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Gemeinderat, 62. Sitzung vom 21.01.2025, Wörtliches Protokoll  -  Seite 74 von 106

 

Dann gab es eine Inflation. Dann gab es eine Rezession, in der wir uns jetzt befinden. All das bringt uns die Situation, in der wir sind. (GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Soll ich dir den Antrag von damals zeigen?) - Kollege Wölbitsch, Sie müssen nicht dauernd dazwischenrufen. Sie reden dann eh gleich.

 

Ich rede die Situation ja nicht schön. Im Gegensatz zu Ihnen gehe ich auch nicht hier heraus und sage, der ist schuld und der ist schuld. (GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Doch!) Ja, es ist so, dass auf Bundesebene eine Verschuldung von 17 Prozent ist und wir in Wien nur 14 Prozent haben. Das ist aber beides schlimm.

 

Reden wir einmal darüber, wie wir gemeinsam da herauskommen und nicht nur darüber, wer schuld ist, was ihr gemacht habt und dass alles falsch ist! Nein, es ist nicht alles falsch. Ich sage Ihnen auch, warum nicht alles falsch ist. Denn wie sind diese Kosten denn entstanden? Wisst ihr das alles schon? Wie ist denn diese Prognose entstanden? Indem man zusammenrechnet, was wir alle gemeinsam beschlossen haben. Mehrkosten allein beim Personal im WIGEV 2024 85 Millionen EUR, 2025 328 Millionen EUR, alles Fremdmittel und hier im Haus einstimmig beschlossen. Das heißt, diese Zahl kennt ihr, wenn ihr die Anträge lest, denen ihr zustimmt.

 

FSW, einstimmig beschlossen, 150 Millionen EUR mehr Inflationsanpassung wegen Gehaltsabschluss der Partnerorganisationen. Diese Zahl kennt ihr auch. Einstimmig beschlossen. Ihr könnt schon zusammenrechnen. Bedienstete der Stadt Wien, Gehaltsabschluss 2024: eine dauerhafte Erhöhung, davon Fremdmittel für 2025 65 Millionen EUR, fehlende Ertragsanteile aus Beschlüssen auf Bundesebene 420 Millionen EUR. Langsam sind wir schon bei der Milliarde. Da kommt noch die Mindestsicherung dazu.

 

Bitte, jetzt reden wir eh schon transparent darüber. Das Schönste im Ausschuss war überhaupt die Aussage, wenn wir die Mindestsicherung sofort streichen, hätten wir 1,1 Milliarden EUR eingespart. Diese Aussage der Kollegin Nittmann, einfach die Mindestsicherung komplett zu streichen, fand ich total geil. Ihnen ist jeder scheißegal. Hauptsache, ihr habt die Mindestsicherung gestrichen. Das ist kafkaesk, meine Damen und Herren. So führt ihr euch auf. Die Menschen da draußen sind euch völlig egal. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

 

Damit ich den Faden nicht verliere, wir haben schon gesagt - jetzt war ich einmal in Österreich -, dass wir wie gesagt keinen Bundesländervergleich machen können, weil bis jetzt kein einziges Bundesland außer Wien Zahlen veröffentlicht hat. Es gibt auch keinen einzigen Rechnungsabschluss. Ihr tut jetzt so, als ob wir intransparent wären, weil wir den jährlichen Rechnungsabschluss nicht einhalten. Wir halten den ganz normal ein. Ihr kriegt die Zahlen rechtzeitig. Ihr habt jetzt auch schon die Zahlen genannt bekommen. (StR Dominik Nepp, MA: Welche? Welche Zahlen haben wir bekommen? Keine!) Was ist intransparent? Geht einmal in die Bundesländer, wo ihr regiert! Wo sind die Zahlen? Wo sind sie? Bitte redet mit euren KollegInnen! Dann diskutieren wir über alle Bundesländer, die Teuerung und die Budgets in allen Bundesländern. Dann ist es eine sachliche Diskussion und keine pseudoaufgezogene Kleine-Finger-ganze-Hand-Diskussion, die wir jetzt hier führen. (Beifall bei den NEOS sowie von GR Dr. Kurt Stürzenbecher.)

 

Ein europäischer Vergleich: Berlin hat 65 Milliarden EUR Schulden. Okay, es ist wesentlich größer als Wien. Hamburg - durchaus zu vergleichen - hat 23 Milliarden EUR Schulden, Madrid - auch durchaus zu vergleichen - 33 Milliarden EUR Schulden und Rom - dort waren wir auf Ausschussreise - 20 Milliarden EUR Schulden. (GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Seit 20 Jahren!) Jetzt zeigen Sie mir eine Großstadt in Europa, die in diesen Zeiten sagt: Wow, also bei uns rennt es, also wir haben keine Neuverschuldung. Wir sind im Budget konsolidiert, es läuft super. Nein, tut es nicht. Die Kommunen und Städte weltweit stehen vor extremen Herausforderungen, vor allem in Europa. Das ist nun einmal ein Fakt.

 

Wien ist eine Großstadt. Der Bürgermeister hat es gesagt: Wir haben erstmals wieder über zwei Millionen Einwohner. Das sind extreme Herausforderungen, denen wir uns hier stellen müssen. Arbeiten wir doch daran, diese zu lösen! Das wird die Aufgabe der nächsten Stadtregierung sein, wer auch immer dann dort sitzen wird.

 

Wir haben gesagt, wir wollen schnell für klare Verhältnisse sorgen und hier weiterarbeiten. Wir werden auch weiterarbeiten. Wir werden das Problem auch lösen. Das verspreche ich hier und jetzt den Wählerinnen und Wählern, wenn wir hier jetzt schon Wahlkampf machen. (Beifall bei den NEOS und von GR Dr. Kurt Stürzenbecher.)

 

Zu guter Letzt - obwohl es eh schon kafkaesk genug ist, aber ich habe jemandem versprochen, dass ich das sagen werde -, wie Sie wahrscheinlich nicht wissen, haben wir lang jemanden bei uns im Büro sitzen gehabt, der aus Birmingham ist. Als er das Thema dieser Dringlichen gelesen hat, hat er gesagt: Ich meine, wo sind die angerannt?

 

Erstens einmal eine kurze geografische tatsächliche Berichtigung. Birmingham ist nicht im Norden Englands, sondern ziemlich genau in der Mitte, in den Midlands. (Zwischenruf von StR Dominik Nepp, MA.) - Ja, England ist im Norden Europas. Das stimmt. Sie bekommen ein Mitarbeitsplus. (Heiterkeit bei den NEOS.) Sie schreiben aber „in Nordengland“. Es ist halt in den Midlands mitten in England. Das erkennt man daran, dass oben und unten zirka gleich viel Platz ist. (Heiterkeit bei den NEOS. - StR Dominik Nepp, MA, erheitert: Danke, Herr Professor!)

 

Das Zweite, wo ich Sie ein bisschen aufklären muss Großbritannien ist ein zentralistisch organisierter Staat. Das heißt Föderalismus und Bundesländer gibt es dort nicht. Eine englische Gemeinde mit einer österreichischen zu vergleichen, ist halt ein bisschen schwierig. Das ist so, wie wenn man einen Bundesstaat mit einer Stadt vergleicht. Das geht sich halt nicht aus. Wien ist halt nun einmal beides. Deswegen ist das schon einmal schwierig.

 

Drittens - das ist eigentlich das Extremste -, englische Städte dürfen gar kein Defizit machen. Ich weiß nicht, ob Sie das wissen. Die dürfen das gar nicht. Das heißt, wenn dort irgendetwas passiert, dann müssen sie de facto sofort Bankrott erklären, weil sie gar keine Schulden haben dürfen. (StR Dominik Nepp, MA: Wäre für Wien auch nicht schlecht!)

 

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