Gemeinderat, 5. Sitzung vom 24.09.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 37 von 118
ve Belastungen und Gefährdungen erleben. Und da versagt die Stadt Wien leider besonders auffällig.
Was in der aktuellen Kinder- und Jugendstrategie völlig fehlt, sind dringend benötigte Verbesserungen bei der Kinder- und Jugendhilfe. Die katastrophalen Zustände in den Krisenzentren sind offenkundig. Wir haben sie oft von der Kinder- und Jugendanwaltschaft gehört, und sie werden auch immer wieder öffentlich. Überbelastung ist der Alltag, Kinder schlafen mitunter auf Matratzen am Boden und werden in völlig überfordernde Gruppensituationen gebracht.
Hoch traumatisierte Kinder landen Tür an Tür mit Jugendlichen, die aus den WGs der MA 11 zurückgestellt worden sind. Warum kommen diese zurückgestellten Kinder in die Krisenzentren? - Weil die Kinder in den MA 11-WG-Gruppen zum Beispiel die Gruppen gesprengt haben, weil sie nicht ausreichend individuell betreut werden konnten. Solche Kinder und Jugendlichen bräuchten eine Eins-zu-eins-Betreuung mit spezifisch ausgebildeten SozialarbeiterInnen und auch therapeutische Unterstützung. Stattdessen kommen sie in eine neue Gruppe mit größtenteils traumatisierten Kindern, die einander nicht kennen.
Die Stadt Wien reagiert in so einem Fall immer erst, wenn die Skandale auf den Titelseiten der Zeitungen zu finden sind, wie etwa kürzlich bei der Häufung der Straftaten der unter Vierzehnjährigen. Prompt wird eine neue Orientierungshilfe entwickelt und umgesetzt. Das ist eine sinnvolle Maßnahme, die wir auch unterstützen. Wir wollten solche Maßnahmen schon lange, aber aktuell ist sie nur auf ein einziges Jahr budgetiert, und es können höchstens 14 bis vielleicht 20 Kinder betreut werden. Der Bedarf, das wissen alle ExpertInnen, ist weitaus größer. So wird auch hier nur Symptombekämpfung statt nachhaltiger Veränderung betrieben. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Oder der Umgang mit Careleavern, also mit Jugendlichen, die mit 18 Jahren aus den WGs der MA 11 entlassen werden. Das ist auch ein weiteres Tabu. In der alten Kinder- und Jugendstrategie steht bei Punkt 147 - ich habe mir das genau herausgesucht, wir lesen alle Punkte, nicht nur den ersten, liebe Kolleginnen und Kollegen: "[…] für einen besseren Übergang in die Selbstständigkeit, die Betreuung von Jugendlichen, die nicht in Familien aufwachsen konnten, auch nach Vollendung des 18. Lebensjahrs." Das ist eine Verkürzung. Das heißt, Sie wollen diesen Übergang verbessern, aber das Interessante ist, dass daneben "erledigt" steht. Als wäre es schon erledigt, wie die Careleaver in Wien behandelt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, tatsächlich landen viele dieser jungen Menschen nach ihrer Zeit in städtischer Betreuung buchstäblich auf der Straße. Fragen Sie einmal im Neunerhaus oder in ähnlichen Einrichtungen nach, wo die jungen Erwachsenen herkommen, bevor sie dort aufschlagen, nicht zuletzt, weil die Warteliste für Erstwohnungen so lange ist, dass die 18-Jährigen aus der MA 11-WG zirka ein Jahr auf eine neue Wohnmöglichkeit warten müssen. Was, bitte schön, sollen sie in dieser Zeit machen? - Sie können entweder Couchsurfen oder in die Notschlafstelle, sollten sie dort einen Platz finden. Wien produziert also mit der Jugendhilfe aktiv Obdachlosigkeit. Das ist kein Zukunftsmodell für die kinderfreundlichste Stadt Europas, wie Sie sich gerne nennen. Das ist eine politische Bankrotterklärung. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Wir fordern endlich innovative Konzepte für diesen Übergang und auch eine garantierte Wohnungsperspektive anstatt diese meist hochbelasteten jungen Erwachsenen einfach alleine zu lassen. Hier braucht es konkrete Maßnahmen und Finanzierung statt reiner Willensbekundung auf Papier, die wir dann auch noch mit "erledigt" markieren.
Eine gute Kinder- und Jugendstrategie muss für alle jungen Menschen in dieser Stadt den Rahmen für ein sicheres und chancengerechtes Aufwachsen schaffen. Dazu gehört eine gesunde urbane Umwelt, eine volle Krankenversicherung und Gesundheitsversorgung für alle jungen Menschen in Wien, uneingeschränkter Zugang zu angemessener Bildung bis 18 und echte Mitbestimmung in allen Bereichen, die das Leben von Kindern und Jugendlichen tangieren. Wir GRÜNE fordern: Schluss mit den Ausreden, Schluss mit kurzsichtigen Einzelmaßnahmen.
Es braucht eine Kinder- und Jugendstrategie mit glasklaren Maßnahmenplänen zur Sanierung und Entlastung der Jugendhilfe zum Beispiel, aber auch für viele andere Dinge. In diesem Bereich bräuchte es eine Neuaufsetzung der Krisenzentren, engmaschige Gewaltprävention und langfristige Perspektiven für Careleaver. Kurz, es braucht eine Stadt, die wirklich Verantwortung übernimmt für alle Kinder und Jugendlichen, die hier leben. Nur so sorgt Wien für eine sichere und gerechte Zukunft für Kinder und Jugendliche. - Herzlichen Dank. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Armin Blind: Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Saurer. Ich erteile es ihm.
GR Mag. Bernd Saurer (FPÖ): Danke, Herr Vorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen! Und noch einmal ein Grüß Gott an den Bildschirmen!
Zuerst möchte ich noch kurz auf die Rede zum Waffenverbot beziehungsweise zum Waffengesetz eingehen. Der Attentäter beziehungsweise der Mörder von Graz war amtsbekannt. Wo war er amtsbekannt? - Beim Bundesheer, durch die Stellungskommission. Die Stellungskommission hat ein Waffenverbot erlassen. Was wäre jetzt gescheit, mit diesem amtlichen Bescheid zu machen? - Man gibt ihn an andere Behörden weiter. Wer hat diese Änderung im Wehrgesetz verhindert? - Sie, liebe SPÖ. Der Mörder von Graz wäre nie zu einer legalen Waffe gekommen, hätten Sie der Wehrgesetz-Änderung zugestimmt. (Beifall bei der FPÖ. - GRin Marina Hanke, BA: Das ist extrem billig!)
So und jetzt zum eigentlichen Tagesordnungspunkt, die Kinder- und Jugendstrategie. Was haben wir da zu lesen bekommen? - Ein 65-seitiges Werk, mehr oder weniger eine Zusammenfassung von Wünschen, Vorstellungen und Perspektiven, die Kinder und Jugendliche für ihre Zukunft sehen. Die Antworten, die die Stadt Wien darauf gibt, sind mehr oder weniger wie aus Alice im
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