Gemeinderat, 62. Sitzung vom 21.01.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 64 von 106
die geführt wird. Ich erlebe auch, und wir haben ja durchaus schon Erfahrung mit unterschiedlichen Koalitionspartnern gemacht, dass jeder Koalitionspartner dann auch wieder seine oder ihre Schwerpunkte setzt, welche Medien vielleicht unterstützt werden oder weniger unterstützt werden. Das war auch noch bei jedem erlebbar.
Wichtig ist deshalb, zumindest aus meiner Sicht, weniger, ob etwas gefördert ist oder nicht gefördert ist, ob es privat ist oder staatlich ist, sondern die Frage ist ja: Welche Standards werden angewandt? Welche journalistischen Standards kommen zur Anwendung? Ich kann mich noch erinnern, in einem meiner früheren Berufsleben habe ich mit einer Agentur zusammengearbeitet, einer britischen Agentur, die durfte kein Gerücht veröffentlichen, bevor sie es nicht von drei unabhängigen Quellen bestätigt bekommen hat. Das ist natürlich schon ein sehr, sehr hoher Standard, der jetzt - das meine ich jetzt durchaus weltweit, global - wahrscheinlich hier und da durch die Geschwindigkeit, die wir haben, auch gerade bei Newsmeldungen und bei Informationen, vielleicht nicht mehr immer so gegeben ist, um das sehr höflich zu formulieren. Ich glaube aber, dass das sehr wichtig ist und dass es so wichtig ist, dass wir über journalistische Standards sprechen, weil ich überzeugt davon bin, dass es so etwas wie objektive Wahrheit für eine Einzelperson nicht gibt, weil ich als Konstruktivist der Meinung bin, jeder hat seine Interpretation der Wahrheit, also jeder sieht auf gut Deutsch die Welt einfach anders. So, das heißt, es wird so etwas wie eine Objektivität von einer Einzelperson nicht geben, sondern was es gibt, sind im Journalismus gewisse Standards, also Kreuzen von Informationsquellen zum Beispiel, in der Justiz zum Beispiel der Instanzenzug. Also es gibt Mechanismen, die eine größtmögliche Objektivität herstellen können.
Deshalb bin ich aber schon auch der Meinung, dass man über all diese Dinge auch diskutieren darf. Also wenn man davon ausgeht, es gibt nicht die eine Objektivität, darf man in einer Demokratie auch über all diese Dinge diskutieren. Jetzt gestehe ich schon ein, es gibt vielleicht auch Parteien, die da gewisse Agenden und Hintergedanken haben, aber prinzipiell bin ich schon der Meinung, dass man auch darüber diskutieren kann.
Eines wollte ich schon auch noch teilen hier in dieser Runde, weil Kollege Stürzenbecher auch kurz über die Unabhängigkeit von Journalismus gesprochen hat und darüber, wie wichtig das ist, und so weiter. Also ich will nicht sagen, wie viele Gespräche ich bei der Untersuchungskommission zur Wien Energie mit Journalistinnen und Journalisten geführt habe, die mir direkt gesagt haben, es tut ihnen sehr leid, aber sie können eigentlich über die Wien Energie nichts mehr schreiben und sie können darüber nichts mehr bringen, denn es gibt so großen Druck in der Anzeigenabteilung, weil die Stadtwerke, die Wien Energie, et cetera drohen, dass sie keine … (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Na geh! Na geh! - Zwischenruf von GR Jörg Neumayer, MA. - Zwischenrufe bei der SPÖ.) - Ja, das müsst ihr euch jetzt anhören! Das müsst ihr euch jetzt anhören, und ihr wisst ja genau, dass es so ist. Wir haben es einmal sogar verschriftlicht, diesen Interventionsversuch aus dem Büro des Herrn Finanzstadtrates.
Also es ist ja okay, wenn man sich hier herausstellt und ein Plädoyer hält für die Pressefreiheit - das eint uns -, aber dann muss man auch bei sich selbst anfangen und auch schauen, welche Dinge hier in dieser Stadt passieren. Das wollte ich nur auch noch einmal allen mitgeben. Ansonsten fand ich die Debatte durchaus sehr spannend und finde es auch interessant, dass wir das einmal diskutiert haben. - Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Die Frau Berichterstatterin hat das Schlusswort.
Berichterstatterin GRin Martina Ludwig-Faymann: Ich freue mich, dass diese beiden Poststücke dann doch eine, so erscheint es mir, relativ interessante auch politische parlamentarische Diskussion hervorgerufen haben. Es ist sehr klar herausgekommen, und das fand ich an diesen einzelnen Wortmeldungen irgendwie auch so toll - ja, und Herr Kollege Kowarik hat es am Anfang gesagt -, es gibt hier unterschiedliche Zugänge zu unterschiedlichen politischen Themen. Deshalb gibt es auch unterschiedliche Parteien, deshalb wird gewählt, und deshalb trifft man sich in unterschiedlichen Zusammensetzungen dann hier, und deshalb gibt es dann auch sozusagen Mehrheiten oder eben nicht Mehrheiten.
Ich werbe noch einmal dafür, weil ich glaube, alle waren sich in einem einig, es ist wichtig, dass es Pressefreiheit gibt, und es ist wichtig, dass es gut qualifizierte Journalistinnen und Journalisten gibt. Jetzt bestünde eine Gelegenheit, hier die Ausbildung von Journalistinnen und Journalisten zu ermöglichen, und deshalb werbe ich noch einmal um Zustimmung zu den beiden Poststücken. - Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Vielen Dank. - Wir kommen nun zur Abstimmung, die wir getrennt durchführen.
Zunächst kommen wir zur Abstimmung über Postnummer 3. Wer der Postnummer 3 zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Die Zustimmung erfolgt bei SPÖ, NEOS und GRÜNEN. Das ist damit mehrstimmig angenommen.
Zur Postnummer 3 liegt mir ein Antrag vor, und zwar von der FPÖ, Ablehnung des Digital Services Act. Es wird die sofortige Abstimmung beantragt. Wer dem beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. - Die Zustimmung erfolgt durch die FPÖ. Das ist nicht die Mehrheit, daher ist der Antrag abgelehnt.
Es kommt nun Postnummer 4 der Tagesordnung zur Abstimmung. Ich darf bemerken, dass GR Neumayer sich diesbezüglich für befangen erklärt hat (GR Mag. Dietbert Kowarik: Warum sitzt er dann da?) und gerade den Saal verlässt.
Wer der Postnummer 4 zustimmt, den darf ich um ein Zeichen mit der Hand bitten. - Die Zustimmung erfolgt durch SPÖ, NEOS und GRÜNE. Das ist daher mehrstimmig angenommen. Antrag liegt mir dazu keiner vor.
Wir kommen zur Behandlung von Postnummer 1 der Tagesordnung. Sie betrifft die Gemeinsame Kreditaktion mit der Wirtschaftskammer Wien im Jahr 2025.
Ich bitte den Berichterstatter, Herrn Prof. Kaske, die Verhandlung einzuleiten.
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