Gemeinderat, 62. Sitzung vom 21.01.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 65 von 106
Berichterstatter GR Prof. Rudolf Kaske: Geschätzter Herr Vorsitzender! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich ersuche um Zustimmung zum vorliegenden Poststück.
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Ich eröffne die Debatte. Zum Wort gemeldet ist GRin Rychly. Bitte schön.
GRin Yvonne Rychly (SPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Menschen am Livestream!
Wir kommen zu dem Poststück, das eigentlich Erfolgsgeschichte schreibt, denn das gibt es schon seit 1954. Dieses Poststück ist ein gutes Poststück, weil mit dieser Gründung 1954 Bund, Stadt und Wirtschaft eine Grundlage geschaffen haben, die den Wirtschaftsstandort Wien maßgeblich geprägt hat. Generationen von Unternehmerinnen und Unternehmern haben von dieser Initiative profitiert, sie haben ihre Visionen verwirklicht, Arbeitsplätze geschaffen und Innovation vorangetrieben.
Diese Erfolgsgeschichte wollen wir heute mit diesem Beschluss fortsetzen, denn es ist klar, seit 1954 haben wir viele Herausforderungen, die wir wirtschaftlich meistern müssen, und die Rahmenbedingungen haben sich extrem geändert. Wir haben Themen wie Digitalisierung, Klimaschutz und den globalen Wettbewerb, und auf die Unternehmerinnen und Unternehmer kommen ganz andere Herausforderungen zu, oder auch Chancen.
Warum ich mich eigentlich zum Wort gemeldet habe, ist aus einem anderen Grund. Das ist der Antrag von der FPÖ zu diesem Poststück. Ich finde das nämlich sehr spannend, denn Sie schreiben: „Der Wiener Gemeinderat fordert die künftige Bundesregierung auf, dem Nationalrat ein Maßnahmenpaket im Sinne der Ankurbelung der heimischen Wirtschaft und Industrie vorzulegen, das insbesondere in der Bauwirtschaft Maßnahmen umfasst.“ Also ihr schreibt da an die zukünftige Bundesregierung. Ich glaube, das seid ihr selber. (GR Maximilian Krauss, MA: Es gibt ja noch keine!) Ihr schreibt da im Gemeinderat einen Antrag an euch selber (GR Maximilian Krauss, MA: Es gibt ja noch keine!), in dem ihr uns mehr oder minder schon im Vorhinein sagt, Bereitstellung von öffentlichen Budgetmitteln für Infrastrukturinvestitionen, Straßen- und Wohnbau sowie Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel. Zweitens wollt ihr Lockerung der seitens der Finanzmarktaufsicht erlassenen restriktiven Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung. Das Dritte, sofortige und endgültige Streichung der CO2-Abgabe. Viertens, Schaffung einer Investitionsprämie neu mit einer unbürokratischen und einfachen Abwicklung über die Finanzämter. Fünftens, Senkung der Lohnnebenkosten.
Da bin ich bei meinem Hauptthema, Senkung der Lohnnebenkosten. Was heißt das? Sie sagen immer, Sie sind die Partei des kleinen Mannes. Kürzungen der Lohnnebenkosten treffen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und damit die Kleinsten, die im Wirtschaftssystem in Österreich das Ergebnis erwirtschaften. Von einer weiteren Kürzung der Lohnnebenkosten - die auf Grund ihrer besonderen Bedeutung eigentlich nicht Lohnnebenkosten, sondern Lohnnebenleistungen heißen sollten, denn sie sind Leistungen und Sozialstaatsbeiträge - würden fast nur die Großen profitieren. Fast die Hälfte, nämlich 47,6 Prozent, der geforderten Senkung der Lohnnebenkosten würde an gerade einmal ein Prozent der Unternehmen fließen. Sehr wenige würden sehr viel Geld bekommen. Die Unternehmer würden höchst unterschiedlich davon profitieren. Mehr als ein Viertel gingen an die Top 500, rund ein Drittel an die Top 1 000, und das sind nur Mindestwerte. Einige Unternehmen haben ihr Personal nämlich auf mehrere Dienstgeberkonten aufgeteilt, also hätten sie davon auch keinen Rebbach. Das heißt, würde das jeweils zusammengefasst, dann wäre der Anteil für das oberste Prozent sogar noch höher. Wer sind die großen Profiteure? Klar ist auch, das sind die Banken, das sind die Versicherungen, die jetzt in der Teuerung schon die Profiteure und die Gewinner aus der ganzen Teuerungskrise waren. (GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Die Wiener Städtische zum Beispiel!)
Wenn Lohnnebenkosten, also unter anderem der Lohnbeitrag, den die Arbeitgeber für die Sozialversicherung abführen – so genannte Arbeitgeberbeiträge -, gesenkt werden, besteht ein großer Spielraum für höhere Nettolöhne. So einfach ist es aber nicht. Die Lohnnebenkosten sind nämlich nicht im Bruttolohn enthalten, wie der Populist meistens sagt - mehr Netto vom Brutto -, sondern werden auf den Bruttolohn aufgeschlagen. Es gibt also guten Grund, bei dieser Forderung skeptisch zu sein, denn in einem ersten Schritt steigen bei einer Senkung dieser Arbeitgeberbeiträge nur die Profite der Unternehmen automatisch. Vor allem bei den Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung führt eine Senkung außerdem zu Leistungskürzungen für die Versicherten, beispielsweise für unsere gemeinsame Gesundheitsversorgung, aber auch die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Die Kommunalsteuer, die Beiträge zum Familienausgleichsfonds oder die Wohnbauförderungsbeiträge fallen darunter, Familienbeihilfe fällt darunter, Kinderbetreuungsgeld fällt darunter, Schulbücher, Freifahrt, all das wollen Sie kürzen, wollen Sie streichen für die Ärmsten in unserem Staat.
Zudem wurden einige dieser Beiträge in den letzten Jahren ohnehin schon gekürzt, gegen Gegenfinanzierung, Dienstgeberbeiträge zur Unfallversicherung, zum Insolvenzentgeltfonds und zur Arbeitslosenversicherung. Was diese drei Punkte für Arbeitnehmer bedeuten, wenn du deinen Job verlierst, bekommst du weniger oder gar kein Arbeitslosengeld. Wenn du krank wirst, stehen dir weniger Leistungen zu, oder du musst dafür selbst bezahlen. Bei der Pensionsversicherung heißt das, wenn du in Pension gehst, bekommst du weniger Pension, dein Armutsrisiko steigt besonders, und das speziell für Frauen.
Und zum Schluss, wir haben ja schon eine Kürzung, denn ab diesem Jahr, seit Januar 2025, haben wir schon die Beitragsgrundlage für jeden Arbeitgeber um 3,7 Prozent gesenkt. Also wie immer heißt das, unser Budget wird wieder für die Reichen besonders in die Höhe gegeben, und die Armen verhungern. - Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. - GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Wo?)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Als Nächster zum Wort gemeldet ist GR Ing. Guggenbichler. Seine Redezeit beträgt jetzt einmal drei Minuten. - Mit dem Rest deiner Rede kannst du dann bitte nach der Dringlichen Anfrage fortsetzen. - Bitte schön.
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