicherung nur mehr dann leistbar ist, wenn dafür im Gesundheitsbereich eingespart wird. 500 Millionen EUR Anstieg allein bei der Mindestsicherung in den letzten fünf Jahren: Waren es 2020 noch 700 Millionen EUR, sind wir jetzt schon bei 1,2 Milliarden EUR. Diese 500 Millionen EUR Anstieg sind ja in etwa das, was wir den Wiener Linien als Betriebskostenzuschuss zuschießen. Die Menschen dürfen mehr an Gebühren zahlen, aber einsparen wollen Sie dort ganz sicher nicht.

 

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