Gemeinderat, 5. Sitzung vom 24.09.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 98 von 118
GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vorsitzender, Sie führen erstmals den Vorsitz, wenn ich hier rede, ich darf Ihnen bei dieser Gelegenheit, zu Ihrem neuen Amt gratulieren. Sehr geehrte Frau Stadträtin, ich darf mich bei Ihnen für die Beantwortung der Dringlichen Anfrage bedanken. - Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wir haben, es wurde schon angesprochen dieser Tage und wir sind heute am Ende des dritten Plenartages, schon mehrfach über die Causa prima in der Wiener Stadtpolitik gesprochen, über das Diktat der leeren Kassen. Ja, Frau Stadträtin, ich gebe Ihnen recht, das ist kein Thema, das nur Wien betrifft. Ich war zu Beginn des Sommers beim Städtetag in Eisenstadt. Es war dort natürlich ein allgegenwärtiges Thema, weil es für die Kommunen natürlich auch nicht ganz einfach ist. Es ist für die verschiedenen Bundesländer schwierig, es ist für den Bund, für ganz Mitteleuropa eine Herausforderung. Es ist natürlich klar, dass wir in Zeiten multipler Krisen das letztendlich auch im Portemonnaie spüren. Unbestritten.
Wir hatten 2020 die Pandemie, die uns alle in Beschlag genommen hat und wo sehr vieles an Förderungen im besten Wissen und Gewissen getan wurde. Ich kann nur darauf hinweisen, dass beispielsweise die großen Volumina der Kurzarbeit in sozialpartnerschaftlicher Manier erstellt und erdacht wurden, und was wahrscheinlich sehr, sehr wichtig für den Arbeitsmarkt war. Wir hatten dann im Februar 2022 den Angriffskrieg Russlands in der Ukraine mit den daraus resultierenden wirtschaftlichen Verwerfungen, daraus resultierend in weiterer Folge eine Energiekrise, daraus resultierend eine Inflation in ganz Europa, und so weiter und so fort.
Mit anderen Worten, die Herausforderungen sind für uns alle groß. Ich habe es heute auch schon gesagt, ich will niemandem einen Vorwurf machen, der dieses Amt erst wenige Wochen ausübt, aber ich bin seit 2011 in diesem Haus. Ich habe immer wieder darauf hingewiesen, dass wir uns Spielraum schaffen müssen. Als ich 2011, drei Jahre nach dem Niedergang der Lehman Brothers 2008 in dieses Haus kam, hatten wir eine Finanzstadträtin, die uns erklärt hat, sie investiert aus der Krise hinaus, daher die Schulden.
Das habe ich 2011 noch irgendwo nachvollziehen können. Es gab die Diskussion mehr Hayek oder mehr Keynes, die damalige Stadträtin war definitiv eine Anhängerin Keynes, soll so sein. Dass man 2017 noch immer aus der Krise rausinvestiert hat, das war dann halt schon schwerer erklärbar. Und das ist das Problem, das wir heute in Wien ganz besonders haben. Wir haben keine Spielräume. Das ist das Problem, mit dem wir uns heute auseinandersetzen müssen, weil wir die Leistungen, die wir in der Stadt Wien gewohnt sind und die wir durchaus über Parteigrenzen hinaus schätzen, nicht aufs Spiel setzen wollen. Aber wie tun wir das?
Ich muss ausdrücklich sagen, dass ich es gut finde - und es wurde ja jetzt auch wieder bestätigt -, dass man den Ansatz ein Drittel einnahmenseitig und zwei Drittel ausgabenseitig gewählt hat. Ich finde das gut. Ich stelle nur die Frage, von welchen Volumina wir sprechen. Wir sprechen einmal für das Jahr 2025 von diesen 500 Millionen EUR, die wir noch finden wollen, um diese Horrorvorstellung der 3,8 Milliarden EUR Neuverschuldung zumindest auf ein nicht zufriedenstellendes, trotzdem Rekorddefizit von 3,3 Milliarden EUR zu reduzieren. Gut.
Jetzt weiß ich auch, wir werden diese 3,3 Milliarden EUR für 2026 nicht finden. Es wird in den nächsten zwei, drei Jahren wohl kein Nulldefizit geben können. Aber wir müssen uns schon orientieren, dass wir das in absehbarer Zeit wieder brauchen. Ich denke, es muss beispielsweise ein Ziel dieser Stadtregierung sein, dass wir es in dieser Legislaturperiode noch dorthin schaffen. Denn eines muss man sagen: Neben dieser Stadträtin, die ich zuerst angesprochen habe, die leider das Schuldenmachen per se für kein Problem erachtet hat, gab es dazu auch einen Bürgermeister, der mir einmal bei einer Budgetdiskussion gesagt hat: "Herr Juraczka, das Geld gibt's geschenkt." Ich werde diese Aussage nie vergessen.
Das Geld gibt es geschenkt, weil damals natürlich bei der Finanzierung der Stadt Wien die Zinsen nicht sehr hoch waren. Das gebe ich schon zu. Wir müssen nur trotzdem feststellen, dass wir mittlerweile auch einen Zinsendienst in dreistelliger Millionenhöhe haben und das Geld ist mittlerweile nicht mehr geschenkt, aber wir müssen neues aufnehmen. (Beifall bei der ÖVP.)
Wenn wir von diesen Volumina reden, dann ist es ganz interessant, worüber wir bis dato diskutiert haben. Wir haben sehr intensiv in den letzten Tagen und Wochen hier im Sitzungssaal, über Fernschreiber und OTS-Aussendungen drei Dinge diskutiert: Die Tarife bei den Wiener Linien bringen 100 Millionen EUR. Die Parkgebühren - da kann man natürlich sagen, die sind eigentlich erst mit 1.1.2025 erhöht worden, jetzt schon wieder -, da wäre ich bei meinen Ausführungen von gestern, was Gebühren betrifft, aber lassen wir das einmal beiseite, bringen 60 Millionen EUR. Und dann haben wir die Ortstaxe, 80 Millionen EUR, vielleicht sogar weniger.
Dann sind wir bei 240 Millionen EUR, und wir haben da 3,3/3,8 Milliarden EUR an Volumen. Das heißt, wir stehen erst ganz am Beginn des Nachdenkens, wie man diese Situation bereinigt. Ich muss gestehen, mir fehlt noch immer die Fantasie - und da konnten jetzt auch die Ausführungen der Frau Stadträtin nicht wirklich sehr viel Aufklärung bringen. Aufklärung der Bezirksbudgets, dort waren wir heute auch schon, 17 Millionen EUR. Wir brauchen 3,3 Milliarden EUR.
Meine Damen und Herren, ich glaube, und damit will ich es auch schon bewenden lassen, wir brauchen wirklich Mut. Es wird an Ihnen liegen, Frau Stadträtin, ob Sie eingehen als jemand, der weiter verwaltet oder ob Sie wirklich den Mut haben, neue Wege zu gehen. Ich kann mich erinnern - das ist, wenn Sie so wollen, die Gnade der frühen Geburt -, 2015, nach der damaligen Wahl, gab es WiStA. Die, die schon länger hier sind, werden sich daran erinnern können. WiStA war die Abkürzung für Wiener Struktur- und Ausgabenreform.
Man hat damals in einer großangelegten Aktion alle Dienststellen der Stadt Wien befragt, wo man einsparen
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