Gemeinderat, 5. Sitzung vom 24.09.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 101 von 118
immer noch die Wirtschaftskompetenz zuschreibt. Denn wer Umverteilung so dermaßen verteufelt, und wer so verteufelt, dass vielleicht die, die wahnsinnig viel Vermögen haben, ihren fairen Beitrag dazu leisten, dass man dieses Budgetloch wieder saniert, der (Heiterkeit bei der Rednerin.) kennt sich irgendwie nicht aus. Wenn es keine Umverteilung geben würde in diesem Staat oder in dieser Stadt, dann würde unsere Gesellschaft einfach nicht funktionieren - und somit auch nicht die Wirtschaft. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Wer immer noch glaubt, dass der Neoliberalismus eine gute Idee ist, der verkennt die Realität. Zahlreiche Studien haben mittlerweile bewiesen, Trickle-down existiert nicht. Man kann sich das auch noch so lange einreden, es funktioniert einfach nicht. Reiche Menschen geben einfach nicht ausreichend viel her, wenn sie nicht müssen.
Damit zum Kern der Anfrage. Die öffentliche Hand ist kein Sparverein, ein öffentliches Budget ist immer eine große Umverteilungsmaschine. Es geht immer darum, wer was beitragen muss und wer mehr bekommt.
Daher ist auch das Argument, ich hätte die Neiddebatte angefacht, so sinnbefreit für mich, denn in der Budgetdiskussion geht es immer darum, wer etwas hergeben muss beziehungsweise wer bekommt mehr vom aktuellen Zustand aus. Wenn man also jemandem eine Neiddebatte vorwerfen kann, dann ist das tatsächlich die ÖVP beziehungsweise auch die FPÖ, denn da geht es immer nur darum, den Ärmsten immer noch den letzten Cent aus der Tasche zu ziehen. Bei der SPÖ schauen wir noch. Ich hoffe, die Debatte gestern und die eindringlichen Apelle meiner KollegInnen haben da etwas bewirkt, sind ausreichend an das soziale Gewissen der SPÖ adressiert gewesen.
Schauen wir uns die Realität an. Ausgabenseitig sparen heißt in Wien nämlich vor allem im Bildungsbereich, im Gesundheitsbereich und im Sozialbereich zu kürzen. Alleine diese drei Kategorien machen nämlich mehr als die Hälfte des Wiener Budgets aus. Von diesen Leistungen profitieren einerseits die Bevölkerungsschichten mit geringerem Einkommen, aber vor allem profitieren wir alle, die gesamte Gesellschaft davon, dass es in Wien ein menschenwürdiges Mindestmaß an Bildung, an sozialer Absicherung und Gesundheit gibt. Und ja, there is such a thing as society, wenn wir gestern schon bei Margaret Thatcher waren.
Gerade die Reichen profitieren nämlich am meisten von dieser Gesellschaft. Sie besitzen nämlich Unternehmen, die gut ausgebildete Arbeitskräfte brauchen, die Infrastruktur brauchen und auch verwenden, und sie profitieren vor allem auch von einer Umwelt, die intakt ist, in der man überhaupt noch wirtschaften kann. Kurz gesagt, die Reichen profitieren am meisten von dieser Gesellschaft und von der Umverteilung und zahlen dafür relativ wenig.
Also wenn ihr, liebe ÖVP, liebe FPÖ und Co schon kein Mitgefühl mit den Menschen habt, die keinen Lottosechser per Geburt gemacht haben, dann schaut doch zumindest auf euch selbst, indem ihr liebe Menschen, die im Überfluss leben, einen höheren Beitrag zahlen lasst, damit ihr weiter von den öffentlichen Ausgaben profitieren könnt. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Ich habe natürlich die Aufregung zu meiner Linken schon deutlich wahrgenommen. Die ÖVP wird schon nervös. (Zwischenruf bei der ÖVP: Wir sind nur fassungslos!) Da kommt dann wieder: Die Abgabenquote ist so hoch, wir sind da im internationalen Vergleich so schlecht. Darauf gibt es (Heiterkeit bei der Rednerin.) eine klare Antwort: Man kann Löhne und Gehälter entlasten und dafür eben Vermögen belasten, man kann das einfach umschichten.
In Österreich kommen nämlich über drei Viertel der Steuereinnahmen aus Arbeit und Konsum, nur 4 Prozent aus Vermögen und 6 Prozent aus Unternehmen. Der Mittelstand trägt die Hauptlast. Wie man das den Menschen einreden konnte, dass das eine Superidee ist, verstehe ich ehrlich gesagt auch nicht. Ich habe es auch am Montag schon gesagt, als Basis für die Demokratie ist die Verteilungsgerechtigkeit im ureigenen Interesse auch der wohlhabenderen Menschen. Denn es können nicht alle Millionäre und Milliardäre Diktatoren sein in einem System, dafür sind es mittlerweile schlicht zu viele. Wir haben mittlerweile über 160 000 Millionäre und mehr als 50 Milliardäre in Österreich, und jedes Jahr steigt die Ungleichheit. Darum noch einmal: Wir brauchen faire Beiträge von Vermögen, von sehr hohen Einkommen und von klimaschädlichem Verhalten. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Bevor mir und den GRÜNEN wieder unrealistische Erwartungen und mangelnde Kompetenz in diesem Bereich zugeschrieben werden, ja, wir können und sollen natürlich auch über die Ausgaben reden und diese kritisch prüfen. Wir müssen natürlich Förderungen überprüfen, wir müssen Großprojekte gut managen und auch über die Effizienz kann man reden. Wir dürfen aber eben nicht in dieses neoliberale Sparnarrativ kippen, dass uns am Ende auch die Basis unseres erfolgreichen Wirtschaftens entzogen wird.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir müssen das Budget konsolidieren, aber nicht indem wir die Schwächsten schwächen und uns die Zukunft verbauen, sondern indem wir gerecht verteilen, indem wir die Starken in die Verantwortung nehmen. Es geht nicht um Neid, es geht um Gerechtigkeit. Es geht nicht um Ideologie, sondern um ökonomische Vernunft. Und am Ende geht es, wie auch schon am Montag gesagt, nicht nur um das Budget, sondern um das Fundament unserer Demokratie. - Vielen Dank. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Marina Hanke, BA: Vielen Dank. - Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau StRin Nittmann, und ich erteile es ihr. - Bitte.
StRin Mag. Ulrike Nittmann: Sehr geehrte Frau Vorsitzende, sehr geehrte Frau Stadträtin, werte Kollegen!
Also bezüglich meiner grünen Vorrednerin bin ich eigentlich ein bisschen sprachlos. Ich kann nur sagen, zu ihren Umverteilungsphantasien, zum Reichen-Bashing und zum Enteignungswahn gibt es einmal von uns ganz sicher eine klare Absage. (Beifall bei der FPÖ.)
Nach der Beantwortung der Frau Stadträtin hat sich mir aber etwas aufgedrängt, wo ich mir gedacht habe,
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular