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Gemeinderat, 4. Sitzung vom 22.09.2025, Wörtliches Protokoll  -  Seite 15 von 34

 

Gleichzeitig fehlen uns im Gesundheitswesen mehrere hundert Pflegekräfte. Die Anzahl der Teilzeit im Pflegebereich steigt an, die Facharztstellen bleiben vielfach unbesetzt. Viele Betten sind gesperrt, jetzt schon mehrere hundert Betten. Der Plan vom Herrn Stadtrat ist, weitere hunderte von Betten zu sperren. Das können Sie sich sparen, schon jetzt sind hunderte Betten wegen Personalmangel gesperrt. Das spüren auch viele Patientinnen und Patienten jeden Tag: abgesagte Aufnahmen, verschobene Operationen, lange Wartezeiten. Das ist für ältere Menschen besonders hart, denn sie brauchen rechtzeitig Hilfe und möglichst unmittelbar. Wir werden das morgen im Landtag beim Pflege- und Patientenanwaltschafts-Bericht noch diskutieren: die unerträglichen Wartezeiten auf orthopädische Eingriffe und die wochenlangen Wartezeiten in den Schmerzambulanzen. Jede Woche Wartezeit in einer Schmerzambulanz bedeutet für einen hochbetagten Menschen nicht nur mehr Schmerz, sondern auch weniger Mobilität, erhöhtes Sturzrisiko und ein Isolieren auf seine vier Wände. Das können wir nicht akzeptieren und das wollen wir nicht akzeptieren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Gleichzeitig sehen wir, dass die Patientenkontakte in den Spitalsambulanzen sinken, die Kosten allerdings steigen. Warum ist das so? - Leistungen, die früher im Spital erbracht worden sind, werden jetzt ausgelagert. Das heißt, wenn Sie jetzt ein 80-jähriger Patient oder eine Patientin sind, kommen Sie in die Spitalsambulanz und dann werden Sie angewiesen, das CT, das Röntgen, die Laboruntersuchung irgendwo auswärts zu machen, was auch wieder viel Mobilität erfordert, die mehr als verdoppelt wird und einfach für ältere Menschen schwierig ist. Wer keinen Hausarzt findet, landet wiederum in der Ambulanz. Dort stundenlang zu warten, kein Bett zu haben, bedeutet für einen älteren Menschen, dass er viel Zeit verbraucht, viel Kraft verbraucht, oft den eigenen Geldbeutel belastet und oft dann auch mit dem eigenen Leben bezahlen muss. Wir müssen da handeln. Wir müssen die Patienten besser organisieren, um den Patientenfrust zu senken, und das vor allem für ältere und multimorbide Patientinnen und Patienten. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Was ist noch zu tun? - Zum Beispiel Nummer 1450 als erste telefonische Anlaufstelle, um klare Zuweisungen und rasche Terminvergaben zu ermöglichen. Die Telemedizin ausbauen, nicht nur die, die das anbieten, sondern auch die das nutzen können, nicht 2030, sondern möglichst bald. Und auch den Ärzte- und Pflegeberuf in Wien endlich wieder attraktiver zu machen, indem man zum Beispiel Dienstpläne planbar macht, die Weiterbildung fördert und eine Führungsebene schafft, die das auch mitträgt und klare Verantwortlichkeiten und Rollen übernimmt, damit klinische Laufbahnen auch sinnvoll gestaltet werden können.

 

Schauen wir auf die Alltagskosten in den Seniorenhaushalten. Die müssen wirklich jeden Euro oft dreimal am Ende des Monats umdrehen. Es steigen die Müllgebühr, Wassergebühr, Kanal, Parken, jetzt die Tickets für die Öffis, die Fernwärme steigt und damit die Betriebskosten. Das heißt, es bleibt am Ende des Monats immer weniger Geld über. Das ist eine Realität in vielen Wiener Senioren-Single-Haushalten, eine Realität für Menschen, die ihr ganzes Leben lang hart gearbeitet und zu unserem Wohlstand beigetragen haben. Wir brauchen daher eine analoge Gleichstellung. Es muss gleich viel Geld kosten, ob man das Ticket jetzt ausdruckt oder per Handy bezahlt. Wir brauchen auch Digitallotsen in den Bezirksämtern, in den Spitälern und in den Kundenzentren. Wir dürfen Menschen, die mit dem Handy nicht so umgehen können, wie wir vielleicht hier alle, nicht ausgrenzen.

 

In schwierigen Zeiten macht der Kluge Lösungen, hat Herr Taucher gesagt. Aber gerade in diesen schwierigen Zeiten, in denen wir im Moment leben - und die Frau Finanzstadträtin ist gerade gegangen - nimmt man den Leuten Geld aus der einen Tasche und wirft es teilweise in sinnlosen Förderungen und Doppelförderungen, die nicht durchforstet werden, raus. Wir hören die ganze Zeit große Überschriften, zum Beispiel das Spitalskonzept, zuerst war es 2025, dann 2030, jetzt ist es 2040. Wir hören von vielen gesperrten Betten, von Gefährdungsanzeigen, von Warnungen aus den Spitälern, die mittlerweile als Normalzustand hingenommen werden. Aber gerade ältere Patientinnen und Patienten brauchen Verlässlichkeit und nicht Beschwichtigungen, wie sie von der Stadtregierung hier immer wieder vorgegaukelt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Zum Schluss darf ich das noch an zwei Beispielen festmachen. Eine 75-jährige Frau muss zweimal pro Woche zum Arzt fahren, einkaufen muss sie auch noch, die zahlt jetzt statt 1,50 EUR 3,20 EUR fürs Ticket. Das ist am Ende des Monats ein Plus von 40 EUR. Das ist bei einer nicht so großen Pension schon relativ viel Geld. Das heißt, diese Dame wird sich oft überlegen, fahre ich jetzt einkaufen oder bleibe ich lieber zu Hause? - Die Vereinsamung wird damit gefördert. Ein 82-jähriger Patient, der mich angerufen hat, wartet sechs Wochen auf einen Termin in der Schmerzambulanz. Das heißt, für den bedeutet das sechs Wochen nicht schlafen, sechs Wochen sich nicht bewegen, weil er so Schmerzen hat. Dafür gibt es keine App, dafür gibt es auch keinen Google-Browser, der ihm da hilft. Da braucht es Personalkapazität und eine bessere Organisation in unserer Stadt. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wir brauchen also leistbare Mobilität, pünktliche Behandlungen und einen Respekt vor älteren Menschen. Wir fordern daher eine Rücknahme der Verdoppelung der Senioren-Einzelfahrten und eine geringe Belastung der Jahreskarte, gleiche Preise für analoge und digitale Tickets, ein 65-Jahre-Plus-Gelegenheitsticket für Gesundheits- und Versorgungsfahrten, eine bessere Patientenorientierung, zum Beispiel über 1450 oder über Telemedizin, eine Personaloffensive in den Spitälern mit Mentoring von erfahrenen, älteren oder auch pensionierten Fachärztinnen und Fachärzten, und auch Behördentermine, die man telefonisch und nicht nur digital buchen kann. Wir sind gegen diese digitale Diskriminierung, die Sie gerade vorzeigen, denn die Qualität einer Stadt zeigt sich dort, wo wir Menschen, die schwach sind, auch fördern und begleiten. Heute fallen durch diese Maßnahmen viele durch den Raster. Das darf uns nicht egal sein, da müssen wir gegensteuern, für leistbare Wege, für rasche Termine, für eine Achtung und Würde im Alter, für eine Stadt, die hält, was sie verspricht. - Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

 

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