Gemeinderat, 5. Sitzung vom 24.09.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 50 von 118
Vorsitzende GRin Marina Hanke, BA: Vielen Dank. - Als erster ist Herr GR Stark zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. - Bitte.
GR Kilian Stark (GRÜNE): Frau Vorsitzende, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte ZuseherInnen! Die heute vorliegende Preisanpassung bei der Parkraumbewirtschaftung ist keine Reform, sie ist auch kein Reförmchen. Sie ist aus unserer Sicht nichts anderes als die Verwaltung des Stillstandes. Denn wir müssen uns anschauen, woher diese Regelung kommt.
Wir sprechen von einem Konzept, das aus einer Zeit stammt, noch bevor Österreich Teil der EU war: 1993. Manche werden sich nicht erinnern, manche können sich gar nicht erinnern, weil sie noch nicht auf der Welt waren. Damals hat es noch in jedem Wohnzimmer einen Kassettenrecorder gegeben, Helmut Zilk war Bürgermeister, und ich traue mich zu sagen, dass weniger als zwei Personen in diesem Raum jemals überhaupt ein E-Mail bekommen haben. Das Wort hat damals noch kaum jemand gekannt. Aus dieser Zeit stammt dieses Konzept.
Es wurde für den 1. Bezirk entwickelt, nicht einmal drei Quadratkilometer groß, mit damals weniger als 12 000 Einwohnern. Dann ist man hergegangen und hat dieses Konzept, das für einen kleinen Bezirk in einer Zeit eingeführt wurde, als man noch viel mit Papier und Stift gearbeitet hat, auf die ganze Stadt ausgeweitet, auch auf die Donaustadt mit jetzt über 220 000 Einwohnern. Das sind mehr als 34-mal so viele wie in der Inneren Stadt.
Nicht nur die Technik hat sich geändert, auch die Autos haben sich geändert. Wenn man sich das anschaut: Damals war das häufigste Auto in Österreich ein VW Golf 3, ungefähr vier Meter lang. Heute sind mehr als die Hälfte der in Wien zugelassenen Autos sogenannte SUVs. Die sind rund einen Meter länger und um ein Fünftel breiter, das ist für jedes Auto so viel (ein Blatt Papier im Querformat in die Höhe haltend). Bei zwei Fahrspuren ist das ein Meter auf der Straße, der uns fehlt.
Das ist nicht nur ein Detail, sondern das ist Platz, der uns fehlt. Die brauchen immer breitere Parkplätze, die brauchen immer breitere Straßen und lassen weniger Platz für anderes - Platz zum Radfahren und zum Zufußgehen, für Bäume, für Verkehrssicherheit, für verkehrssichere Querungen und für Entsiegelung. Sie verdrängen alles, was unsere Stadt lebenswert und sicher macht, bis hin zum Bankerl und zu spielenden Kindern.
Wir sind der Meinung, dass die Stadt Wien, dass wir als Gemeinderat da nicht tatenlos zusehen dürfen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Diese Entwicklung widerspricht allen Zielen, die die Stadt Wien hat. Sie offenbart auch eine Ungerechtigkeit, eine große Schieflage im System. Für einen Dodge Ram - fast sechs Meter lang, drei Tonnen schwer mit einem Verbrauch von bis zu zwanzig Litern auf 100 Kilometer - zahlt man gleich viel fürs Kurzparken, fürs Parkpickerl und so weiter wie für einen Smart, der halb so groß ist. (GR Wolfgang Irschik: 30 Prozent Mehrwertsteuer! Dafür zahlt man mehr Mehrwertsteuer!) Man kann in dieser Stadt um das gleiche Geld mit Blick auf den Stephansdom parken - da hat man drei U-Bahnen in Fußnähe - wie am Stadtrand, wo vielleicht einmal in der Stunde ein Bus fährt. Das ist aus unserer Sicht ungerecht, unsachgemäß und einfach schlichtweg veraltet. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Während wir sehen, dass in Wien die Autos immer größer und schwerer und breiter und höher und so weiter werden, setzt die Bundesregierung dem sogar noch etwas obendrauf. Kürzlich wurden diese fetten SUVs, diese Pick-ups, dieser Dodge Ram von der Bundesregierung billiger gemacht. Schwarz-Rot-Pink hat diesen Dodge Ram gerade um 26 000 EUR billiger gemacht! Das ist ungefähr so viel, wie heute der billigste Golf kostet. (Zwischenruf von GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc.) Um 26 000 EUR wird dieser Dodge Ram - sechs Meter lang, drei Tonnen schwer, bis zu zwanzig Liter Verbrauch, mit dem man um 42 Cent mit Blick auf den Stephansdom parken darf - gerade von dieser Bundesregierung billiger gemacht. Wenn wir nichts tun, dann werden wir in dieser Stadt einfach ein Problem haben. (Beifall bei den GRÜNEN. - Zwischenruf von GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc.)
Was ist noch ein Problem an diesem Konzept, das heute fortgeschrieben wird? - Ich habe es schon gesagt, die Innere Stadt ist nur drei Kilometer lang, die Donaustadt ungefähr so groß wie Linz. Dieses System fördert den Verkehr innerhalb des Bezirks. Es fährt jetzt kaum wer mit dem Auto durch den 1. Bezirk, das macht man nicht. Allerdings sehen wir schon: Bei den großen Bezirken haben wir jetzt, was früher die Pendler und Pendlerinnen aus Niederösterreich gemacht haben. Die sind mit dem Auto zur U-Bahn gefahren. Das haben wir lange zu Recht kritisiert, Sie zum Teil auch (in Richtung der SPÖ). Das passiert jetzt innerhalb dieser Bezirke.
Zwei Beispiele, ganz prominent: Wiental, Hietzing, an der U4. Ganz lange haben sich dort die Leute beschwert - nein, wir brauchen unbedingt das Parkpickerl, bei uns stehen alle Leute, die wohnen da nicht, die fahren mit dem Auto zur U-Bahn. Früher waren es die NiederösterreicherInnen, heute sind es Leute von innerhalb des Bezirkes. Oder schauen wir uns die Donaustadt an, die ist über 17 Kilometer lang. Mit dem Bezirksparkpickerl darf ich auf diesen ganzen 17 Kilometern überall vor jedem Schlafzimmer, vor jedem Wohnzimmer, vor jedem Kinderzimmer parken. Das ist so wie wenn jemand, der in Baden am Hauptbahnhof wohnt, in Liesing vor Ihrer Haustür parken darf - um 42 Cent pro Tag. Ohne kleinere, differenzierte Zonen erzeugt dieses Parkpickerl einen Binnenverkehr, der uns einfach nicht wurscht sein darf, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Noch etwas hat sich geändert seit 1993. Ich habe damals noch kein Bankkonto gehabt, aber ich habe mir das angeschaut. Damals war es ganz normal, dass man mit Erlagschein, Scheck bezahlt hat. Da war es ganz logisch, dass man den Parkschein auch so gemacht hat. Da hat es einen Block gegeben, den hat man ausgefüllt, den gab man hinter die Windschutzscheibe. (GR Mag. Thomas Reindl: Den gibt es heute immer noch.) - Den gibt es heute noch immer, ja. Aber wenn ich
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